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Schneewittchen-Party

Schneewittchen-Party

Titel: Schneewittchen-Party Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Whittaker gesehen hat, wie jemand in die Bibliothek hineingegangen ist?«, schlug Mrs Drake vor.
    Poirot zeigte sofort Interesse.
    »Ah, Sie meinen, so könnte das gewesen sein?«
    »Es scheint mir nur möglich. Es kann doch sein, dass sie gesehen hat, wie jemand in die Bibliothek ging, vielleicht fünf Minuten vorher oder so, und als ich dann die Vase fallen ließ, kam ihr der Gedanke, dass ich vielleicht dieselbe Person auch gesehen hatte. Dass ich vielleicht sogar gesehen hatte, wer es war. Vielleicht ist es ihr unangenehm, etwas zu sagen, was eine Person belasten könnte, von der sie nicht einmal genau weiß, ob sie sie wirklich gesehen hat, weil es ein viel zu flüchtiger Augenblick war. Vielleicht war es ein Kind oder ein älterer Junge, den sie nur von hinten gesehen hat.«
    »Sie sind doch der Meinung, Madame, dass es – sagen wir mal: ein Kind war – ein Mädchen oder Junge, oder ein Halbwüchsiger? Sie haben noch keine endgültige Meinung darüber, aber Sie glauben, dass das Kind oder der Jugendliche der wahrscheinlichste Typ für dieses Verbrechen ist.«
    Sie überlegte lange.
    »Ja«, sagte sie schließlich, »das wird wohl stimmen. Ich habe noch nicht darüber nachgedacht. Aber ich habe den Eindruck, dass heutzutage viele Verbrechen von Jugendlichen begangen werden. Von Menschen, die nicht recht wissen, was sie tun, die irgendwelche albernen Rachetaten begehen und einen ungeheuren Zerstörungstrieb haben. Meinen Sie nicht, dass so etwas hier am wahrscheinlichsten infrage kommt?«
    »Die Polizei, glaube ich, ist derselben Ansicht wie Sie -oder war es jedenfalls.«
    »Und die sollte es wissen. Wir haben sehr gute Polizeibeamte in unserm Bezirk. Sie haben schon in verschiedenen Fällen Ausgezeichnetes geleistet. Ich glaube, sie werden auch dieses Verbrechen aufklären, obgleich ich nicht annehme, dass das sehr schnell gehen wird. So etwas dauert immer sehr lange. Es braucht seine Zeit, bis alles Beweismaterial zusammengetragen ist.«
    »Es wird in diesem Fall hier nicht einfach sein, das Beweismaterial zu sammeln, Madame.«
    »Nein, wahrscheinlich nicht. Als mein Mann umkam – er war ein Krüppel. Er ging gerade über die Straße und wurde von einem Auto überfahren. Man hat den Verantwortlichen nie gefunden. Wie Sie ja wissen – oder vielleicht wissen Sie es auch nicht –, hatte mein Mann Kinderlähmung gehabt. Er war teilweise gelähmt, nachdem er sich sechs Jahre zuvor infiziert hatte. Es ging ihm besser, aber er war immer noch schwer behindert, und er konnte einem Auto nicht schnell ausweichen. Ich hatte fast das Gefühl, schuld an seinem Tod zu sein – obgleich er immer darauf bestand, allein auszugehen, und es nicht ertragen konnte, von einer Krankenschwester betreut zu werden oder von seiner Frau in der Rolle der Krankenschwester, und er war beim Überqueren der Straße immer sehr vorsichtig. Aber trotzdem fühlt man sich schuldig, wenn dann ein Unfall passiert.«
    »Und das alles passierte auch noch, nachdem Sie schon Ihre Tante verloren hatten?«
    »Nein. Sie ist kurz danach gestorben. Alles scheint immer auf einmal zu kommen, nicht wahr?«
    »Sehr wahr«, sagte Hercule Poirot. Dann fuhr er fort: »Die Polizei konnte das Auto, das Ihren Mann überfahren hatte, nicht identifizieren?«
    »Es war, soweit ich mich entsinne, irgendeine sehr populäre Automarke. Es war vom Marktplatz in Medchester gestohlen worden. Es gehörte einem Mr Waterhouse, einem älteren Mann, der eine Samenhandlung in Medchester hat. Mr Waterhouse ist ein sehr langsamer und vorsichtiger Autofahrer. Er war es auf keinen Fall gewesen, sondern ganz offensichtlich einer von diesen unverantwortlichen jungen Männern, die sich einfach fremde Autos aneignen.«
    »Sie sind also ganz sicher, dass es Fahrlässigkeit war und nicht vorsätzlicher Mord?«
    »An so etwas habe ich nie gedacht«, sagte Mrs Drake und sah Poirot etwas erstaunt an. »Ich glaube auch nicht, dass die Polizei diese Möglichkeit je ernstlich in Erwägung gezogen hat. Es war ein Unfall. Ein sehr tragischer Unfall, der das Leben von vielen Menschen verändert hat, darunter auch meins.«
    »Aber im Fall von Joyce Reynolds kann von einem Unfall nicht die Rede sein. Die Hände, die den Kopf dieses Kindes unter Wasser drückten und ihn dort festhielten, bis der Tod eintrat, waren von einem festen Vorsatz gelenkt. Dem Vorsatz zu töten.«
    »Ich weiß, ich weiß. Es ist entsetzlich. Ich mag gar nicht daran denken, daran erinnert werden.«
    Sie stand auf und lief

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