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Schneewittchens Tod

Schneewittchens Tod

Titel: Schneewittchens Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Aubert
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einen Oolong. Ich mag diesen grünen japanischen Tee, den Blanche so gerne trinkt, gar nicht.«
    »Nein danke«, antwortete Chib, »ich bin kein großer Teetrinker.«
    Belle-Mamie kniff die Lippen zusammen.
    »Sind die Engländer noch da?«
    »Sie verabschieden sich gerade.«
    »Ich hatte schon befürchtet, Blanche würde sie zum Essen einladen. Sie sind reizend, aber … Clotilde sieht gerne zu tief ins Glas, und John .«
    »Louise hat mir erklärt, dass John … von Blanche fasziniert ist«, beendete Gaelle den Satz und führt die Tasse zum Mund.
    Louise! Sie nannte den alten Drachen beim Vornamen. Unglaublich.
    Louise nickte und schenkte sich Tee nach.
    »Jean-Hugues meint, das sei harmlos, aber so etwas schickt sich doch nicht! Dieser Mensch darf sich nicht ermutigt fühlen.«
    »Es handelt sich wohl um eine rein platonische Leidenschaft, romantisches Strohfeuer, wie es für Männer seiner Generation typisch ist«, meine Gaelle mit einem entwaffnenden Lächeln.
    Aber Belle-Mamie gefiel das Konzept der Entwaffnung anscheinend nicht.
    »Der Johannistrieb, jawohl. Der alte Lustmolch! Mein Mann hätte ein solches Verhalten nicht geduldet.«
    »In welcher Branche war er tätig«, erkundigte sich Gaelle mit demselben Interesse, als erwarte sie die Lottozahlen.
    »Enguerrand? Im Finanzsektor, das ist Tradition in unserer Familie. Gerade er, der die Buchhaltung verabscheute«, fügte sie mit einem gerührten Lächeln hinzu, das sie zwanzig Jahre jünger aussehen ließ.
    Dann setzte sie wieder ihre strenge Miene auf und fügte hinzu: »Armer, guter Enguerrand, wie sehr ihn all das betrüben würde .«
    Sie beendete ihren Satz nicht und trank ihre Tasse aus. Chib fragte sich, wo Blanche war und wie er das Foto an sich nehmen könnte.
    »Ich glaube, ich habe meinen Stift in der Bibliothek vergessen«, meinte er und betastete seine Taschen.
    »Nun, dann holen Sie ihn«, erwiderte der alte Drachen, ohne ihn anzusehen.
    »Die Tür ist abgeschlossen.«
    »Abgeschlossen? Oh, das muss Aicha gewesen sein, die übereifrig war. Sagen Sie ihr, sie soll Ihnen aufsperren.«
    Er ging und fand schließlich Aicha, die im Esszimmer staubsaugte, ohne Blanche gesehen zu haben. Sie begleitete ihn mit ihrem großen Schlüsselbund zur Bibliothek.
    »Ich habe nicht abgeschlossen«, flüsterte sie, »ich bin sicher, dass sie es war, damit du nicht in den Sachen ihres geliebten Söhnchens herumwühlst.«
    Er nahm das Foto am oberen Rand des Rahmens und wollte es unter seine Jacke schieben. Doch das war nicht mehr nötig: Man hatte es gereinigt. Die Rückseite war glatt und trocken. Ungläubig strich er über die weiche Pappe. Er holte Aicha auf dem Flur ein: »Hast du in der Bibliothek geputzt?«
    »Nein, noch nicht. Ich fange gleich an.«
    Hielt sich jemand im Haus versteckt? Er eilte die Treppe hinauf, riss die Türen der Schlafzimmer auf sah in allen drei Badezimmern und in den großen Wandschränken nach. Nichts. Dann lief er wieder hinunter, inspizierte das Arbeitszimmer, den ockerfarbenen Salon und das Esszimmer, wo der lange Landhaustisch für zwei Personen gedeckt war.
    Und Blanche? Er eilte nach draußen. Blanche unterhielt sich mit Costa, der ihr einen verkümmerten Zitronenbaum zeigte. Das war verrückt! Irgendjemand war zwischen dem Zeitpunkt, als er die Bibliothek verlassen hatte, und jetzt, das heißt, innerhalb der letzten halben Stunde, dort gewesen. Und dieser Jemand hatte das Foto gereinigt und die Tür abgeschlossen. John Osmond? Aber er hatte gesehen, wie Blanche die beiden bis zum Tor begleitete. Osmond hätte seiner Frau sagen können, er habe etwas vergessen. Aber Osmond hatte sicher keinen Schlüssel zur Bibliothek. Es sei denn, er trieb sich öfter heimlich im Haus herum und hatte sich die Schlüssel von Aichas Bund nachmachen lassen. Osmond, der wirkte wie ein Großvater und der sich im Schatten herumtrieb wie Arsene Lupin.
    »Bleiben Sie doch zum Mittagessen«, hörte er Belle-Mamie sagen, als er sich dem Wintergarten näherte, »ein wenig Gesellschaft würde Blanche gut tun.«
    Ihm würde es an Blanches Stelle nicht gefallen, dass man Leute zum Essen einlud, ohne vorher gefragt zu werden, dachte Chib. Belle-Mamie wollte ganz offensichtlich noch immer die Königin-Mutter spielen.
    »Ich sagte gerade zu Gaelle, dass Sie doch zum Essen bleiben sollten«, wiederholte die alte Dame.
    Blanche gegenüberzusitzen und Konversation zu führen, ging über seine Kräfte.
    »Tut mir Leid, aber ich bin schon verabredet«, log

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