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Schnitt: Psychothriller

Schnitt: Psychothriller

Titel: Schnitt: Psychothriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Raabe
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Tür und steigt ins Auto. Genau in dem Augenblick, als sie den Zündschlüssel dreht, erwischt sie der Scheinwerferkegel, grell und frontal, wie eine Ohrfeige aus Licht.
    Val! , ist ihr erster Gedanke. Er hat mich gefunden. Sie sitzt wie festgenagelt hinter dem Steuer und blinzelt in die Halogenscheinwerfer. Der Schock macht sie wehrlos. Dann erst sieht sie die Blaulichter auf dem Dach des Wagens.
    Polizei! Das sind Polizisten, denkt sie erleichtert. Dann wird ihr plötzlich klar, dass sie in einem gestohlenen Wagen sitzt, vor einem Laden, in den sie gerade eingebrochen ist. Bei dem Gedanken, dass die Polizisten sie einsperren werden, hier in Wassen oder in Andermatt, in Vals Nähe, bricht Panik in ihr aus, unkontrolliert, wie tausend Wespen in einer Glaskugel.
    Die Wagentüren öffnen sich. Zwei Beamte steigen aus und nähern sich dem BMW , sie reden leise miteinander, der eine deutet auf das Kennzeichen, der andere lacht und zeigt mit dem Kinn in ihre Richtung. Offensichtlich sind es Kollegen der beiden Beamten aus Andermatt.
    Wie von selbst greift Liz ins Handschuhfach. Die Panik lässt sie an nichts anderes denken, als von hier wegzumüssen. Das kalte Metall der Waffe brennt in ihrer heißen Hand. Langsam, ganz langsam, steigt sie aus dem Wagen, mit gesenktem Kopf, die Pistole hinter der Tür vor den Augen der Beamten verborgen. Erst im letzten Moment hebt sie die Waffe.
    Â»Keinen Schritt weiter«, hört sie sich sagen. Ihre Stimme klingt fest. Nur sie selbst weiß, wie sehr sie im Innersten zittert.
    Die Beamten bleiben abrupt stehen und starren sie an wie eine Erscheinung. Das Licht der Scheinwerfer macht aus Liz einen gefallenen Engel.
    Â»Die Waffen vorsichtig rausholen und auf den Boden legen«, sagt Liz. Die Sig Sauer in ihrer Hand bebt, ebenso wie ihre Stimme. Sie fragt sich, ob die beiden Kantonspolizisten versuchen werden, es auszunutzen, oder ob die beiden, gerade weil sie so zittert, umso mehr Furcht haben. Furcht vor einer unberechenbaren Verrückten im schwarzen Abendkleid, mit einem zitternden Finger am Abzug.
    Die beiden gehorchen stumm. Der eine, er hat einen Schnauzbart und dunkle dichte Haare, die eng anliegen wie eine Badekappe, sieht sich hilfesuchend um. Doch die Fenster in den Häusern bleiben dunkel.
    Â»Jetzt noch den Wagenschlüssel.«
    Der Plastikschlüssel klappert auf dem Asphalt.
    Sie starrt auf den Schlüssel und denkt fieberhaft nach, was sie jetzt tun soll.
    Die Polizisten stehen vor ihr wie Ölgötzen.
    Denk nach, Mädchen. Denk nach!
    Dann erinnert sie sich plötzlich daran, wie gefangen sie sich noch vor wenigen Minuten im Auto gefühlt hat, als wäre das Wageninnere eine Zelle! Langsam geht Liz rückwärts zum BMW , öffnet die hintere Tür, holt das Stemmeisen heraus und legt es auf den Asphalt. »Sie – mit dem Schnäuzer. Brechen Sie die Griffe an der Innenseite Ihrer Türen raus und die Taste für die Zentralverriegelung.«
    Â» Was soll ich?«
    Â»Beifahrer- und Fahrertür …«, sagt Liz und zuckt plötzlich zusammen. In ihrem Unterleib setzt ein heftiges Stechen ein. »… die Griffe auf der Innenseite und die Taste für die Zentralverriegelung. Schnell!«
    Der Beamte nimmt das Stemmeisen und bearbeitet den Polizeiwagen. Plastik knirscht, dann sind die Türgriffe in der Innenverkleidung zerstört.
    Â»Und jetzt zurück ins Auto setzen«, stöhnt Liz und hält sich den Bauch. »Beide die Hände ans Lenkrad … und mit Handschellen festmachen.«
    Die beiden Polizisten wechseln einen Blick. Der mit der Kappe aus Haaren zuckt mit den Schultern und ergibt sich in sein Schicksal. Der andere setzt sich betont langsam in den Wagen, ohne Liz aus den Augen zu lassen, und stößt sich den Kopf am Wagendach.
    Während die beiden sich gegenseitig ans Lenkrad ketten, kickt Liz die Pistolen unter den Wagen und drückt die Türen zu. Als sie am Schlüssel den Knopf für die elektronische Zentralverriegelung drückt, muss sie fast lachen, obwohl sie am ganzen Körper zittert. Einmal mehr hat sie das Gefühl von freiem Fall. Es ist wie ein Rausch, und das Adrenalin und die Schmerzen im Bauch rauben ihr den Atem.
    Der Polizist mit dem Schnauzbart stiert wütend durch die Windschutzscheibe. Erst jetzt wird ihm klar, dass sein Polizeiwagen gerade zu einer erstklassigen Gefängniszelle umfunktioniert worden ist – jede Möglichkeit,

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