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Schnelles Denken, langsames Denken (German Edition)

Schnelles Denken, langsames Denken (German Edition)

Titel: Schnelles Denken, langsames Denken (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Kahneman
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finanziell vorteilhaft sein wird.
    Eine Risikostrategie, die Entscheidungen pauschalisiert, entspricht der Außensicht auf Planungsprobleme, die ich weiter vorn erörtert habe. Die Außenperspektive
verschiebt den Fokus von den Besonderheiten der gegenwärtigen Situation auf die statistischen Kenndaten der Ergebnisse in ähnlichen Situationen. Die Außensicht ist ein breiter Rahmen für die Konzipierung von Plänen. Eine Risikostrategie ist ein breiter Rahmen, der eine konkrete risikoträchtige Wahl in eine Gesamtheit ähnlicher Wahlen einbettet.
    Die Außensicht und die Risikostrategie sind Abhilfen gegen zwei spezifische Verzerrungen, die viele Entscheidungen betreffen: den übersteigerten Optimismus des Planungsfehlers und die überzogene Vorsicht, die durch die Verlustaversion herbeigeführt wird. Die beiden Verzerrungen wirken antagonistisch. Übersteigerter Optimismus schützt Individuen und Organisationen vor den lähmenden Effekten der Verlustaversion; die Verlustaversion schützt sie vor den Torheiten eines übersteigerten Optimismus. Das Ergebnis ist für den Entscheider eher angenehm. Optimisten glauben, dass ihre Entscheidungen umsichtiger sind, als es tatsächlich der Fall ist, und verlustscheue Entscheider verwerfen zu Recht Optionen mit niedrigem Nutzwert, die sie andernfalls vielleicht annehmen würden. Es gibt selbstverständlich keine Garantie dafür, dass sich die Verzerrungen in jeder Situation gegenseitig ausgleichen. Eine Organisation, die sowohl übersteigerten Optimismus als auch überzogene Verlustaversion beseitigen kann, sollte dies tun. Die Kombination der Außensicht mit einer Risikostrategie sollte das Ziel sein.
    Richard Thaler berichtet von einer Diskussion über Entscheidungsfindung, die er mit den Topmanagern der 25 Sparten eines Konzerns führte. Er bat sie, eine riskante Option zu erwägen, bei der sie mit gleicher Wahrscheinlichkeit einen Großteil des von ihnen kontrollierten Kapitals verlieren oder dieses Kapital verdoppeln könnten. Keiner der Manager war bereit, sich auf ein so riskantes Glücksspiel einzulassen. Anschließend wandte sich Thaler an den Vorstandsvorsitzenden des Konzerns, der ebenfalls anwesend war, und fragte ihn nach seiner Meinung. Ohne zu zögern, antwortete der Vorstandschef: »Ich würde mir wünschen, dass sie alle das Risiko eingehen.« Im Rahmen dieser Diskussion machte sich der Vorstandschef automatisch ein weites Framing zu eigen, das alle 25 Wetten umfasste. Wie Sam, der die Ergebnisse von hundert Münzwürfen sah, konnte er auf die statistische Zusammenfassung setzen, um das Gesamtrisiko abzuschwächen.
    Zum Thema »Risikostrategien«
     
    »Sagen Sie ihr, sie solle wie ein Börsenhändler denken! Bei einigen Geschäften macht man Gewinne, bei einigen macht man Verluste.«
     
    »Ich beschloss, mein Wertpapierdepot nur noch ein Mal pro Quartal zu überprüfen. Ich bin zu verlustscheu, als dass ich angesichts täglicher Kursschwankungen vernünftige Entscheidungen treffen könnte.«
     
    »Sie schließen nie erweiterte Produktgarantieversicherungen ab. Das ist ihre Risikostrategie.«
     
    »Jeder unserer Manager ist in seinem Geschäftsfeld verlustscheu. Das ist verständlich, aber es führt im Endergebnis dazu, dass das Unternehmen zu wenig Risiken eingeht.«

32. Buch führen
    Abgesehen von den ganz Armen, für die das Einkommen mit dem Überleben zusammenfällt, sind die Haupttriebkräfte des Strebens nach Geld nicht unbedingt ökonomischer Natur. Für den Milliardär, der noch eine Milliarde reicher werden will, ebenso wie für den Teilnehmer an einem experimentalökonomischen Forschungsprojekt, der ein paar Dollar zusätzlich verdienen will, ist Geld ein Ersatz für Punkte auf einer Skala der Selbstachtung und des Erfolgs. Diese Belohnungen und Bestrafungen, Versprechen und Drohungen sind alle in unserem Kopf. Wir führen sorgfältig Buch darüber. Sie bestimmen unsere Präferenzen und motivieren unsere Handlungen ebenso wie die Anreize, die im gesellschaftlichen Umfeld bereitgestellt werden. Infolgedessen weigern wir uns, Verluste zu begrenzen, wenn dies bedeuten würde, unser Scheitern einzugestehen, schrecken tendenziell vor Handlungen zurück, die wir bereuen könnten, und machen einen trügerischen, aber scharfen Unterschied zwischen Unterlassung und Begehung, Tun und Nichttun, weil das Verantwortungsbewusstsein für das eine größer ist als für das andere. Die »Währung«, die belohnt oder bestraft, ist letztlich oftmals emotionaler

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