Schneestille
könnte ich mich glatt gewöhnen. Wenn wir nicht gleich etwas überstürzt aufbrechen müssten.«
Hastig schlang er das Frühstück herunter, schlüpfte in Thermounterwäsche, Skihose und Skijacke, und dann machten sie sich gemeinsam auf die Suche nach dem Auto. Es schneite immer noch, aber nur ganz leicht. Winzige Flöckchen schwebten durch die Luft und fielen kaum auf, wenn sie auf dem dicken, fedrigen Teppich landeten, der Straße und Gehwege bedeckte. Am Himmel waren jede Menge blauer Lücken zwischen den tief hängenden grauen Wolken zu sehen. Sie liefen in der Straßenmitte und stiefelten mühsam durch den hohen Schnee.
Nach etwa zwanzig Minuten stießen sie auf das Polizeiauto, und Zoe schnappte nach Luft, als hätte ihr jemand einen Schwinger in den Magen verpasst.
»Großer Gott!«
Jake blinzelte bloß.
Auf der Fahrerseite hing der Vorderreifen des Polizeiwagens im Nichts über einem Abgrund, hinter dem es mindestens fünfzehn Meter steil nach unten ging. Wäre das Auto über die Klippe gestürzt, wäre es weiter unten auf Granitfelsen geprallt und von da aus einen baumbestandenen Abhang hinuntergerutscht. Vielleicht hätte es einen Baum gerammt und wäre daran hängen geblieben; vielleicht auch nicht. Ein runder Zahn aus bernsteinfarbenem Sandstein ragte auf der Beifahrerseite aus dem Schnee und hatte verhindert, dass das Auto weiterrutschte. Der Felsbrocken, der das Rad gebremst hatte, sah aus wie ein Grabstein, aber ihre Namen waren nicht hineingehauen; er war ihre Rettung gewesen.
Zoe kniete im Schnee und hielt sich mit den Händen die Ohren zu. »Ich glaube es einfach nicht.«
»Du kannst es ruhig glauben.«
»Wir müssen einen Schutzengel gehabt haben, ehrlich.«
»Na ja, eigentlich glaube ich nicht an Engel. Aber du hast recht.«
Zoe rappelte sich wieder auf und klammerte sich an Jakes Arm. Gemeinsam starrten sie den Wagen an und den Abgrund darunter, ohne ein weiteres Wort zu sagen.
Jake versuchte abzuschätzen, ob es wohl möglich wäre, das Polizeiauto rückwärts wieder auf die Straße zu bugsieren. Gut, der Vorderreifen auf der Beifahrerseite konnte zwar nicht weiterrollen, aber der Wagen stand schon bedenklich schief, und es sah aus, als könne er jeden Augenblick seitlich wegrutschen. Die Aussicht, in das Auto zu steigen, den Motor anzulassen und dann rückwärts herumzumanövrieren, war nicht gerade verlockend.
Er sah, wie Zoe zur Fahrerseite marschierte. »Nein«, sagte er.
»Vielleicht geht es.«
»Denk nicht mal im Traum daran.«
Schließlich marschierten sie zurück zum Dorf, wobei sie mögliche Lösungsansätze besprachen. Sie könnten versuchen, einen anderen fahrbaren Untersatz aufzutreiben. Es lag durchaus im Bereich des Möglichen, dass in den vielen offenen Geschäften vielleicht noch der eine oder andere Autoschlüssel hing. Oder sie könnten einfach zu Fuß gehen und der Straße quer durch die Berge folgen.
In der Nähe des Hotels standen einige geparkte Autos. Sie überprüften jedes einzelne davon. Zwar waren sie sich darüber im Klaren, dass die Chancen ziemlich schlecht standen, einen unverschlossenen Wagen mit Schlüssel im Zündschloss aufzutun, aber unmöglich war es schließlich nicht.
Und doch entdeckten sie nach nicht mal zwanzig Minuten ein Auto, aus dessen Zündschloss ihnen der Schlüssel entgegenblitzte. Schwungvoll ließ Jake sich auf den Fahrersitz fallen und drehte den Schlüssel, doch die Batterie tat keinen Mucks. Also versuchten sie, den Wagen durch Anschieben eine kleine Anhöhe hinunter zu starten, aber es war vergebliche Liebesmüh. Weshalb sie das Auto am Fuß des Hügels stehen ließen und weitersuchten.
Dann stieß Jake einen schrillen Freudenschrei aus, als er auf einem Parkplatz achtzehn Schneemobile stehen sah. »Das ist unser Ticket in die Außenwelt!«, rief er siegesgewiss. »Such dir eins aus, ist egal, die sind sowieso alle gleich.«
Doch sein Siegesgeheul erwies sich als verfrüht. Sämtliche achtzehn Schneemobile waren mittels einer dicken Kette und eines massiven Vorhängeschlosses gesichert. Und weder die Schlüssel für die Schneemobile noch der für das Vorhängeschloss waren irgendwo zu finden. Kurz erwogen sie, es mit einem Bolzenschneider zu versuchen, doch selbst diese Idee mussten sie wieder verwerfen, als ihnen aufging, dass sie, selbst wenn sie einen Bolzenschneider finden sollten, noch immer keinen Zündschlüssel hätten.
Drei Stunden später gaben sie sich schließlich geschlagen, zumindest fürs Erste.
»Was
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