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Schneestille

Schneestille

Titel: Schneestille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Graham Joyce
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hatte seine Skier angeschnallt. Zoe stapfte durch das Foyer hinter ihm her. Während sie die Eingangshalle durchquerte, ließ sie einen ihrer Skihandschuhe fallen und bückte sich, um ihn aufzuheben.
    Während sie sich hinunterbeugte, hörte sie plötzlich das unverkennbare Schnauben der Luftdruckbremsen des Luxusreisebusses, und als sie sich mit dem Handschuh in der Hand wieder aufrichtete, hätte sie ihn fast wieder fallen gelassen.
    Der Bus stand vor dem Hotel, und im Foyer wimmelte es wieder vor munter plappernden Menschen. Die schwatzenden Stimmen erfüllten den Raum. Zoe spürte die Wärme der Menschen, die sich im Foyer drängten, und hörte alle lebhaft durcheinanderreden.
    Sie drehte sich um und schaute zur Rezeption hinüber, wo dieselben drei Frauen wieder am selben Fleck standen, in ihren schicken Hoteluniformen, jede mit derselben Tätigkeit beschäftigt wie beim ersten Mal, als Zoe sie gesehen hatte. Die junge Frau mit dem Pferdeschwanz drückte sich den Telefonhörer ans Ohr. Die Dame mit den kastanienbraunen Haaren und der schwarzen Brille zog gerade eine Kreditkarte durch das Lesegerät, und die dritte Rezeptionistin bemühte sich zu verstehen, was der Manager im grauen Anzug ihr in dem ganzen Tumult zu sagen versuchte.
    Die meisten Leute trugen Skikleidung, bis auf die Neuankömmlinge, die ihre Rollkoffer durch das Foyer zogen. Obwohl sie an einer anderen Stelle des Foyers stand, ging derselbe Mann wieder an ihr vorbei und zwinkerte ihr zu. Wieder roch sie einen Hauch seines Aftershaves. Sie musste an sich herunterschauen, um sich zu vergewissern, dass sie nicht wie beim letzten Mal den Bademantel anhatte, aber nein, diesmal war sie vollständig bekleidet und trug ihre Skisachen. Sie drehte sich zur Rezeption um. Dort standen die beiden Engländerinnen und unterhielten sich über den Lawinenabgang.
    Zoe merkte, wie sie anfing, kurz und heftig zu atmen. Sie spähte durch die Glastüren und hielt Ausschau nach Jake. Aber es drängten sich viel zu viele Menschen im Foyer, und die sowie die Neuankömmlinge aus dem Bus versperrten ihr die Sicht auf die Straße.
    Verwirrt wollte sie sich gerade umdrehen und die beiden Engländerinnen ansprechen, doch just in diesem Moment schaute der Concierge an seinem hellen Holzpult auf, und sein Blick fiel auf sie. Fragend zog er die Brauen hoch und riss dann die Augen auf, als sei ihm gerade etwas eingefallen. »Madam!«, rief er ihr zu. »Madam!« Und damit hob er den Arm und wackelte mit den Fingern, um Zoe zu sich hinüberzuwinken.
    Zunächst war Zoe wie hypnotisiert von dem Concierge, der sie zu sich herüberlocken wollte. Doch dann war sie sich mit einem Mal ganz sicher, dass er nicht sie meinte, sondern jemanden hinter ihr, womöglich an der Rezeption. Sie drehte sich halb um die eigene Achse, um einen Blick über die Schulter zu werfen und sich zu vergewissern.
    Aber da war niemand hinter ihr. Überhaupt niemand.
    Die Engländerinnen, die drei Rezeptionistinnen und der Manager sowie die Menschen in der Warteschlange vor der Rezeption waren verschwunden. Der Klang munterer Stimmen war wie vom Erdboden verschluckt. Nicht mal der Hauch eines Aftershaves hing noch in der Luft.
    Zoe drehte sich wieder um, und auch der Concierge war fort, genau wie die anderen Skifahrer und Hotelgäste und der Luxusbus vor der Tür. Und jetzt sah sie auch durch die Glasscheiben der Tür Jake draußen stehen, der auf sie wartete.
    Ein paar Sekunden blieb sie reglos stehen, dann warf sie noch mal einen kurzen Blick auf die leere Rezeption, ehe sie schließlich aus dem Hotel ging. Jake stand mit gespreizten Beinen und verschränkten Armen draußen vor der Tür. Er lächelte. Keine Frage, er hatte rein gar nichts gesehen.
    »Alles klar?«
    »Alles bestens«, entgegnete Zoe.
     
    Von ganz oben auf dem Berg, wo die Sonne wie eine riesige goldene Münze am Himmel hing, schaute sie Jake hinterher. In halsbrecherischem Tempo stürzte er sich den Hang hinunter, malte perfekte Bogen, fast als meißelte er sie in den Schnee, und beinahe schien es, als wolle er sich in seiner Raserei mit dem Berg anlegen. Sein langer Schatten stürmte vor ihm her wie ein Geist, frei und nicht an ihn gebunden. Noch nie hatte sie ihn so großartig Skilaufen gesehen. Er schien die Technik bis zur Perfektion getrieben zu haben. Obwohl sie immer die bessere Skiläuferin gewesen war, gab es keine Zweifel, dass er sie inzwischen weit überflügelt hatte. Sie sah zu, wie er an der Biegung der Piste zwischen den Bäumen

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