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Schneewittchen muss sterben

Schneewittchen muss sterben

Titel: Schneewittchen muss sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
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Leider wird es immer mehr. Ich würde die Zeit lieber für meine Patienten nutzen.«
    Sie machte eine einladende Handbewegung in Richtung Schreibtisch, und Bodenstein ließ sich auf einem der Besucherstühle nieder. Die Fenster hinter dem Schreibtisch boten einen herrlichen Ausblick über den Kurpark auf die Königsteiner Burgruine.
    »Wie kann ich Ihnen helfen?«, fragte Daniela Lauterbach, nachdem sie einen Schluck aus ihrer Kaffeetasse genommen hatte.
    »In der Wohnung von Frau Cramer haben wir leider keinen einzigen Hinweis auf einen Angehörigen gefunden«, erwiderte Bodenstein. »Aber es muss irgendjemanden geben, den wir von dem Unfall unterrichten können.«
    »Rita hat noch immer ein gutes Verhältnis zu ihrem geschiedenen Mann«, sagte Daniela Lauterbach. »Ich bin sicher, dass er sich um sie kümmern wird.« Wieder schüttelte sie kummervoll den Kopf. »Wer kann nur das getan haben?« Sie betrachtete Bodenstein nachdenklich aus ihren rehbraunen Augen.
    »Das interessiert uns auch. Hatte sie Feinde?«
    »Rita? Um Gottes willen, nein! Sie ist ein so lieber Mensch und musste in ihrem Leben schon sehr viel einstecken. Trotzdem ist sie nie verbittert.«
    »Einstecken? Was meinen Sie damit?« Bodenstein musterte die Ärztin aufmerksam. Daniela Lauterbach war ihm mit ihrer unaufgeregten, ruhigen Art ausgesprochen sympathisch. Sein eigener Hausarzt fertigte seine Patienten wie am Fließband ab. Jedes Mal wenn Bodenstein ihn aufsuchen musste, war er anschließend nervös von der Hektik, mit der die Untersuchung durchgeführt wurde.
    »Ihr Sohn musste ins Gefängnis«, antwortete Dr. Lauterbach und seufzte. »Das war schlimm für Rita. Daran ist wohl letztendlich auch ihre Ehe zerbrochen.«
    Bodenstein, der gerade einen Schluck Kaffee hatte nehmen wollen, erstarrte in der Bewegung.
    »Der Sohn von Frau Cramer sitzt im Gefängnis? Weshalb?«
    »Er
saß
im Gefängnis, vor zwei Tagen wurde er entlassen. Er hat vor zehn Jahren zwei Mädchen ermordet.«
    Bodenstein strengte sein Gedächtnis an, aber ihm mochte kein jugendlicher Doppelmörder mit Namen Cramer einfallen.
    »Rita hat nach ihrer Scheidung wieder ihren Mädchennamen angenommen, damit sie nicht sofort mit dieser schrecklichen Sache in Verbindung gebracht wird«, erklärte Daniela Lauterbach, als habe sie Bodensteins Gedanken gelesen. »Früher hieß sie Sartorius.«
    Pia traute ihren Augen kaum. Ungläubig überflog sie das in nüchternem Beamtendeutsch verfasste Schreiben auf grauem Umweltpapier. Ihr Herz hatte einen erfreuten Satz gemacht, als sie eben den lang ersehnten Brief vom Bauamt der Stadt Frankfurt in ihrem Briefkasten gefunden hatte, aber das, was sie nun lesen musste, hatte sie ganz und gar nicht erwartet. Seit Christoph und sie beschlossen hatten, zusammen auf dem Birkenhof zu leben, planten sie den Umbau des Häuschens, das für zwei Personen schon ein wenig eng war, ganz zu schweigen von der Unterbringung möglicher Besucher. Pia hatte von einem befreundeten Architekten Pläne für den Umbau anfertigen und eine Bauvoranfrage stellen lassen. Ungeduldig hatte sie seitdem auf eine Antwort gewartet, denn am liebsten hätte sie sofort losgelegt. Sie las den Inhalt des Briefes ein zweites und ein drittes Mal, dann legte sie ihn weg, erhob sich vom Küchentisch und ging ins Bad. Nach einer schnellen Dusche schlang sie ein Handtuch um ihren Körper und betrachtete sich missmutig im Spiegel. Es war halb vier gewesen, als sie die Party verlassen hatten, trotzdem war Pia um sieben Uhr aufgestanden, um die Hunde rauszulassen und die anderen Tiere zu füttern. Dann hatte sie eine kurze regenfreie Phase genutzt, um die beiden jungen Pferde zu longieren und die Boxen auszumisten. Für lange Partynächte fehlte ihr eindeutig die Kondition. Mit einundvierzig Jahren steckte man eine durchfeierte Nacht nicht mehr so leicht weg wie mit einundzwanzig. Sie bürstete nachdenklich ihr schulterlanges, blondes Haar und flocht es zu zwei Zöpfen. An Schlaf war nach dieser Hiobsbotschaft ohnehin nicht mehr zu denken. Pia ging durch die Küche, nahm den unerfreulichen Brief vom Tisch und betrat das Schlafzimmer.
    »Hey, Süße«, murmelte Christoph und blinzelte verschlafen ins Licht. »Wie viel Uhr ist es?«
    »Viertel vor zehn.«
    Er richtete sich auf und massierte stöhnend seine Schläfen. Entgegen seiner sonstigen Gewohnheiten hatte er gestern Abend ganz ordentlich dem Alkohol zugesprochen. »Wann geht noch mal Annikas Flugzeug?«
    »Heute Mittag um zwei. Wir haben

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