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Schneewittchens Tod

Schneewittchens Tod

Titel: Schneewittchens Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Aubert
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keine Luft mehr bekommt .«
    »Ich dachte, Cordier würde Ihnen etwas zum Schlafen geben.«
    »Nicht stark genug. Cordier will mich nicht betäuben. Cordier will mein Bestes, wie alle.«
    »Manchmal möchte man Sie ohrfeigen.«
    »Tun Sie sich keinen Zwang an. Ich liebe das.«
    Er erstarrte. Machte sie sich lustig? Sie sah nicht so aus, wie sie da auf der Kante der schwarzen Couch saß, ihr Glas Wasser in der Hand, und ihn ruhig ansah. Aus der Serie: Die Familie der Irren - hier Mutter Maso?
    »Weiß Ihr Mann, dass Sie hier sind?«
    »Nein. Werden Sie's ihm sagen?«
    »Nein. Warum sind Sie gekommen?«
    »Ich sagte es Ihnen. Um zuzusehen.«
    »Das ist eine eher abstoßende Arbeit. Da ist nichts Romantisches dran.«
    »An mir ist auch nichts Romantisches. Der Schein trügt.«
    »Genau. Sie sind hart, robust, entschlossen …«
    »Ich bin verrückt, das ist was anderes, aber nicht romantisch.«
    »Haben Sie mit Dubois über ihre Neigung zur Demütigung gesprochen?«
    Sie hatte sich erhoben und deutete auf die weiß lackierte Tür mit der Aufschrift »Zutritt verboten«.
    »Ist es dort?«
    Er stand nun ebenfalls auf, ging an ihr vorbei, achtete darauf, sie nicht zu streifen, und öffnete die Tür.
    Tarzan lag auf der Sezierbank unter einem weißen Laken. Die chirurgischen Instrumente funkelten über dem Labortisch. Es roch nach Blut, nach chemischen Produkten, nach verwesendem Fleisch. Er hatte die Klimaanlange hochgedreht, und es war kalt.
    Sie näherte sich mit einem Schritt, sehr blass.
    »Ist das der Hund, an dem Sie gerade arbeiten?«
    »Hm.«
    Er hob das Laken, und man sah das Fell des Hundes, das wie ein Bettvorleger ausgebreitet war, die noch intakte Schnauze, die hochgezogenen Lefzen, die gläsernen Augen.
    Ihr Blick weitete sich, sie presste die Hand an den Mund und wurde ohnmächtig.
    Er sah, wie sie wankte und, die Augen verdreht, in sich zusammensackte wie eine Stoffpuppe. Er konnte sie eben noch auffangen, bevor sie den Boden berührte, indem er sie unter den Achseln fasste. Gute Reflexe, Mister Chib!
    Ohnmächtig an seinem Körper. Wenn er sich ein wenig vorbeugte, würden seine Lippen die ihren berühren, die leicht geöffnet waren. Er beugte sich nicht vor. Er spürte ihre Brust an der seinen, ein weicher seidiger Kontakt. Keine unpassende Reaktion, Chib! Zu spät. Unpassende Reaktion. Peinlich berührt, legte er sie sanft auf den Boden, holte ein Glas mit eisgekühltem Wasser, ließ etwas in ihren Mund rinnen.
    Sie schluckte, hustete, zuckte, blinzelte.
    »Sie haben das Bewusstsein verloren. Hier, trinken Sie ein wenig.«
    Sie blinzelte weiter, trank, während er ihren Kopf stützte.
    »Langsam atmen. Gut. Geht es besser?«
    »Ja. Ich bin lächerlich, nicht wahr?« »Allerdings .«
    »Helfen Sie mir, aufzustehen.«
    Er half ihr auf die Füße, problemlos, sie war leicht. Sie klopfte ihren Rock ab und vermied es dabei, den Hundekadaver anzusehen. Bei jedem Atemzug berührte ihre Brust seinen Arm. Er wich einen Schritt zurück.
    »Kann ich Sie zum Mittagessen einladen?«
    »Ich habe keinen Hunger.«
    »Es würde Ihnen gut tun, etwas zu essen.«
    »Wie Sie wollen. Wo ist die Toilette?«
    »Da lang.«
    Erst als die Tür zufiel, hatte er den Eindruck, wieder atmen zu können. Diese Frau versetzte ihn in einen unvorstellbaren Stresszustand. Wollte sie wirklich geohrfeigt werden? Schlug Andrieu sie? Fesselte, peitschte er sie? Während Chassignol es mit Charles trieb und Labarriere Elilou vergewaltigte? Sadomaso-pädophiler Partnertausch? Wahnsinn. Der reine Wahnsinn.
    Sie kam zurück, sie hatte sich gekämmt. Wohin sollte er sie zum Essen führen? Das Bild vom Restaurant am Strand drängte sich auf; man aß dort gut, es war ruhig, überdacht und verglast. Kein Luxus, aber …
    Der Regen peitschte gegen die Scheiben. Die Wellen rollten über den Sand, drei Meter von ihnen entfernt. Man hatte das Gefühl, in einem Schiff zu sitzen. Es war ziemlich dunkel, angenehm dunkel. Nur wenige Gäste waren da. Ein älteres Paar mit einem Yorkshire Terrier, der auf den Namen Philomene hörte und unentwegt bettelte. Ein etwas jüngeres Paar - sie mit einer für die Fünfzigjährigen so typischen kastanienbraunen Haartönung, er in gestreiftem Hemd -, das nur von Bilanzen und von Gewinn- und Verlustrechnungen sprach. Drei Radler, klatschnass und erschöpft, die Stahlrösser an die Mauer gelehnt.
    Das weiße Geschirrtuch über der Schulter, trat der Wirt an ihren Tisch.
    »Verdammtes Sauwetter! Nehmen Sie einen

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