Schneetreiben: Ein Fall für Heller und Verhoeven (German Edition)
wurden zuvor noch nie solche Beobachtungen gemacht«, argumentierte Winnie.
»Woher willst du das wissen?«
»Oh Mann«, stöhnte Winnie. »Und ich dachte, ihr freut euch mit mir über eine erste heiße Spur!«
»Ich mein’s nur gut«, versetzte Bredeney. »Ich möchte nicht, dass du dich in etwas verrennst und …«
»Ja, ja«, wiegelte Winnie ab. »Trotzdem brauche ich ein paar Informationen.«
»Schieß los.«
Sie atmete tief durch. So rational betrachtet schmolz das, was sie für eine Sensation gehalten hatte, recht schnell wieder auf Normalmaß zusammen. Dennoch war sie überzeugt, dass sie es nicht mit einem Zufall zu tun hatte.
»Die Person, die Frau Fersten gehört hat, bewegte sich auf dem Gang vor ihrem Zimmer«, erklärte sie, was sie sich zuvor ausführlich hatte auseinandersetzen lassen. »Folglich muss es jemand gewesen sein, der auf dieser Etage wohnt.«
»Oder jemand vom Personal, der sich in allen Bereichen des Hauses bewegt«, ergänzte Bredeney.
»So ist es«, nickte Winnie.
»Weißt du, welche deiner Kollegen in der betreffenden Nacht Dienst hatten?«
»Noch nicht, aber das kriege ich raus.« Sie blickte auf ihre Schuhe hinunter, die aussahen, als gehörten sie zu einer anderen Person. »Ich wollte dir nur schon mal die Namen der Bewohner durchgeben, die auf der betreffenden Etage wohnen, damit du sie überprüfen kannst.«
»Überprüfen?«, fragte Bredeney. »Im Hinblick auf was?«
»Keine Ahnung. Ihre Vergangenheit. Eine mögliche Querverbindung zu St. Hildegard.« Sie senkte die Stimme. »Oder zur Pique Dame.«
Bredeney sparte sich jeglichen Kommentar. Stattdessen hörte Winnie das Rascheln von Papier.
»Die naheliegendste Möglichkeit wäre natürlich Ilse Brilon selbst«, erklärte sie. »Sie bewohnte das Zimmer direkt unter dem von Frau Fersten und könnte sich rein theoretisch einfach in der Etage geirrt haben. Allerdings ist das noch nie vorgekommen, obwohl die Zimmer der Bewohner über Nacht nicht abgeschlossen sind.«
»Im Ernst?« Allein die Vorstellung schien Bredeney zu entsetzen.
»Nein«, bestätigte Winnie. »Ist praktischer, wenn jemand nachts versorgt werden muss. Von Brandschutzmaßnahmen mal ganz abgesehen.«
»Aber so im Bett zu liegen mit dem Gefühl, dass jederzeit die Tür aufgehen und jemand hereinkommen könnte …«
Winnie sah ihn vor sich, wie er sich vor Abscheu schüttelte. »Ich glaube ohnehin nicht, dass es Frau Brilon gewesen ist. Frau Fersten und sie haben nur zufällig das Gleiche beobachtet.«
»Und Ilse Brilon wurde aus dem Weg geräumt, weil sie über ihre Beobachtung redete?«
»Ja«, nickte Winnie. »So würde ich das sehen. Übereinstimmend erzählen mir hier alle, dass Frau Brilon pausenlos umherlief. Auch nachts. Und wer weiß, vielleicht hat sie noch viel mehr gesehen als Frau Fersten.«
»Aber wer hätte ihr geglaubt?«, widersprach Bredeney.
»Ich, zum Beispiel«, gab Winnie zurück. »Das hätte ich als Täter auch nicht riskiert.«
»Und diese Schritte, die deine Zeugin gehört hat«, Bredeneys Widerstand schien zu schmelzen, »die waren auch ganz sicher auf ihrem Gang? Nicht vielleicht in der Etage drüber oder drunter?«
»Nein, das Haus ist überaus solide gebaut und alles andere als hellhörig.«
»Na schön«, gab sich Bredeney endlich zufrieden. »Dann verrate mir, wer auf dem betreffenden Gang wohnt.«
»Regina Göbel, Kurt Söhnlein, Karina Eichenberg, Jamila Hartwig und Theodor Wunsiedel«, diktierte Winnie. »Über den weiß ich noch fast nichts, außer dass er als unverträglicher Sonderling gilt und kaum ein Wort spricht, wenn man in seinem Zimmer ist.«
Bredeney notierte sämtliche Namen. »Und was ist mit deiner Zeugin selbst?«
»Ach so, ja. Die natürlich auch«, entgegnete Winnie, überrascht von ihrer eigenen Nachlässigkeit. »Ihr Name ist Fersten. Elisabeth Fersten.«
»Okay, ich checke das.«
»Prima. Danke.«
»Und was das Personal angeht …« Bredeney zögerte. »Vor dem Hintergrund zweier Unbekannter, die kurz nach Ackermanns Ermordung in dieser Residenz auftauchen und alten Damen Angst einjagen, sollte doch wohl ein Gerichtsbeschluss zur Einsichtnahme in die Personalakten drin sein, oder nicht?«
»Könntest du dich vielleicht darum kümmern?«, griff Winnie den Vorschlag des Kollegen dankbar auf.
»Na klar, mach ich als Erstes. Und sobald ich das Okay habe, rufe ich dich an.«
»Fein.«
»Eine Sache noch …«
Sie hob verwundert die Brauen. »Ja?«
»Hast du dir die Akte von Alex’
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