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Schneetreiben: Ein Fall für Heller und Verhoeven (German Edition)

Schneetreiben: Ein Fall für Heller und Verhoeven (German Edition)

Titel: Schneetreiben: Ein Fall für Heller und Verhoeven (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Roth
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Woche hat er die Clubmeisterschaft seines Tennisvereins gewonnen. Wie jedes Jahr. Manche sagen, Mario Belting habe das Zeug zum Profi. Andere, die es weniger gut mit ihm meinen, behaupten, er vermeide es kategorisch, gegen Gegner anzutreten, die auch nur den Hauch einer Chance hätten. Annette, ihre beste Freundin, gehört zur zweiten Kategorie. Aber daran will sie jetzt nicht denken. Nicht heute. Nicht an einem Tag, der so perfekt ist wie dieser. Wie viele Mädchen würden davon träumen, von Mario Belting zum Grillen eingeladen zu werden?!
    Einfach so …
    Als er zurückkommt, hat er zwei Gläser in der Hand. Limonade mit echten Zitronenscheiben. Der Duft weht schon von weitem zu ihr herüber. Als ob er geradewegs aus dem Paradies käme.
    »Ich wusste gar nicht, dass ihr einen Pool habt.«
    »Doch, klar.« Aus seinen Augen trieft Langeweile.
    Vielleicht ist das so, wenn man alles hat, denkt sie, halb bewundernd, halb schaudernd. Und Mario Belting hat wirklich alles. Gute Noten. Reiche Eltern. Beste Chancen bei den Mädchen. Ein Elternhaus, das die Bomben verschont haben, während ganz Deutschland in Trümmern liegt. In ihrer Vorstellung ist das alles gleichbedeutend mit Glück. Aber bei ihm scheint das anders zu sein. Zumindest sieht er nicht glücklich aus. Das wiederum macht ihn nur noch attraktiver, findet sie. Es reizt sie, herauszufinden, was fehlt in seinem Leben. Vielleicht, weil sie hofft, ihm genau das geben zu können.
    Hör auf zu träumen,
schimpft Annette in ihrem Kopf.
Für den bist du doch sowieso nur eine unter Hunderten. Wenn überhaupt …
    Sie ist doch bloß eifersüchtig, versucht ihr Herz augenblicklich, die unbequeme Warnung zu bagatellisieren. Damit sie wütend sein kann auf Annette. Es steht einer besten Freundin nicht zu, eifersüchtig zu sein. Punkt. Aus. Wenn Annette mich wirklich mögen würde, denkt sie, dann würde sie sich einfach nur für mich freuen.
    Das türkisblaue Wasser vor ihnen funkelt im Sonnenlicht wie flüssiges Silber. Sie riecht Chlor. Spürt die Kälte, die aus dem Becken emporsteigt. Eine seltsame, eisige Kälte, die nicht passt zu den fröhlich-lichten Bildern, die ihre Augen ihr anbieten.
    Wo ist der Sommer?
    Wo sind die Blumen, der Grillduft, das heitere Geplänkel?
    »Wie tief ist das?«, fragt sie, weil sie plötzlich das Gefühl hat, etwas sagen zu müssen. Die Stille um sie herum scheint mit jeder Sekunde enger zu werden. Wie eine Zwangsjacke, die einem die Luft abschnürt.
    Sie hört ihr Herz pochen. Dumpf. Gehetzt. Spürt seinen Druck, als es von innen gegen die Rippen hämmert. Was ist plötzlich los mit ihr? Wovor hat sie Angst?
    »Wie tief? Tja, was schätzt du?«
    »Keine Ahnung.«
    Seine Augen funkeln amüsiert und verwandeln ihre Knie von einer Sekunde zur anderen in Pudding. Schnell dreht sie den Kopf weg und blickt hinunter in die schillernde blaue Tiefe zu ihren Füßen. Irgendwo da unten zappelt ein Blatt in einem Abflussgitter. Obwohl es so weit weg ist von ihr, sieht sie es vor sich. Gestochen scharf. Detailreich. Wie durch ein Mikroskop betrachtet. Als ob ihr Verstand sie um jeden Preis ablenken wolle von … Ja, von was?
    »Rate!«
    »Ich weiß nicht. Ich bin nicht gut in solchen Dingen.«
    »Willst du’s mal testen?«
    Seine Nähe raubt ihr buchstäblich den Atem. Dass ein Mensch, noch dazu ein Junge, so gut riechen kann!
    »Nein, bitte!«
    »Was ist?«
    Sie hört sein Lachen. Ihre Füße schweben über der glitzernden Wasseroberfläche. Schutzlos. Verloren. Wäre da nicht sein starker Arm um ihre Taille.
    »Lass mich runter! … Bitte!«
    »Hast du Angst um dein Kleid?«
    Es ist nagelneu und natürlich viel zu teuer. Der Gegenwert zum Inhalt der Spardose, die sie gefüttert hat, seit sie dreizehn ist. Aber es ist nicht das Kleid, das ihr Sorgen bereitet.
    »Hör auf, so zu zappeln. Ich tu’s ja nicht, okay?«
    Und er hält Wort. Unter ihren Füßen taucht das Gitter auf. Der Beckenrand. Fester Boden. Dafür ist auch sein Arm fort. Der einzige Wermutstropfen an der Sache.
    »Also, was schätzt du?« Seine Augen sind unlesbar. Zumindest für sie. Alles, was sie darin zu sehen glaubt, ist eine Art distanzierter Neugier.
    Ist er jetzt sauer? Hat sie ihn enttäuscht?
    »Zwei Meter vielleicht?«
    Nein, er lacht. Gott sei Dank!
    Vor lauter Erleichterung lacht sie auch. »Nicht?«
    Er beugt sich vor und schüttelt den Kopf. »Mein Vater ist Taucher. Er übt hier.«
    Sie nickt, auch wenn sie keine Ahnung hat, was er ihr damit sagen will.
    Er scheint

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