Schneespuren gibt es nicht (German Edition)
übertreibt“, meinte der Koch. Er trocknete seine Hände an einem Tuch ab, legte es zur Seite und begrüßte Berti. „Willkommen in meinem Reich. Es kommt nicht häufig vor, dass sich unsere Gäste für die Küche interessieren. Oder sind Sie vom Gewerbeaufsichtsamt?“ „Wäre das schlimm?“ „Im Gegenteil! In meiner Küche können Sie sogar vom Fußboden speisen!“ „Ich bevorzuge doch lieber den Speisesaal!“ „Sind Sie vom Fach?“ „Ob ich Koch bin?“ „Koch oder Restaurantinhaber?“ „Nichts von beiden. Ich bin Detektiv!“ In Rohloffs Gesicht war der berühmte Aha-Effekt zu erkennen. „Detektive stellt man sich anders vor.“ „Wie denn?“ „Weiß nicht. So mit Mantel und Hut.“ „Hollywood-Klischee“, unkte Berti. „Da könnte ich genauso gut im Hawaii-Hemd herumlaufen und mit meiner Sonnenbrille spielen.“ „Als Koch ist es nicht so spannend. Hier sind die Kochfelder, dort drüben stehen die Backöfen!“ Berti ließ sich herumführen. Während Rohloff immer wieder etwas erklärte, war der Blick des Hotelgastes am Gewürzregal hängen geblieben. „Sie haben hier wohl alles?“ „Zumindest versuche ich alles zu haben. Angefangen bei Ajowan, das ist indischer Gewürzkümmel, oder auch Königskümmel genannt, habe ich das volle Programm bis hin zur Zitwerwurzel, das ist weiße Curcuma aus Thailand. Die verwende ich allerdings nur spärlich. Genauso wie meine kleine Hölle.“ „Hölle?“ „Hier im untersten Fach.“ Rohloff zeigte auf eine Reihe kleiner Fläschchen. Sie waren nicht der Größe nach, sondern nach einem anderen Schema geordnet. „Tabasco?“ „Tabasco ist ein Kindergeburtstag gegen seine scharfen Freunde! Sie wissen, wie Schärfe gemessen wird?“ „Nicht so wirklich.“ „Vereinfacht ausgedrückt hat der Pharmakologe Scoville im Jahre 1912 eine Skala aufgestellt, die den Schärfegrad von Capsaicin misst. Die normale Gemüsepaprika hat null Schärfe. Sie hat somit den Scoville-Grad 0, während reinstes Capsaicin ungefähr den Scoville-Grad von 16 Millionen entspricht.“ „Das kann man aber nicht essen, oder?“ Der Sterne-Koch-Anwärter schüttelte den Kopf. „Wo liegt Tabasco?“ „Eine Peperoni liegt bei gut 500 Scoville, Tabasco zwischen 2500 und 5000, Jalapeno gehen bis 8000 Scoville hoch. Habaneros liegen zwischen 100.000 und 350.000 Grad.“ „Wahnsinn.“ „Auf den meisten Saucen findet man eine simple Skala von 1 bis 10, also von mild, über scharf und sehr scharf, bis extrem scharf und unmenschlich. Unmenschlich bedeutet mehr als 200.000 Scoville-Grad und entspricht einer Schärfe von 10 plus. Der von Ihnen erwähnte Tabasco liegt bei scharf mit 3 bis 5, je nach Tabasco-Art.“ „Ich verstehe das System. Was ist Ihre schärfste Sauce?“ „Mad Dog 357. Sie hat 600.000 Scoville-Grad und liegt im Bereich unmenschlich. Sie darf nur stark verdünnt verwendet werden, genauso wie die Vicious Viper.“ Der Koch zeigte auf die beiden äußerst rechts platzierten Fläschchen. „Und dazwischen?“ „Zwischen Tabasco und der Viper?“ Berti verstand. Rohloff nahm eine der Flaschen aus dem Regal. „Das ist der Feuersalamander. Er liegt zwischen 6 und 8, ist somit in der Rubrik sehr scharf anzusiedeln. Möchten Sie ihn ausprobieren? Soll ich heute Abend etwas speziell für Sie zubereiten?“ „Vielen Dank. Ich glaube, Konny und ich bevorzugen den leckeren Schinken, den Sie vorhin geschnitten haben. Dazu brauchen wir keine Chilli-Sauce. “ „Eine gute Wahl. Das war echter Parmaschinken vom Stück. Ich werde Ihnen eine kalte Platte zubereiten, die Sie nie vergessen werden.“ „Sehr gern.“ „Klaus, Notiz zu Tisch 7. Kalte Platte á lá Rohloff!“ „Mach ich, Chef. Ich muss nur noch den Teig ...“ „Ich notiere es schnell“, bot sich Amelie an. Berti beobachtete seine neue Freundin. Sie kritzelte ein paar Worte auf einen Zettel und heftete diesen mit einem Magnet-Pin an eine Flip-Chart ähnliche Tafel. Als sie fertig war, verabschiedete sie sich. „Viel Spaß noch, ich bin hundemüde.“ Rohloff warf einen Blick auf die Uhr. „So spät ist es schon. Entschuldigen Sie, ich muss in den Weinkeller und ein paar Flaschen aussuchen. Der Rote braucht die richtige Temperatur. Ich muss ihn hoch holen.“ „Danke für die Führung.“ „Gern geschehen!“ Nachdem der Koch aus der Küche gehuscht war, wartete Berti auf den richtigen Moment. Der Lehrling war immer noch mit dem Teig beschäftigt. Berti ging zu der Tafel, an der Amelie die Notiz angebracht
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