Schnitt: Psychothriller
blutenden Nase in den Nacken, jedoch ohne die Waffe sinken zu lassen. »Sarkov sagt, du hast dir das Zeug unter den Nagel gerissen.«
»Blödsinn.«
»Wegen Blödsinn schickt Sarkov uns nicht los. Also her damit.« Er wedelt energisch mit der Waffe. »Rück den Film raus. Deine Zeit läuft ab.«
Gabriel starrt auf die beiden Mündungen. Die Baghira in seiner Hand wiegt eine Tonne. »Verstehe ich das richtig? Yuri will diesen Film unbedingt haben?«
»Du sagst es.«
Gabriel lächelt bitter. »Pistolen haben einen groÃen Nachteil, wenn man etwas unbedingt haben will.«
Koslowski glotzt ihn verwirrt an.
»Sie sind tödlich«, sagt Gabriel.
Koslowski verlagert sein Gewicht vom linken auf den rechten FuÃ, als könnte er so sein Gehirn auf Trab bringen.
»Also, was denkst du?«, sagt Gabriel leise. »Wenn ich den Film habe, und er an einem sicheren Ort versteckt ist, wie soll Yuri noch an den Film kommen, wenn ihr mich jetzt erschieÃt? Hm?«
Koslowski blinzelt. Seine Stirn wirft Falten, dann richtet er, langsam und wortlos, seine Waffe auf Gabriels Knie und grinst. Blut läuft über seine wulstige Oberlippe und färbt seine Zähne. Der andere Mann hält seine Waffe stur auf Gabriels Kopf gerichtet. »Also hast du ihn«, stellt Koslowski fest.
»Das ist nicht die Frage«, sagt Gabriel. Die Anspannung lässt ihn schwitzen, und er versucht, sich darauf zu konzentrieren, dass ihm die Nervosität nicht anzusehen ist. »Die Frage ist doch vielmehr: Wie wichtig ist euch dieser Film? Denn was glaubst du, wird passieren, wenn du mir in mein Knie schieÃt?«
Koslowski starrt auf die Baghira, die auf ihn gerichtet ist. Der Lauf der Waffe zittert, ebenso wie Gabriels Hand. »Du hast Angst«, nuschelt er und grinst hässlich.
Das Zittern wird stärker. »Ja«, sagt Gabriel. »Und genau deswegen werde ich schieÃen.«
Koslowskis Grinsen zerfällt.
Gabriel macht einen halben Schritt nach vorne. Die beiden Männer bewegen sich nicht einen Zentimeter.
»Deine Zeit ist abgelaufen«, wiederholt Koslowski. Sein Atem riecht nach kaltem Rauch. »Gib mir den Film.«
Gabriel macht einen Schritt auf den Polen zu und drückt ihm den Lauf der Baghira auf sein linkes Auge. Koslowskis Finger am Abzug zuckt, aber er krümmt sich nicht. Gabriel erhöht den Druck auf das Auge. Wohl oder übel weicht der Pole zurück, bis die Tür frei ist. Gabriel schiebt sich durch den Türrahmen in den Flur. Mit konzentrierten langsamen Schritten geht er rückwärts in Richtung Treppenhaus, die Pistole auf die Männer gerichtet.
»Früher oder später«, ruft Koslowski, »kriege ich dich.«
»Ich werd dich erkennen, an deiner Nasenschiene«, erwidert Gabriel.
Der Pole spuckt wutentbrannt auf den Flurteppich, ein Gemisch aus Blut und Speichel. Im selben Moment springt Gabriel beiseite, hinter eine Ecke, und stürmt die Treppe hinab. Schritte poltern im Flur. Als er durch den Hinterausgang des Caesars stürmt, sind seine Bewegungen erstaunlich sicher. Lange wird das nicht so bleiben, denkt er, schon bald wird der Adrenalinausstoà nachlassen.
Er sprintet bis zur nächsten S-Bahnstation. Auf der Treppe löst er das Magazin aus der Baghira und wirft es in einen Abfallkorb. Die Waffe entsorgt er in einem Mülleimer auf dem Bahnsteig, mit dem Gefühl, eine beiÃwütige Giftschlange losgeworden zu sein. Er steigt in den einfahrenden Zug und lässt sich auf eine der buntgemusterten Sitzbänke fallen. Die quadratischen Lampen über den Türen blinken warnend, als sich die Türen schlieÃen. Ãchzend rollt der Zug los.
ScheiÃe!
Wie um alles in der Welt hatte Yuri ihn gefunden?
Und hinter was für einem Film ist er her?
Gabriel denkt an die Nacht im Kadettenweg, an den Wohnraum mit der schweren Balkendecke und den abgehängten Möbeln, die Fotos auf dem Sims und den Safe hinter dem Bild. Der Safe war offen und leer gewesen, also hatte derjenige, der vor ihm in der Villa gewesen war, den Inhalt. Aber wer konnte das sein, und was wollte Yuri mit dem Film? Was hatte es überhaupt mit dem Kadettenweg auf sich? Wenn es um diese Adresse ging, reagierte Yuri, als sei das Haus ein Körperteil von ihm.
Frustriert steckt Gabriel die Hände in die Hosentaschen. Seine kalten Finger spüren das Handy, und er denkt an Liz.
Die Bremsen der Bahn kreischen, und eine
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