Schnitt: Psychothriller
Journalistin.«
»Und Sie sind tatsächlich in Berlin entführt worden, und dann hat man sie hierhergebracht, in die Schweiz?«
Liz nickte.
»Warum hat der Entführer sich solche Umstände gemacht?«
»Woher soll ich das wissen? Fragen Sie den, der das getan hat.«
»Sie meinen ⦠diesen Val.«
»Herrgott, ja«, schimpfte Liz, den Tränen nah. »Zum dritten Mal!«
»Sind Sie sicher, dass Ihre Beschreibung zutreffend ist?«
»Wenn ich Ihnen dreimal eine identische Beschreibung gebe, hört es sich dann an, als wäre ich unsicher?«
Die beiden Beamten tauschten einen Blick. Der Kleinere der beiden, der sie mit einem Kollegen vom Bahnhof abgeholt hatte, räusperte sich. »Nun, bitte verstehen Sie das nicht falsch, aber das alles klingt etwas ⦠Nun ja ⦠Ein Mann, dessen Gesicht zur Hälfte entstellt ist, und die andere Hälfte ⦠Wie sagten Sie?«
»Schön, habe ich gesagt, auÃergewöhnlich attraktiv«, murmelte Liz kraftlos. »Wie ein Model für Rasierschaum oder so.«
»Wissen Sie, ich glaube Ihnen ja, nur ⦠Es hört sich alles ein wenig an wie Dr. Jekyll und Mr Hyde ⦠Das ist â¦Â«
»Ich kann es nun mal nicht ändern. Es hört sich alles völlig irrwitzig an, mag ja sein. Aber es ist die Wahrheit. Es stimmt. Bitte! Schicken Sie einen Streifenwagen zu dem Haus, wenn Sie mir nicht glauben.«
Wieder ein Blick. Der GröÃere der beiden seufzte. »Geben Sie uns noch einmal die Wegbeschreibung bitte.«
»Die StraÃe an der Kirche vorbei, aus Wassen heraus, immer am Bach entlang, etwa 7200 Schritte. Dann den Abzweig nach rechts, den Berg hinauf. Ich weià nicht mehr, wie viele Schritte das waren, ich bin zwischendurch im Wald gelaufen. Aber das Haus ist am Ende der StraÃe. Ein Bungalow, direkt am Felsen. Umgeben von einer Mauer aus Naturstein, mit einem schmiedeeisernen Tor. Die Haustür ist zweiflügelig, aus dunkelbraunem Holz. Andere Häuser gibt es da nicht. Das sollten Sie wohl finden, oder?«
»Und Sie sind sicher, dass Sie dieses Haus meinen?«
Liz funkelte ihn an. »Wie sicher sollte ich denn Ihrer Meinung nach sein?«
Der groÃe Beamte hob die Brauen, steckte den Stift an seinen Notizblock und stand auf. »Na, dann wollen wir mal.«
»Na, dann wollen wir mal« ist jetzt ein Telefonat und vierzig Minuten her.
Liz sieht auf ihre FüÃe. In der Amtsstube klingelt das Telefon. Der Kleine legt den Autoschlüssel aus der Hand und geht an den Apparat. Lizâ Blick klebt an der Scheibe. Plötzlich erkennt sie im Glas ihr eigenes Spiegelbild und erschrickt.
»Kantonspolizei Uri, Schechtler«, sagt der Beamte.
Er hört einen Moment zu, dann nickt er, winkt seinen Kollegen heran und stellt auf laut.
»⦠wie ihr vermutet habt«, knarzt eine Stimme aus dem Lautsprecher, »es ist das Haus. Kein Zweifel.«
Liz richtet sich auf, die Erregung durchflutet ihren ganzen Körper.
»Und? Was habt ihr gefunden?«
»Na ja. Ganz schön einsam da oben. Die Haushälterin hat uns aufgemacht, ist etwas schrullig, aber ist ja kein Wunder, wenn man den ganzen Tag keine Seele zu sehen kriegt.«
Die Haushälterin?
Liz springt auf. Ihr ganzer Körper protestiert gegen die plötzliche Bewegung. Sie starrt durch die Scheibe, deutet mit der Hand einen Schlag auf den Kopf an und gestikuliert wild.
Der Beamte winkt ab. »Wie heiÃt denn die Haushälterin?«
»Yvette Baerfuss, 39 Jahre. Arbeitet seit vierzehn Jahren für die Familie. Kommt aus Luzern. Die Leute hier in der Gegend kennen sie.«
Seit vierzehn Jahren? Lizâ Augen weiten sich. Vierzehn? Das kann nicht sein! Sie öffnet die Tür und flüstert atemlos: »Wie hat sie ausgesehen? Fragen Sie nach der Wunde an ihrem Kopf.«
Die Brauen des Beamten ziehen sich wütend zusammen, er wirft Liz einen vernichtenden Blick zu. »Wie, äh, sah sie denn aus?«
»Wie sie aussah ? Na ja, etwas welk. War früher mal ein Schuss, wenn ich â«
»Mensch«, blökt der Kleine, »ich will nicht wissen, ob du mit ihr ins Bett willst, ich will wissen, wie sie aussieht . Ist euch irgendwas Besonderes an ihr aufgefallen oder so â¦Â«
Der groÃe Beamte prustet.
»Ach, äh, so ⦠Also, graue oder blaue Augen, blonde Haare, halblang, glaube ich ⦠Sie trug ein Kopftuch â¦
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