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Schnitt: Psychothriller

Schnitt: Psychothriller

Titel: Schnitt: Psychothriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Raabe
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Blick.
    Â»Eigentlich nicht«, lächelt David unsicher, wie er es immer tut, wenn er Menschen zu nahe kommt, die so viel Macht ausstrahlen. Automatisch wechselt er die Kaffeetasse in die linke Hand und streckt von Braunsfeld die rechte hin. »Ich arbeite für Sie. In der Unterhaltung von TV 2. Entwicklung und Realisation von Shows und Reality-Formaten.«
    Â»Verstehe«, nickt von Braunsfeld. Er lächelt. Ein merkwürdig gerades Lächeln, bei dem weder die Zähne zu sehen sind noch die Augen mitlachen. Sein Händedruck ist kühl und kräftig, wenn auch die Finger dünn und knotig wirken. »Und Sie heißen?«
    Â»Naumann«, ergänzt David hastig. »David Naumann.«
    Von Braunsfeld zieht seine Hand rasch zurück, eine Spur zu schnell, denkt David, als hätte er eine schmerzende Stelle berührt.
    Â»Naumann? Ach ja, die Treasure-Castle- Geschichte«, sagt er. »Haben Sie etwas mit Wolf Naumann zu tun, dem Kameramann?«
    David sieht ihn verblüfft an, dann nickt er. »Ich bin sein Sohn. Kannten Sie ihn?«
    Von Braunsfeld hebt die Hände in einer abwehrenden Geste. Sein Siegelring blitzt für einen Moment auf. »Nicht wirklich. Aber war ja eine schlimme Geschichte damals, in unserer Branche, wenn Sie so wollen, das ging ja rauf und runter durch die Presse.«
    Â»Ja«, sagt David zugeknöpft. Er spürt Karla Wiegands neugierigen Blick in seinem Rücken und wappnet sich gegen die unvermeidlichen Fragen. Die Fragen, die er so sehr hasst und die ihm doch immer wieder gestellt werden, sogar heute noch. Es gab Zeiten, da hätte er sich am liebsten ein »Ich weiß es auch nicht!« auf die Stirn tätowiert. Der ganze Alptraum war schließlich passiert, während er in seinem Zimmer eingesperrt gewesen war.
    Â»Na, dann noch gutes Gelingen«, sagt von Braunsfeld unverbindlich, nickt ihm zu und ist mit raschen Schritten durch die Tür.
    Erleichtert und zugleich verwundert sieht David ihm nach. Neben ihm räuspert sich Karla Wiegand vernehmlich und deutet mit dem Daumen auf die geöffnete Flügeltür von Bugs Büro. »Mr News wartet …«
    David nickt und wechselt gedanklich die Spur. Er will gerade Bugs Büro betreten, da stutzt er. »Ach, Karla, weißt du, wovon da vorhin die Rede war? Eine neue Folge Carpe Noctem ?«
    Karla Wiegand zuckt mit den Schultern. »Keine Ahnung. Irgendein neues Format vermutlich.«
    Â»Aber nicht bei uns, oder?«
    Â»Ich glaube nicht, aber von Braunsfeld hat ja überall seine Finger im Spiel.«
    Â»Na dann«, murmelt David und betritt das Büro des Nachrichtendirektors. Ein paar Tropfen Milchkaffee schwappen über den Rand seiner Tasse und versinken im grauen Teppich.
    Dr. Robert Bug steht am Fenster seines Büros und starrt wie ein unzufriedener Grizzly hinaus in den Nieselregen. Er hat den massigen Körperbau eines Fünfzigjährigen, der aus den Nähten platzt, einen Quadratschädel mit wuchtigem Kinn und dichte braune Haare. »Wusste gar nicht, dass dein Vater Kameramann war«, sagt Bug anstelle einer Begrüßung.
    Â»Haben wir so laut geredet?«
    Â»Bei den News braucht man gute Ohren«, entgegnet Bug, ohne sich umzudrehen. »Was war das denn für eine ›schlimme Geschichte‹, von der Victor da gerade gesprochen hat?«
    Nicht auch noch du, denkt David. »Lass mal, das ist dreißig Jahre her. Fällt sicher nicht in den Bereich News.«
    Bug dreht sich um und sieht David an. Seine dunklen, etwas hervorstehenden Augen funkeln. »Scheint dir ja mächtig peinlich zu sein, deine Familie.«
    Ich hab keine Familie, denkt David. Er öffnet den Mund, um Bug eine passende Antwort zu geben, aber in diesem Moment vibriert sein Handy. Die Bank! , ist sein erster Gedanke. Er greift in die Innentasche seines Sakkos und schielt auf das Display, nur für den Fall, dass es doch jemand anders ist. Irgendeine Berliner Nummer, Festnetz. Er stutzt, weil er glaubt, die ersten Ziffern zu kennen, aber er kann sie nicht zuordnen.
    Â»Jetzt komm schon«, sagt Bug. »Früher oder später krieg ich’s ja ohnehin raus.«
    David steckt das Handy wieder ein und sieht Bug abweisend an. »Sag mal, ist Saure-Gurken-Zeit, oder warum stocherst du in anderer Leute Privatleben rum? Warum hast du mich überhaupt kommen lassen?«
    Â»Ach, scheiß der Hund drauf.« In gespielter Verzweiflung hebt Bug die Pranken und

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