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Schnelles Denken, langsames Denken (German Edition)

Schnelles Denken, langsames Denken (German Edition)

Titel: Schnelles Denken, langsames Denken (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Kahneman
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obgleich Sie bestimmt wissen, dass es mehr männliche Landwirte als Bibliothekare gibt, ist Ihnen diese statistische Tatsache höchstwahrscheinlich nicht in den Sinn gekommen, als Sie zum ersten Mal über die Frage nachdachten. Nur was Sie wussten, zählte.
    Zum Thema »Voreilige Schlussfolgerungen«
     
    »Sie weiß nichts über die Führungsqualitäten dieser Person. Sie lässt sich allein von dem Halo-Effekt einer guten Präsentation leiten.«
     
    »Wir wollen Fehler dekorrelieren, indem wir vor der Diskussion getrennte Urteile zu dem anstehenden Problem einholen. Unabhängige Bewertungen verschaffen uns mehr Information.«
     
    »Sie trafen diese weitreichende Entscheidung auf der Grundlage des positiven Berichts eines Beraters. WYSIATI – what you see is all there is . Ihnen schien nicht bewusst zu sein, wie wenig Informationen sie hatten.«
     
    »Sie wollten nicht mehr Informationen, die ihnen vielleicht ihre Geschichte verderben würde. WYSIATI.«

8. Wie wir Urteile bilden
    Die Zahl der Fragen, die wir beantworten können, ist unbegrenzt – ganz egal, ob es Fragen sind, die uns ein anderer stellt, oder Fragen, die wir uns selbst stellen. Und auch die Zahl der Merkmale, die man beurteilen kann, ist grenzenlos. Sie können die Anzahl der Großbuchstaben auf dieser Seite zählen, die Höhe der Fenster in Ihrem Haus mit der Höhe der Fenster in dem Haus auf der anderen Straßenseite vergleichen und die Wiederwahlchancen Ihres Abgeordneten auf einer Skala von »sehr gut« bis »katastrophal« einstufen. Die Fragen werden an System 2 gerichtet, das die Aufmerksamkeit darauf fokussieren und das Gedächtnis durchsuchen wird, um die Antworten zu finden. System 2 nimmt Fragen entgegen oder erzeugt sie – in beiden Fällen steuert es die Aufmerksamkeit und durchstöbert das Gedächtnis auf der Suche nach den Antworten. System 1 arbeitet anders. Es überwacht fortwährend, was außerhalb und innerhalb des Bewusstseins geschieht, und es beurteilt permanent verschiedene Aspekte der Situation, ohne bestimmte Absichten zu verfolgen und mit geringer oder gar keiner Anstrengung. Diese elementaren Bewertungen spielen eine wichtige Rolle bei intuitiven Urteilen, weil sie leicht durch schwierigere Fragen ersetzt werden können – genau darum geht es bei Heuristiken und kognitiven Verzerrungen. Zwei weitere Merkmale von System 1 unterstützen ebenfalls die Ersetzung eines Urteils durch ein anderes. Da ist zum einen die Fähigkeit, Werte in andere Dimensionen zu übersetzen, was man beispielsweise tut, wenn man eine Frage beantwortet, die den meisten Menschen leicht vorkommt: »Wenn Sam so groß wäre, wie er intelligent ist, wie groß wäre er dann?« Schließlich gibt es die mentale Schrotflinte. Die Absicht von System 2, eine spezifische Frage zu beantworten oder ein bestimmtes Merkmal der Situation zu bewerten, löst automatisch weitere Berechnungen aus, darunter auch elementare Bewertungen.

Intensitäten und wie man sie vergleichen kann
    Fragen nach unserer Zufriedenheit, der Popularität des Präsidenten, der angemessenen Bestrafung von Wirtschaftskriminellen und den Zukunftsaussichten eines Politikers haben ein wichtiges Merkmal gemeinsam: Sie alle beziehen sich auf eine zugrunde liegende Dimension der Intensität oder eines Maßes, welche die Verwendung des Wortes »mehr« erlaubt: zufriedener, populärer, schwerer oder mächtiger (für einen Politiker). So kann die politische Zukunft einer Kandidatin von dem Tiefpunkt (»Sie wird bei den Vorwahlen ausscheiden«) bis zu
dem Höhepunkt (»Sie wird eines Tages Präsidentin der Vereinigten Staaten werden«) reichen.
    Hier begegnen wir einer neuen Fähigkeit von System 1. Eine grundlegende Intensitätsskala erlaubt eine Abstimmung (matching) über verschiedene Dimensionen hinweg. Wenn Verbrechen Farben wären, wäre Mord ein tieferer Rotton als Diebstahl. Wenn Verbrechen in Form von Musik ausgedrückt würden, würde Massenmord fortissimo gespielt werden, während die Anhäufung unbezahlter Strafzettel wegen Falschparkens nur ein schwaches Pianissimo wäre. Und natürlich haben wir ähnliche Gefühle hinsichtlich der Intensität von Strafen. In klassischen Experimenten passten Versuchspersonen die Lautstärke eines Tons der Schwere von Verbrechen an; andere Probanden passten die Lautstärke der Schwere der gesetzlichen Strafen an. Wenn Sie zwei Töne hören würden, einen für das Verbrechen und einen für die Strafe, würde es Ihnen ungerecht vorkommen, wenn ein Ton

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