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Schneewittchen muss sterben

Schneewittchen muss sterben

Titel: Schneewittchen muss sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
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gemeldet.«
    »Der Fahrer des BMW hat einen tödlichen Herzinfarkt erlitten. Wohl vor Schreck. Reanimierungsversuche waren vergeblich.« POK Koch nickte mit dem Kopf in Richtung Mitte der Kreuzung. Neben dem völlig demolierten BMW lag eine Leiche. Ein Paar Schuhe ragte unter einer nassen Decke hervor. Am Rande der Absperrung kam es zu einem Tumult. Zwei Polizeibeamte hielten eine grauhaarige Frau fest, die verzweifelt versuchte, in das Innere des abgesperrten Bereiches zu gelangen. POK Kochs Funkgerät rauschte, eine Stimme knarzte.
    »Das ist wohl die Frau des BMW-Fahrers«, sagte er mit angespannter Stimme zu Bodenstein und Pia. »Entschuldigen Sie mich.«
    Er sagte etwas in sein Funkgerät und schickte sich an, das Schlachtfeld zu überqueren. Pia beneidete ihn nicht um die Aufgabe, die vor ihm lag. Angehörige über den Tod eines Menschen zu informieren, gehörte mit zu den schwersten Aufgaben in ihrem Job, und weder eine psychologische Schulung noch jahrelange Erfahrung machten es leichter.
    »Kümmere du dich um die Frau«, sagte Bodenstein. »Ich rede mit dem Zeugen.«
    Pia nickte und ging zu dem Rettungswagen hinüber, in dem die Schwerverletzte noch immer behandelt wurde. Die hintere Tür öffnete sich, und der Notarzt stieg aus. Pia kannte ihn von früheren Einsätzen.
    »Ach, Frau Kirchhoff«, begrüßte er sie. »Wir haben sie soweit stabilisiert und bringen sie jetzt nach Bad Soden ins Krankenhaus. Mehrere Knochenbrüche, Gesichtsverletzungen, wohl auch innere Verletzungen. Sie ist nicht ansprechbar.«
    »Konnten Sie etwas über ihre Identität in Erfahrung bringen?«
    »Sie hatte einen Autoschlüssel in der …« Der Notarzt verstummte und trat einen Schritt zurück, denn der Rettungswagen setzte sich in Bewegung, und das Martinshorn machte jedes Gespräch unmöglich. Pia sprach noch kurz mit ihm, dann bedankte sie sich und ging zu ihren Kollegen hinüber. In der Jackentasche der verletzten Frau hatte man nur einen Autoschlüssel gefunden, sonst nichts. Eine Handtasche hatte die etwa fünfzigjährige Frau nicht bei sich gehabt, nur eine Einkaufstüte voller Lebensmittel hatte man bei der Suche auf der Brücke und dem Bahnsteig gefunden. Bodenstein hatte unterdessen mit dem Autofahrer gesprochen, der den Sturz der Frau beobachtet hatte. Er schwor Stein und Bein, dass jemand die Frau gestoßen habe – ein Mann, da war er sich trotz der Dunkelheit und des Regens sicher.
    Bodenstein und Pia gingen die Treppe hoch auf die Brücke.
    »Von hier ist sie heruntergefallen.« Pia blickte an der markierten Stelle von der Brücke. »Was schätzt du, wie hoch das ist?«
    »Hm«, Bodenstein warf einen Blick über das Geländer, das ihm gerade bis zur Hüfte reichte. »Fünf, sechs Meter. Ich kann kaum glauben, dass sie das überlebt hat. Immerhin kam das Auto mit einigem Tempo an.«
    Von hier oben hatte der Anblick der zertrümmerten Fahrzeuge, der blau und orange blinkenden Lichter, der Helfer in den reflektierenden Westen etwas Surreales. Regen wehte schräg durch das Licht der Scheinwerfer. Was mochte der Frau durch den Kopf gegangen sein, als sie das Gleichgewicht verlor und ihr bewusst wurde, dass es keine Rettung mehr gab? Oder war es zu schnell gegangen, um überhaupt noch etwas zu denken?
    »Sie hatte einen Schutzengel«, bemerkte Pia und schauderte. »Hoffentlich lässt er sie nicht noch im Stich.«
    Sie wandte sich um und ging, gefolgt von Bodenstein, hinüber zum Bahnsteig. Wer war die Frau? Wo kam sie her und wo hatte sie hingewollt? Eben noch hatte sie ahnungslos in der S-Bahn gesessen, und Minuten später lag sie mit zerschmetterten Knochen in einem Rettungswagen. So schnell konnte es gehen. Ein falscher Schritt, eine falsche Begegnung mit dem falschen Menschen – und nichts war mehr wie vorher. Was hatte der Mann von ihr gewollt? War er ein Räuber? Es sah beinahe so aus, denn Bodenstein fand es eigentümlich, dass die Frau keine Tasche bei sich gehabt haben sollte.
    »Jede Frau hat eine Tasche«, sagte er zu Pia. »Sie hatte ja noch eingekauft, da brauchte sie doch Geld, ein Portemonnaie.«
    »Denkst du wirklich, der Mann wollte sie um halb sechs auf einem belebten Bahnsteig berauben?« Pia ließ den Blick links und rechts die Gleise entlangschweifen.
    »Vielleicht war die Gelegenheit günstig. Bei dem Wetter will ja jeder schnell nach Hause. Er kann ihr schon in der S-Bahn gefolgt sein, weil er zuvor beobachtet hatte, wie sie am Geldautomaten war.«
    »Hm.« Pia wies auf die Kamera, die den

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