Schnitt: Psychothriller
FuÃgängerüberweg der Danziger StraÃe und überquert die Bahnschienen. Die Badmintonhalle am Rand des Parks ist um diese Zeit längst geschlossen, aber die Lichtreklame brennt immer noch. Sie stapft durch den von niedrigen Bäumen überschatteten Weg in den Park.
Es riecht nach Hundekot und nasser Erde. Das leise Rascheln der Bäume wirkt wie Baldrian auf ihren Geist, kleine Steine knirschen unter ihren FüÃen, und sie schlägt Haken, um den Pfützen auszuweichen. Die Luft in den Haaren fühlt sich leicht und lebendig an.
Die Gestalt, die sich im Dunkel zwischen den Bäumen hält, bemerkt sie nicht. Der leichte Wind, der ihr entgegenkommt, weht den Geruch des Mannes in ihrem Rücken ebenso von ihr fort wie seine leisen Schritte. Sie bemerkt nicht, dass er stetig aufholt, bis er ganz dicht hinter ihr ist, nur den Arm ausstrecken muss, um ihren Mantel zu berühren, und dass er mit seinen weit geöffneten Nasenflügeln die Kneipenluft in ihrem Mantel und das Parfüm an ihrem Hals wittert.
Bis unter den Schuhsohlen des Mannes ein strohhalmdürrer trockener Ast bricht.
Unwillkürlich bleibt Liz stehen, blitzartig melden sich ihre Instinkte. Die Nackenhaare sträuben sich, sie will sich umdrehen und fürchtet sich zugleich davor. Die Zeit dehnt sich â und reiÃt. Ein Männerarm legt sich um ihre Kehle wie eine stählerne Manschette. Sie wird nach hinten gerissen, ein Körper presst sich gegen sie wie ein gespannter Bogen. HeiÃer Atem dringt an ihre Wange, etwas Ledriges, Vernarbtes reibt an ihrem Ohr. Sie will schreien, doch der Arm schnürt ihr die Luft ab, und sie kann nur würgen.
»Hallo, Liz â¦Â«, wispert eine heisere Stimme.
O Gott, nein! Liz versucht panisch, Luft in ihre Lungen zu saugen.
»Lass dich fallen, Kleines«, sagt die Stimme und drückt erbarmungslos zu. »Ich nehme dich mit. Wir machen ein Fest. Wir beide und noch jemand. Am Dreizehnten.« Er lacht, und es klingt hart wie Glas. »Passt es dir?«
»Hrrr«, macht Liz und keilt mit ihren Ellenbogen nach hinten aus.
»Wie viel Kraft du hast«, sagt die Stimme. »Ich kenn so viele, die so erbärmlich schwach sind.«
Oh, bitte! Sieht mich denn keiner? Lizâ Augen treten hervor wie Tischtennisbälle. Der Arm drückt ihren Kehlkopf nach innen, ihr Körpergewicht zieht sie nach unten, und ihr Hals streckt sich immer mehr, als hinge sie an einem Galgen. Der vom Stadtlicht in Orange getauchte Himmel wird so schwarz wie die Bäume. Sterne tanzen vor ihren Augen. Verzweifelt denkt sie, dass sich gleich ihre Blase entleeren wird, wenn sie stirbt, während ihr gleichzeitig in den Sinn schieÃt, wie unglaublich nutzlos dieser Gedanke in diesem Moment ist.
Urplötzlich lässt der Arm los, und sie fällt, fällt wie eine wehrlose Stoffpuppe zu Boden. Sie blinzelt matt. Da, wo eben noch der Mann mit dem stahlharten Arm und der ledrigen Haut war, da ist jetzt â nichts.
Weg. Er ist weg!, denkt Liz ungläubig. Aber warum? Sie schnappt nach Luft, ihre Lungen wollen schier platzen. Mit dem Sauerstoff, der in ihren Brustkorb strömt, macht sich Erleichterung breit. Sie versucht, sich aufzurichten, sackt jedoch wieder zusammen. Unruhig sieht sie sich um. Wo ist er hin?
Sofort ist die Angst wieder da.
Und wenn er noch hier ist?
Ihr Blick streift die Büsche links und rechts von ihr, dann sieht sie den Weg hinunter und den Grund, warum der Mann von ihr abgelassen hat. In kaum zehn Metern Entfernung leuchtet eine StraÃenlaterne. In ihrem Schein wanken zwei männliche Gestalten heran.
Gott sei Dank! Liz will um Hilfe rufen, aber stattdessen muss sie husten.
Die beiden Männer bleiben stehen, direkt im Lichtkegel der StraÃenlampe.
»Na, guck ma an.« Der Mund des einen verzieht sich grotesk bei dem Versuch, verständlich zu sprechen. Er kneift die Augen zusammen, und seine Lippen formen ein Grinsen inmitten zahlloser Pickel. »Wenn des ma nich die Schlampe aus der Bahn is â¦Â«
Sein Saufkumpan geiert und wischt sich mit der Hand einen weiÃlichen Schleimfaden unter der Nase ab. »Un keine Videokamera weit und breit, Pussy.« Seine Stimme klingt wie eine leiernde Kreissäge.
»Nur âne beschissene Funzel«, knurrt der Pickelige und rammt seinen Fuà gegen die Laterne, doch das Ding weigert sich auszugehen.
Kapitel 5
Berlin â 1. September, 23:46 Uhr
Gabriel steigt
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