Schneetreiben
nicht erzählt«, fiel es Bendt ein. »Die Pistole, mit der Carla Frombach auf ihren Mann geschossen hat, ist auf diesen Hansen registriert.«
»Das ist ja ’n Ding«, rief Anna verblüfft.
»Woher hat der denn einen Waffenschein?«
»Er ist Jäger«, erläuterte Bendt, »und hat die Pistole legal erworben.«
»Mir war gar nicht bewusst, dass Jäger ganz normale Pistolen haben«, räumte Anna ein.
»Jeder Jäger darf, wenn er eine entsprechende Waffenbesitzkarte hat, eine Pistole oder einen Revolver besitzen. Jäger benutzen die für den sogenannten Fangschuss, also zum Beispiel bei lebend gefangenem Raubwild oder Unfallwild.«
Anna schüttelte sich. »Jäger sind mir generell suspekt. Ich könnte nie auf ein Tier schießen.« Sie überlegte kurz. »Dann hat dieser Hansen der selbstmordgefährdeten Hanna Frombach also eine Pistole überlassen? Das wirft doch gleich ein ganz anderes Licht auf ihn, oder nicht?«
Bendt zuckte mit den Schultern. »So einfach ist das auch wieder nicht. Die Waffe soll aus seiner Wohnung entwendet worden sein. Der Diebstahl wurde sofort gemeldet.«
»Hanna Frombach ist bei ihrem Stallmeister eingebrochen?«
»Wenn, dann eingestiegen«, korrigierte Bendt sie. Jemand soll über das im Erdgeschoss gelegene Balkongitter gestiegen und durch die offene Balkontür in seine Wohnung gelangt sein.«
»War denn der Waffenschrank aufgebrochen?«, erkundigte Anna sich. »So eine Pistole darf doch nicht ungesichert in einer Wohnung herumliegen.«
»Hat sie angeblich auch nicht. Aber du hast recht. Einen Waffenschrank muss man entweder aufschweißen oder wissen, wie die Zahlenkombination lautet oder wo der Schlüssel zu finden ist.«
»Und?«
»Angeblich soll der Täter den Schlüssel gefunden haben, der mit Klebeband unter dem Esstisch befestigt gewesen war. Vielleicht hat Hansen ihr die Waffe aber auch einfach nur gegeben und den Diebstahl fingiert, um keine Probleme zu bekommen, wenn sie die Waffe einsetzt.«
»Puhh«, schnaufte Anna, »das wird ja wirklich immer undurchsichtiger. Lass mich raten: In dieser Wohnung ist nur die Waffe gestohlen worden?«
Bendt lächelte. Natürlich war Anna gleich der richtige Gedanke in den Sinn gekommen. Denn es lag nahe, dass ein gewöhnlicher Dieb es neben der Waffe auch auf Wertgegenstände abgesehen gehabt hätte.
»Es wurde nur noch ein bisschen Bargeld gestohlen«, antwortete Bendt. »Das kann heißen, man wollte den Eindruck erwecken, als sei der Dieb bei der Tatausführung gestört worden …«
»… oder es war bei Hansen nichts zu holen«, ergänzte Anna. »Wenn die Tat fingiert gewesen sein sollte, wollte Hansen mit Sicherheit nicht noch mehr Gegenstände als gestohlenmelden, um sich nicht neben der Vortäuschung einer Straftat auch noch wegen Versicherungsbetruges strafbar zu machen.«
»Wieso?«
»Na, hör mal«, tadelte Anna. »Wenn Hansen einerseits viele Gegenstände als gestohlen gemeldet, dann aber nicht seine Versicherung eingeschaltet hätte, wäre das doch verdächtig gewesen, oder nicht?«
»Vielleicht«, mutmaßte Bendt, »wenn Hanna Frombach sich damals mit der Waffe umgebracht hätte, wäre vielleicht nachermittelt worden.« Er zuckte mit den Schultern. »Fakt ist, dass wir einige Fragen an diesen Hansen haben.«
»Dann ist er also im Moment euer Hauptverdächtiger«, stellte Anna fest, konnte Bendt aber sofort ansehen, dass es offenbar noch weitere Neuigkeiten gab.
»Vielleicht, vielleicht aber auch nicht«, entgegnete er. »Wir haben Zeugen, die möglicherweise bestätigen können, dass dieser Keller doch an dem Tag, an dem Hanna Frombach zu Tode kam, in dem Haus war.«
Anna horchte auf: »Dann ist Keller also doch eventuell der Täter?«
»Keller, Susan Kiefer oder Carlas Ehemann.« Bendt rollte mit den Augen. »Alle sind nach wie vor im Boot.«
»Wem würdest du einen Mord am ehesten zutrauen?«
»Ganz ehrlich«, sagte Bendt und drehte einen Engel zwischen seinen Fingern hin und her, »ich habe keine Ahnung. Aber wo wir schon so ein weihnachtliches Thema angeschnitten haben: Gibt es denn in deiner Sache etwas Neues?«
»Nichts, das dich sonderlich interessieren könnte«, stellte Anna bedauernd fest. »Im Grunde ist es wie bei euch, je längerwir ermitteln, desto mehr Fragen stellen sich uns. Außerdem sind wohl Hinweise aufgetaucht, dass in diesen ganzen Skandal auch noch Mitarbeiter der Krankenkassen involviert sind und dass durch sie billige Kontrastmittel, die Teubert & Co. verwendet haben, in die Praxis
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