Schnelles Denken, langsames Denken (German Edition)
und unser einkommensabhängiger Lebensstandard stehen ebenfalls nicht zum Verkauf oder zum Tausch.
Knetsch, Thaler und ich entwarfen ein Experiment, das den Gegensatz zwischen Gütern, die zum Verbrauch gehalten werden, und solchen, die zum Tausch bestimmt sind, unterstreichen sollte. Einen Aspekt des Versuchsdesigns übernahmen wir von Vernon Smith, dem Begründer der experimentellen Wirtschaftsforschung, mit dem ich viele Jahre später den Nobelpreis teilen sollte. Bei dieser Methode wird eine begrenzte Anzahl von Gutscheinen an die Teilnehmer
in einem »Markt« verteilt. Alle Teilnehmer, die am Ende des Experiments einen Gutschein besitzen, können diesen gegen Bargeld einlösen. Der Rückzahlungswert ist für verschiedene Individuen unterschiedlich hoch, um die Tatsache zu berücksichtigen, dass die auf Märkten gehandelten Güter für einige Menschen wertvoller sind als für andere. Derselbe Gutschein mag für Sie 10 Dollar und für mich 20 Dollar wert sein, und ein Tauschgeschäft zu jedem beliebigen Preis zwischen diesen Werten wird für uns beide vorteilhaft sein.
Smith veranschaulichte mit seinen Experimenten auf plastische Weise, wie gut die grundlegenden Mechanismen von Angebot und Nachfrage funktionieren. Die Probanden machten aufeinanderfolgende öffentliche Angebote zum Kauf oder Verkauf eines Gutscheins, und andere reagierten öffentlich auf das Angebot. Jeder verfolgt diese Tauschgeschäfte und sieht den Preis, zu dem die Gutscheine den Besitzer wechseln. Die Resultate sind so regelmäßig wie die eines physikalischen Versuchs. So sicher, wie Wasser bergab fließt, verkaufen diejenigen, die einen Gutschein besitzen, der für sie von geringem Wert ist (weil sein Rückzahlungswert niedrig ist), schließlich ihren Gutschein mit Gewinn an jemanden, der ihm einen höheren Wert zuschreibt. Wenn die Handelsgeschäfte aufhören, befinden sich die Gutscheine in den Händen derjenigen, die von dem Experimentator am meisten Geld dafür bekommen können. Die Magie des Marktes hat funktioniert! Außerdem sagt die volkswirtschaftliche Theorie sowohl den Endpreis, auf den sich der Markt einigen wird, als auch die Anzahl der Gutscheine, die den Besitzer wechseln werden, zutreffend vorher. Wenn der Hälfte der Marktteilnehmer nach dem Zufallsprinzip Gutscheine zugeteilt werden, dann sagt die Theorie vorher, dass die Hälfte der Gutscheine ihren Besitzer wechseln wird. 7
Wir benutzten für unser Experiment eine Variante von Smiths Methode. Jede Sitzung begann mit mehreren Gutscheinhandelsrunden, die Smiths Ergebnisse exakt reproduzierten. Die geschätzte Anzahl von Handelsgeschäften lag in der Regel sehr nahe bei der von der Standardtheorie vorhergesagten Anzahl oder war sogar mit dieser identisch. Die Gutscheine besaßen selbstverständlich nur deshalb einen Wert, weil sie gegen das Bargeld des Experimentators eingetauscht werden konnten; sie hatten keinen Gebrauchswert. Anschließend konzipierten wir einen ähnlichen Markt für ein Objekt, von dem wir annahmen, dass es für die Teilnehmer einen Gebrauchswert besitzen würde: eine attraktive Kaffeetasse, die mit den Emblemen der jeweiligen Universität verziert war, an der wir die Experimente durchführten. Die Kaffeetasse war damals etwa 6 Dollar wert (und sie wäre heute etwa das Doppelte wert). Die
Tassen wurden nach dem Zufallsprinzip an die Hälfte der Teilnehmer verteilt. Die Verkäufer hatten ihre Tasse vor sich stehen, die Käufer sollten sich die Tasse ihres Nachbarn ansehen; alle gaben die Preise an, zu denen sie handeln würden. Die Käufer mussten eine Tasse mit ihrem eigenen Geld erwerben. Die Ergebnisse waren dramatisch: Der durchschnittliche Verkaufspreis betrug etwa das Doppelte des durchschnittlichen Kaufpreises, und die geschätzte Anzahl der Handelsgeschäfte betrug weniger als die Hälfte der Anzahl, die von der Standardtheorie vorhergesagt wurde. Die Magie des Marktes funktionierte nicht für ein Gut, das für die Besitzer einen Gebrauchswert besaß.
Wir führten eine Reihe von Experimenten durch, bei denen wir Varianten der gleichen Vorgehensweise benutzten – immer mit denselben Ergebnissen. Mein Lieblingsexperiment ist eines, bei dem wir den Verkäufern und Käufern eine dritte Gruppe zugesellten – die Wähler. Anders als die Käufer, die ihr eigenes Geld ausgeben mussten, um das Gut zu erwerben, konnten die Wähler entweder eine Tasse oder eine Summe Geld erhalten, und sie gaben den Geldbetrag an, der genauso begehrenswert war wie
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