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Schneeschwestern - Wittekindt, M: Schneeschwestern

Schneeschwestern - Wittekindt, M: Schneeschwestern

Titel: Schneeschwestern - Wittekindt, M: Schneeschwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Wittekindt
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er und hatte ihm Gitarrespielen beigebracht. Heute würde man denken, dass so ein Altersabstand pervers ist. Sie war Kommunistin. Warum bin ich kein Kommunist, sondern Bulle? Es ist wirklich alles anders gekommen, als wir dachten. Ist das Vernunft?
    Er gibt sich einen Ruck. Vertreibt die Gedanken.
    Der Junge, der sein Jackett trägt, steht jetzt vor ihm.
    Dieser Blick! Total ignorant. Das bin ich, das war ich. Komischer Ort hier.
    »Du bist doch ein Bulle! Was willst du vom König?«
    »Ich bin Roland Colbert, Mordkommission.«
    »Na und?«
    »Ich bin hier, weil ich im Mordfall Geneviève Mortier ermittele. Kanntest du Geneviève?«
    »Willst du mich verhaften?«
    Du bist nicht Che Guevara, du kleiner Scheißer!
    »Kanntest du Geneviève?«
    »Ja.«
    »War sie mal hier?«
    »Ja. Aber wir ermorden keine Leute.«
    »Philippe, Max, Thomas. Kennst du die?«
    »Thomas kenne ich, der ist in Ordnung. Max hält sich nicht an die Regeln.«
    »Welche Regeln?«
    »Er nimmt die Autos vom König.«
    »Und Philippe?«
    »Philippe ist ein Arschloch. Hat er Geneviève gekillt?«
    »Das versuchen wir rauszufinden.«
    Ein Mädchen kommt dazu. »Was will der?«
    »Von der Mordkommission, er fragt wegen Philippe.«
    »Es soll noch jemand mit im Auto gesessen haben. Freitagabend. Könnt ihr euch vorstellen, wer das war?«
    Die beiden wissen nichts, dafür ist der Junge misstrauisch. »Schickst du uns jetzt die Bullen?«
    »Warum sollte ich das tun?« Das Misstrauen ist nicht zu übersehen. »Ihr könnt euch nicht vorstellen, dass ich auch mal jung war?« Keine Reaktion. »Ihr könnt euch nicht vorstellen, dass ich auch mal an Autos geschraubt habe? Dass ich auch mal so ein Jackett hatte wie du?«
    Sie können es sich nicht vorstellen. Der König findet, es reicht.
    »So, ihr geht jetzt. Ihr seht ja, es ist nichts los.«
    Was der König anordnet, wird befolgt. Es war ein weiter Weg hier raus, und Roland Colbert fragt sich, was das gebracht hat. Außer Erinnerungen. Aber Erinnerungen sind gut. Vor allem, wenn Zeugen sich erinnern. Und der Königtippt seit ein paar Sekunden leicht nervös mit seinem dicken Zeigefinger auf den Tisch.
    »Wissen Sie, Herr Kommissar … Mir ist doch noch was eingefallen. Als ich hingefahren bin, da hatte ich Thomas falsch verstanden. Er sagte, er wäre irgendwo in der Nähe vom Parkplatz. Ich hab gedacht, er meint den alten Knutschweg. Da, wo wir früher immer geparkt haben. Den alten Waldweg.«
    »Sie meinen den Weg, der von Deutschland zur Lichtung führt.«
    »Nein, nicht die Zufahrt zum Grundstück der Hexe. Nein. Wenn man am heutigen Parkplatz vorbeifährt und die Straße noch gut zwei Kilometer weiterfährt, da geht links ein Forstweg rein. Sieht man kaum. Der führt bis fast zur Lichtung. Das ist der alte Knutschweg. Da haben wir früher immer gehalten. Aber den kennt heute wohl niemand mehr. Den Parkplatz, wo die Kids jetzt halten, den gab es zu meiner Zeit noch gar nicht. Na ja, und ich dachte eben, dass Thomas den Knutschweg meint. War aber falsch. Ich bin kurz ausgestiegen, hab ihn gerufen und … da waren Reifenspuren. Es hat schon geschneit, aber … Die waren noch gut zu erkennen. Die waren also ziemlich frisch.«
    Roland Colbert denkt nicht mehr an seine Jugend. »Können Sie was über die Spuren sagen?«
    »Hab nicht groß hingeguckt. Aber die waren nicht von dem Admiral. Viel schmaler. Mittelklassewagen, würde ich sagen. So bin ich ja drauf gekommen, dass Thomas eine andere Stelle meint. Sonst wären ja die Spuren von dem Admiral da gewesen.«
    Der Rückweg zum Auto dauert eine Stunde. Auf halbem Weg bekommt Roland Colbert einen Anruf. Ohayon und Conrey haben die Siedlung abgeklappert. Negativ. Ohayon erklärt, dass sie noch zur Schule wollen.
    »Aber beeilt euch. Es ist schon nach zwei. Mittagessen erst nach der Schule. Hast du verstanden, Ohayon!«

    Sie sitzt am Tisch und isst alleine zu Mittag. Hering in Sahnesoße. Sie isst oft Hering. Manchmal auch gebraten oder geräuchert und dann zerdrückt auf Brot. Und sie ist wieder geschwommen. Sie weiß, dass das falsch ist. Zu viel geschwommen, sie weiß das, auch wegen ihrer Haut. Und sie hat wieder daran gedacht, dass sie dem Pfarrer beichten muss und dass ihr Schwimmbad im Keller und der Pfarrer, ja …? Was, ja? Na, dass es da eine sonderbare Verbindung gibt, dass sie so oft an ihn denkt und ans Beichten und an Schuld, beim Schwimmen, das ist eigentlich gar nicht zu erklären, es sei denn, man würde denken, Gott ist ein Fisch. Sie weiß

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