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Schneetreiben

Schneetreiben

Titel: Schneetreiben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Holtkötter
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benommen von den
Geschehnissen. Es hatte ihr einen ziemlichen Schrecken eingejagt, Jens blass
und reglos auf dem Fußboden liegen zu sehen.
    Hambrock stellte die Pfannen neben das Geschirr und schloss die
Küchentür. Sie sah auf und schenkte ihm ein zaghaftes Lächeln. Nach dem Streit
vorhin war es so etwas wie ein Friedensangebot.
    »Ich werde mir gleich Klara schnappen, und dann gehen wir nach
Hause.« Sie krempelte die Ärmel hoch und griff nach dem Spülschwamm. »Ich
wollte bis nach dem Essen warten, um nicht unhöflich zu erscheinen.«
    »Klara wird bestimmt nichts dagegen haben.«
    Ingeborg hatte nicht gehört, was Jens’ Mutter ihrer Tochter an den
Kopf geworfen hatte. Sie war da gerade nebenan gewesen, um Jens einen heißen
Tee mit Zucker zu machen. Die Idee, Klara von hier fortzubringen, hielt
Hambrock für sehr vernünftig.
    »Das arme Kind«, sagte Ingeborg und schrubbte energisch einen Teller
ab. »Heute Nachmittag hat sie sich noch mit Jens gestritten. Und jetzt so
etwas. Gleich morgen früh gehe ich mit ihr zum Krankenhaus. Ganz egal, wie wir
dahin kommen, zur Not laufen wir den ganzen Weg zu Fuß.«
    Hambrock nahm ein Geschirrtuch. Eine Weile arbeiteten sie schweigend
nebeneinander und hingen ihren Gedanken nach, dann hielt Ingeborg plötzlich
inne.
    »Eine gute Hausfrau hätte wohl zuerst die Gläser gespült«, sagte sie
und lachte über sich selbst.
    Spätestens jetzt wusste er, dass sie ihm vergeben hatte.
    »Ach was«, sagte er. »Dieser Haushalt hat schon so lange keine
Hausfrau mehr gesehen – weder eine gute noch eine schlechte –, dass das keine
Rolle spielt.«
    »Da hast du wohl recht.« Sie schob die Gläser ins Spülwasser und
wechselte das Thema. »Sag mal, Bernhard, stimmt es denn, dass Christoph Ortmann
Sandra ermordet hat?«
    »Wie kommst du darauf?«
    »Denkst du, wir haben nicht mitbekommen, dass du ihn nach draußen zu
einem Streifenwagen gebracht hast? Vielleicht hast du ja die jungen Leute
hinters Licht geführt, aber die Älteren sitzen hier direkt am Fenster. Erst
hast du ihn vernommen, und dann hast du ihm die Handschellen angelegt.«
    Er hätte Ingeborg gern gesagt, dass seiner Meinung nach alles ein
Irrtum war und jemand anders den Mord begangen hatte. Doch irgendetwas ließ ihn
zögern. Sollten die Leute ruhig denken, Sandras Mörder wäre gefasst. Dann
würden alle für eine Nacht ruhig schlafen können.
    »Ja, wie es aussieht, hat Christoph den Mord begangen«, sagte er.
»Morgen werden wir mehr wissen.«
    »Ich kann mir das kaum vorstellen. Aber andererseits konnte ich mir
auch nie vorstellen, dass Martin Probst Frauen vergewaltigt. Du kannst den
Menschen eben nur bis vor den Kopf gucken.«
    Sie stellte das letzte Glas auf die Abtropffläche und trocknete sich
an seinem Geschirrtuch die Hände ab.
    »Ich werde jetzt nach Klara sehen«, sagte sie.
    »Ich komme später nach, ich will noch ein bisschen bleiben.«
    »Dann werden wir wohl schon schlafen. Sehen wir uns morgen früh
noch, bevor du nach Münster fährst?«
    »Das hoffe ich«, sagte er. »Vielleicht können wir zusammen
frühstücken.«
    »Ja, das wäre schön.« Sie deutete auf das nasse Geschirr. »Schaffst
du den Rest alleine, oder soll ich dir helfen?«
    »Nein, nein. Geh nur.«
    Sie ging nicht zurück in die Diele, sondern verschwand durch eine
andere Tür, die zu den Kuhställen und dem dahinterliegenden Hof führte.
Hambrock blieb allein in der Küche zurück. Er wandte sich wieder dem Abwasch
zu, als er eine Bewegung im Augenwinkel bemerkte. Er drehte sich um. Alois
Lütke-Brüning war plötzlich hinter ihm aufgetaucht.
    »Sie müssen den Abwasch nicht machen, Herr Kommissar«, sagte er.
»Das kann wirklich jemand anders übernehmen.«
    »Kein Problem. Ich bin so gut wie fertig.« Mit einem Lachen fügte er
hinzu: »Sie kennen das doch: Wir Männer haben heutzutage sogar in der Küche das
Sagen.«
    Der alte Bauer stimmte hustend in das Lachen ein.
    »Ja, das können Sie wohl laut sagen.«
    Dann drückte er die Tür zur Diele ins Schloss und räusperte sich
umständlich.
    »Ich wollte Sie nicht belauschen, Herr Hambrock«, sagte er mit
leicht gedämpfter Stimme. »Aber ich habe zufällig gehört, was Sie gerade über
Christoph Ortmann gesagt haben. Ähm … sind Sie sicher, dass er den Mord
begangen hat? Ich meine, ganz sicher?«
    Er betrachtete den alten Bauern. Da war etwas Flehendes in seiner
Stimme. In Hambrock wuchs ein leiser Verdacht. Er beschloss, ihm eine kleine
Falle zu stellen.
    »O ja«,

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