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Schneesterben

Schneesterben

Titel: Schneesterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Chaplet
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die Hosentaschen gesteckt. Wenigstens hörte das Klopfen auf.
    »Ich habe ihr gesagt, daß die Untersuchungshaft ein Zuckerschlecken ist gegen den Normalvollzug – vor allem, wenn sie das Pech hat, nach Kranz zu kommen. Da sitzen die Nutten und Ladendiebinnen und Fixerinnen zu acht auf der Bude und machen sich einen Spaß draus, eine guterzogene Lady zu schikanieren.«
    »Und ein bißchen zu vergewaltigen«, sagte Karen leutselig.
    Edith Manning hob die Augenbrauen. »Genau. Woher wissen Sie das bloß?«
    »Frauen sind schließlich auch nur Menschen.«
    Die Anwältin schüttelte den Kopf und seufzte tief auf.
    »Und wissen Sie, was sie gesagt hat, als ich sie nach ihrem Motiv fragte?«
    Warum erzählt sie mir das alles, um Himmels willen? Karen schielte zum Telefon. Ein Anruf oder eine andere Ablenkung käme jetzt sehr gelegen – und wenn es wieder nur H2O wäre.
    »Sie sagte: ›Wie kommen Sie darauf, daß es einen halbwegs plausiblen oder gar akzeptablen Grund geben könnte, jemanden über den Haufen zu fahren?‹«
    Karen mußte unwillkürlich lachen. Die Manning lächelte etwas säuerlich zurück. »Ja, sie ist schlau, die Frau Regler. Sie hat Verstand. Fragt sich nur, warum sie sich im Falle des Verblichenen so dilettantisch angestellt hat.«
    Karen zuckte die Schultern. »Liebe. Leidenschaft. Emotion.«
    »Klar. Affekttat. Liegt ja nahe. Aber sie ist nicht der Typ dafür.«
    Karen war irritiert. Etwas ähnlich Unsachliches hatte auch Bremer geltend gemacht.
    »Kurz und klein, verehrte Vertreterin der Anklage: In der Sache Regler stimmt einfach nichts.« Die Anwältin baute sich vor Karens Schreibtisch auf wie eine kampfbereite Großstadtkatze, selbst die raspelkurzen Haare schienen sich zu sträuben.
    »Kritisieren Sie meine Arbeit?«
    »Nein, natürlich nicht, es ist nur…« Karen sah mit Befriedigung, daß die Manning ihre Krallen wieder einzog. In diesem Stadium der Auseinandersetzung war es auch für eine Verteidigerin nützlich, die andere Seite bei guter Laune zu halten.
    »Vielleicht will Ihre Mandantin ja verurteilt werden?«
    »Das ist es ja. Sie benimmt sich wie ein Opferlamm.«
    »Na dann.« Karen lächelte.
    Edith Manning legte beide Handflächen auf Karens Schreibtisch, lehnte sich vor und senkte die Stimme.
    »Frau Staatsanwältin, ich soll eine Frau verteidigen, die sich des Totschlags, ja sogar des Mordes für schuldig bekennt, aber mir keinen nachvollziehbaren Grund zu nennen weiß. Auch Sie sind gehalten, alle in einer solchen Sache womöglich relevanten Fakten zu ermitteln. Sie interessieren sich auffällig wenig für den Fall.«
    Karen lehnte sich zurück. Am liebsten hätte sie die Füße auf den Schreibtisch gelegt. Betont ruhig sagte sie:
    »Weil die Sache glasklar ist. Michael Hansen war Krista Reglers Liebhaber, hat sich aber nicht für sie entscheiden können. Letzte Aussprache, Streit, Kurzschlußreaktion. Und das alles aus gekränkter Liebe. Passiert öfter, als man denkt.« Karen hatte wenig Lust, sich in Krista Regler einzufühlen. Viel mehr beschäftigte sie, daß Gunter die Verabredung für morgen abgesagt hatte.
    »Woher wissen wir, daß er ihr Liebhaber war?« Edith Manning steckte die Hände in die Taschen ihres Jacketts und zog die schmalen Schultern hoch. »Weil das so üblich ist zwischen Mann und Frau?«
    Karen breitete die Hände aus und lächelte wieder.
    »Und warum mietet ein Mann wie Michael Hansen eine Hütte in einer der häßlichsten Feriensiedlungen, die man sich vorstellen kann?« Die Manning schnaubte.
    »Um sich mit einer Hausfrau zu treffen?«
    Karen sah aus dem Fenster. Männer taten alles mögliche Unverständliche. Und was sprach eigentlich gegen Hausfrauen? Aber das Argument war ihr verdächtig spät eingefallen.
    »Was ist mit dem Ehemann – wenn wir schon die These von den ehebrecherischen Aktivitäten der Krista Regler verfolgen? Rivalen aus dem Wege räumen ist überwiegend Männersache!«
    »Der Mann hat womöglich ein Alibi.« Karen biß sich auf die Lippen. Sie mußte dringend noch mal mit Paul sprechen.
    »Wie bitte? Wo sich unsere Sachverständigen noch nicht einmal auf den genauen Todeszeitpunkt einigen können?«
    »Krista Regler will sich mit Hansen am 5. Februar, einem Dienstagabend, getroffen haben. Und zu diesem Zeitpunkt…«
    Die Manning unterbrach sie ungeduldig. »Zu diesem Zeitpunkt suchte Regler nach seiner Frau in ihrem Haus auf dem Land, in einem Kaff mit dem sprechenden Namen Klein-Roda. Dort ließ er sich von einem

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