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Schneetreiben

Schneetreiben

Titel: Schneetreiben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Holtkötter
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bunten und etwas zu flippig
geratenen Brille. Ihre Blicke trafen sich, und die Frau lächelte. »Männer!«
    »Was meinen Sie?«
    »Na, wie Ihr Freund gerade rausgelaufen ist, als Sie telefoniert
haben. Das ist doch wieder typisch. So gehen die mit Konflikten um.«
    »Ach so? Haben Sie gesehen, wohin er gelaufen ist?«
    Sie hob die Schultern. »Nach draußen halt. Er hat sich die Jacke
angezogen und ist rausgerannt.«
    Heike runzelte die Stirn. Irgendetwas stimmte nicht. Sie ging zum
Ausgang. Draußen tobte das Unwetter. Die Dämmerung brach langsam herein. Von
dem Mann war nichts zu sehen.
    Sie erinnerte sich an seine Reaktion, als er erfuhr, dass sie
Polizistin war. Dann wurde ihr klar, dass er das Telefonat hatte belauschen
können. Plötzlich hatte sie einen Verdacht. Sie zog das Handy hervor und rief
bei Guido an.
    »Heike«, sagte der überrascht, »ist deine Straße geräumt?«
    »Nein. Aber kannst du mir diesen Tilmann Feth einmal beschreiben?«
    »Natürlich. Circa einsfünfundachtzig groß, vierundzwanzig Jahre alt,
sportlich, hellblaue Augen und kurzes dunkelbraunes Haar. Weshalb fragst du?«
    »Ich habe gerade … Guido, bist du noch da?«
    Die Leitung war plötzlich tot. Sie blickte auf ihr Display. »Keine
Verbindung«, leuchtete dort. Das Netz musste überlastet sein.
    »Verflucht!« Sie war nun allein. Die Dämmerung schluckte das letzte
Licht über dem Schöppinger Berg. Es war nicht ungefährlich, dort hinauszugehen.
Schließlich konnte sich dieser Mann noch in unmittelbarer Nähe aufhalten.
    Doch sie wollte Gewissheit haben. Mit einer schnellen Bewegung zog
sie den Reißverschluss ihrer Jacke zu und schlug den Kragen hoch. Dann verließ
sie den Gasthof.
    Der feuchtkalte Wind blies ihr direkt ins Gesicht, die Schneeflocken
stachen wie Stecknadeln in ihre Wangen. Mühsam machte sie sich daran, den Berg
hinaufzusteigen. Die verlassenen Autos um sie herum versanken allmählich im Schnee.
Sie wusste, dass der Mann sich hinter einem der Wagen versteckt halten konnte.
Immer wieder zwang sie sich, ihr Gesicht in den Wind zu strecken und die
Umgebung abzusuchen.
    Sie erreichte ihren Dienstwagen und stützte sich erschöpft am Dach
ab. Sie gönnte sich eine kurze Pause, dann kämpfte sie sich weiter. Von wo war
dieser Mann gekommen? Welches war sein Auto? Mit etwas Glück hatte er den Wagen
nicht abgeschlossen, dann würde sie mehr erfahren. Sie hatte einen Tatortkoffer
auf dem Rücksitz und wäre daher in der Lage, Spuren in seinem Auto zu sichern.
Aber wie sollte sie herausfinden, welches ihm gehörte?
    Plötzlich hatte sie eine Idee. Sie stolperte voran und arbeitete
sich von Wagen zu Wagen. Und tatsächlich – nach einer Weile leuchtete ein rotes
Heck unter dem Schnee hervor. Der Wagen war zerbeult und der vordere Kotflügel
schwarz lackiert. Sie wischte den Schnee von der Heckklappe und konnte nun das
Modell erkennen.
    Es war ein Seat Ibiza.
    Der schwere Geländewagen arbeitete sich im Schritttempo über
die Landstraße nach Birkenkotten. Zwar hatte ein Räumfahrzeug die Straße vor
wenigen Stunden vom Schnee befreit, doch bei der Stärke der Niederschläge
dauerte es nicht lange, bis die Fahrbahn erneut unter einer weißen Schicht
versank. Der Schnee war dabei nass und pappig und der Untergrund gefährlich
glatt. Trotz Allradantriebs und guter Reifenprofile wagte es der Fahrer des
Geländewagens nicht, mehr als vierzig Stundenkilometer zu fahren.
    »Ich würde Sie ja bis zur Tür bringen«, sagte er zu dem Beifahrer,
den er unterwegs aufgelesen hatte. »Aber ich fürchte, wenn ich die Hauptstraße
verlasse, dann stecke ich fest.«
    »Das ist überhaupt kein Problem. Setzen Sie mich einfach dort vorne
ab, den Rest des Weges gehe ich zu Fuß.« Tilmann Feth nahm seine Tasche vom
Rücksitz. »Es war nett von Ihnen, mich überhaupt bis hierhin mitzunehmen.«
    »Das versteht sich doch von selbst. Bei diesem Wetter konnte ich Sie
doch nicht auf der Straße stehen lassen.«
    Tilmann war zufrieden. Der Polizei war er vorerst entkommen. In dem
Gasthof wäre er früher oder später aufgeflogen. Ausgerechnet einer Polizistin
musste er in die Arme laufen. Als dann am Telefon auch noch sein Name gefallen
war, da hatte er sofort gewusst, dass er verschwinden musste.
    Er hätte sich ohrfeigen können, dass er ihr von seinem Freund in
Amsterdam erzählt hatte. Doch bei diesem Wetter würde er ohnehin nicht bis nach
Holland kommen. Er musste auf das Abklingen des Unwetters warten, auch wenn er
sich nicht wohl dabei

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