Schnitt: Psychothriller
gutgeht.«
»Nun, Herr Naumann«, lächelt Grell eisig, » mich interessiert die Leiche sehr wohl. Und vor allem interessiert mich, was Sie damit zu schaffen haben.«
Ungläubig starrt Gabriel den Kommissar an. »Was soll das? Das kann doch wohl nicht Ihr Ernst sein.«
»Nun. Ich betrachte das ganz nüchtern. Erstens: Sie tauchen hier wie selbstverständlich unmittelbar nach einem Mord am Tatort auf. Zweitens: Sie behaupten, von jemandem zur Hilfe gerufen worden zu sein, der gar nicht hier ist. Drittens: Sie sind offenbar, wie der Kollege Jansen mir gerade mitgeteilt hat, ein Security und arbeiten für die Firma Python. Interessanterweise dürfen Sie aber laut Ihrem polizeilichen Führungszeugnis keine Waffen tragen. Und viertens: Sie haben Blut an den Händen und an der Hose.«
Gabriel bleibt der Mund offen stehen. Er sieht hinab, auf seine Hände, an denen deutlich sichtbare Blutspuren kleben. »Sie wollen mir ernsthaft unterstellen, dass ich das gewesen bin? Warum?«
Grell zuckt mit den Schultern.
»Gottverdammt«, faucht Gabriel, »fragen Sie Ihre Kollegen. Die haben gesehen, dass ich neben der Leiche gekniet habe und das Laken angefasst habe. Daher kommt das Blut.«
»Vielleicht hatten Sie ja gute Gründe, zurückzukommen und sich das Blut an die Hände zu schmieren.«
»Was für Gründe denn, zum Teufel? Das ist doch krank.«
»Genau das ist der Punkt, Herr Naumann«, sagt Grell mit leiser, aber scharfer Stimme. »Oder bestreiten Sie, von 1983 bis 1988 in der Psychiatrischen Klinik Conradshöhe gewesen zu sein, in der geschlossenen Abteilung?«
Gabriel wird kreidebleich. »Das ⦠das ist zwanzig Jahre her«, stammelt er heiser. »Das ist längst gelöscht, woher â¦Â«
Der Kommissar sieht ihn abwartend an, auf seinen Lippen liegt ein hässliches spöttisches Lächeln. »Also, waren Sie in der Conradshöhe?«
»Ja«, gibt Gabriel zu, »aber woher zum Teufel wissen Sie das? Das ist â«
»Was? Illegal?« Grell hebt eine Augenbraue. »Wenn mich nicht alles täuscht, dann haben Sieâs mir gerade selbst erzählt. Ich habe nur gefragt, ob Sie das bestreiten würden â¦Â« Er lächelt süffisant.
Gabriel starrt ihn wütend an. »Die Conradshöhe hat nichts hiermit zu tun. Gar nichts! Ich will einfach nur Liz Anders finden. Das ist alles.«
»Sicher. Liz Anders.« Grell nickt, und sein Lächeln friert ein. »Wenn es so ist, umso besser. Aber ich denke, Sie werden verstehen, wenn ich mir unter diesen Umständen etwas Zeit nehmen muss, das alles zu überprüfen.«
Gabriel spürt, wie Schusters riesige Pranken sich um seinen rechten Oberarm schlieÃen. Jansen tritt von links an ihn heran und fingert eine Handschelle aus seinem Gürtel. Eine Welle von Panik und Wut erfasst Gabriel.
Es geht wieder los, Luke, flüstert die Stimme. Siehst du? Ich habâs dir gesagt. Es geht immer wieder los.
Gabriels Augenlider zucken, nur ganz leicht. Dann schnellt sein rechter Unterarm wie eine gespannte Feder empor, und seine Faust donnert mitten in Schulzes Gesicht. Der Polizist lässt ihn augenblicklich los, taumelt nach hinten und hält sich die Nase. Zwischen seinen Fingern quillt Blut hervor.
Gabriel schwingt seinen linken Arm in einer plötzlichen Kreisbewegung, wie einen Windmühlenflügel, und windet sich aus Jansens Griff. Blitzschnell holt Gabriel zu einem Schlag mit der linken Handkante aus und â
»Stopp!«, brüllt eine scharfe Stimme.
Gabriel erstarrt. Im sicheren Abstand von mehreren Metern steht Grell, mit seiner schwarz schimmernden Dienstwaffe im Anschlag. »Geben Sie mir einen Grund, abzudrücken, Sie Irrer, nur einen einzigen!«
Langsam lässt Gabriel die Hände sinken. Eine lähmende Verzweiflung senkt sich auf ihn herab. Für einen Sekundenbruchteil sieht er breite Ledergurte um seinen Körper. Das Braun der Gurte ist die einzige Farbe zwischen all dem Weià und Stahl. Sonst ist da nur noch das fahle Rosa der Haut in den Gesichtern der Männer.
Verlier jetzt bloà nicht die Kontrolle, Luke. Du weiÃt, was dann passiert.
Hab ich doch schon, denkt er verzweifelt. Ich hab doch schon die Kontrolle verloren.
Die Handschellen, die ihm angelegt werden, brennen auf der Haut. Die Arme nicht bewegen zu können macht ihm Angst. Reflexartig steigt Ãbelkeit in ihm auf, und er
Weitere Kostenlose Bücher