Schneesturm und Mandelduft: Kriminalroman (German Edition)
Fällen mitgearbeitet. Außerdem war er Vater geworden. In dem Augenblick, als Pia ihre Tochter zur Welt brachte, hatte er das Gefühl gehabt, Dutzende von Zentimetern zu wachsen.
»Hast du die Einladung gesehen, die wir bekommen haben?« Gösta streckte die Hand nach einem Ballerinakeks aus und trennte wie üblich den weißen Ring feinsäuberlich vom braunen Boden.
»Welche Einladung?«
»Offenbar haben wir die Ehre, in diesem schicken neuen Laden in Fjällbacka die Versuchskaninchen zu spielen.«
»Im Badis ?« Martin wurde sofort munterer.
»Genau, Erlings neues Baby. Bleibt nur zu hoffen, dass das Projekt besser läuft als dieser ›Raus aus Tanum‹-Quatsch.«
»Ich finde, es klingt gut. Viele Männer finden zwar schon den Gedanken an eine Gesichtsbehandlung zum Lachen, aber ich habe mir einmal in Göteborg eine gegönnt, und das war unheimlich schön. Meine Haut war noch wochenlang zart wie ein Kinderpopo.«
Gösta warf einen abschätzigen Blick auf seinen jungen Kollegen. Eine kosmetische Behandlung? Nur über seine Leiche hätte er sich eine klebrige Masse ins Gesicht schmieren lassen. »Na, sehen wir mal, was die zu bieten haben. Hoffentlich gibt es wenigstens was Vernünftiges zu essen. Vielleicht ein leckeres Nachspeisenbuffet.«
»Wohl kaum«, lachte Martin. »In solchen Restaurants geht es nicht darum, sich einen Ranzen anzufuttern, sondern in Form zu bleiben.«
Gösta sah ihn beleidigt an. Er brachte kein Gramm mehr auf die Waage als beim Abitur. Naserümpfend schnappte er sich noch einen Keks.
Zu Hause herrschte Chaos. Maja und Lisen hüpften auf dem Sofa herum, Emma und Adrian prügelten sich um eine DVD, und die Zwillinge brüllten aus vollem Hals. Patriks Mutter schien sich jeden Augenblick von einer Klippe stürzen zu wollen.
»Gott sei Dank seid ihr wieder da«, ächzte sie und überreichte Patrik und Erica je einen Säugling. »Ich habe keine Ahnung, was in die Kinder gefahren ist. Sie haben einfach verrückt gespielt. Und diese zwei hier wollte ich füttern, aber wenn man dem einen die Flasche gibt, fängt der andere an zu schreien, lenkt seinen Bruder ab, und dann fängt der auch noch an …« Sie schnappte nach Luft.
»Setz dich, Mama.« Patrik holte eine Flasche für Anton, den er auf dem Arm hielt. Der Junge hatte ein knallrotes Gesicht und brüllte so laut, wie sein kleiner Körper es erlaubte.
»Bringst du für Noel auch ein Fläschchen mit?« Erica versuchte, ihren schreienden Sohn zu beruhigen.
Anton und Noel waren immer noch winzig. Ganz und gar nicht wie Maja, die schon als Baby groß und robust gewesen war. Trotzdem waren sie im Vergleich zu ihrer Geburtsgröße jetzt riesig. Wie kleine Vogeljunge hatten sie an lauter Schläuchen in ihren Brutkästen gelegen. Sie seien Kämpfernaturen, hieß es im Krankenhaus. Rasch erholten sie sich, fingen an zu wachsen und hatten meistens einen gesunden Appetit. Dennoch blieb die Sorge um die beiden.
»Danke.« Erica griff nach der Flasche, die Patrik ihr reichte, und machte es sich mit Noel im Arm auf dem einen Sessel bequem. Sofort begann er, gierig die Milch zu saugen. Patrik nahm auf dem anderen Sessel Platz, und Anton verstummte genauso schnell wie sein Bruder. Es hatte definitiv seine guten Seiten, dass es mit dem Stillen nicht geklappt hatte, dachte Erica. Sie konnten sich die Verantwortung für die Säuglinge in einem Ausmaß teilen, das bei Maja, die damals rund um die Uhr an ihrer Brust zu hängen schien, unvorstellbar gewesen wäre.
»Wie war es?«, fragte Kristina. Sie hob Maja und Lisen vom Sofa herunter und schickte sie zum Spielen hinauf in Majas Zimmer. Emma und Adrian mussten nicht mehr überredet werden, sie waren bereits im Obergeschoss verschwunden.
»Wie soll ich es ausdrücken«, sagte Erica. »Ich mache mir Sorgen um Anna.«
»Ich auch.« Vorsichtig rutschte Patrik in eine bequemere Stellung. »Ich habe das Gefühl, dass sie sich vor Dan verschließt. Sie hält ihn auf Distanz.«
»Das stimmt. Ich habe versucht, mit ihr darüber zu reden, aber nach allem, was sie durchgemacht hat …« Erica schüttelte den Kopf. Es war so unfassbar ungerecht. Annas Leben war jahrelang die Hölle gewesen, aber in letzter Zeit schien sie endlich ihren Seelenfrieden gefunden zu haben. Sie war so glücklich über das Kind gewesen, das sie und Dan erwarteten. Es war so unglaublich grausam.
»Emma und Adrian scheinen allerdings ganz gut damit zurechtzukommen.« Kristina warf einen Blick nach oben, wo fröhliches Kinderlachen
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