Schnitt: Psychothriller
Lichterfelde, wie gesagt. Im Kadettenweg 107, das ist mit dem Auto mindestens eine halbe Stunde vom Volkspark entfernt. Da gab es einen Alarm, der bei Python angezeigt wurde, das ist die Sicherheitsfirma, für die ich arbeite.«
»Und im Kadettenweg hat Sie jemand gesehen?«
»Nein, nicht direkt. Aber ich bin um halb zwölf aus der Python-Zentrale los und um Viertel vor zwölf im Kadettenweg angekommen.«
»Haben Sie die Alarmanlage dann abgeschaltet? Gibt es da ein elektronisches Protokoll oder so was?«
Gabriel stutzt. »Nein. Ich kam nicht dazu. Ich bin rein, im Haus gab es FuÃspuren, es sah nach einem Einbruch aus. Irgendjemand war im Haus. Das Tor an der StraÃe und auch die Haustür waren offen. Ich bin runter in den Keller zur Alarmanlage, direkt daneben hing seltsamerweise ein Kleid, sah aus wie neu. So ein schwarzer, glitzernder und teurer Stoff. Dann hat meine Freundin angerufen, sie brauchte dringend Hilfe, sie war schwer verletzt, jemand hätte sie im Park Friedrichshain überfallen. Dann bin ich sofort los.«
»Und die Alarmanlage haben Sie nicht abgeschaltet?«
»Nein.«
Das Walross schnaubt Luft durch die Nasenflügel. Die herabhängenden Barthaare bewegen sich keinen Deut. »Und Zeugen? Gibt es irgendjemanden, der das bezeugen kann?«
»Bert Cogan, mein Kollege in der Zentrale. Und mein Chef, Yuri Sarkov. Mit dem habe ich um zwanzig nach elf noch telefoniert, als ich mit Cogan in der Zentrale war.«
»Sonst noch jemand?«
Gabriel denkt an den Unfall und zögert einen Moment. Dann seufzt er. »Zwei StraÃen hinter dem Kadettenweg hatte ich einen kleinen Unfall«, murmelt er. »Ein Jaguar, dunkelblau. Eine Frau und ein Mann. Sie hatte eine Leopardenfelljacke an. Er saà am Steuer. Hat mir die Vorfahrt genommen, und ich bin denen reingerauscht.«
»Haben Sie mit den beiden gesprochen?«
»Nein«, sagt Gabriel und starrt zur Seite, an die Wand. »War nur ein Blechschaden. Ich bin direkt weiter. Aber ich bin mir sicher, die Frau hat mich gesehen.«
Der Polizist sieht ihn regungslos an. »Sie wissen, dass das Fahrerflucht ist?«
Gabriel nickt, sagt aber kein Wort.
»Haben Sie das Kennzeichen?«
Gabriel schüttelt den Kopf.
Das Walross prustet unvermittelt. »Also gut. Wir überprüfen das, und ich rede mit Kommissar Grell. Aber selbst wenn das alles stimmt, haben Sie ein Problem. Der Kollege, den Sie niedergeschlagen haben, liegt immer noch im Krankenhaus.« Er wendet sich ab und will das kleine Fenster schlieÃen.
»Warten Sie, mein Telefonat«, ruft Gabriel.
Der Polizist hält inne und sieht ihn feindselig an. Widerwillig streckt er ihm das Telefon hin. »Sehen Sie bloà zu, dass Sie den Typen erreichen. Aber eins sage ich Ihnen: Wenn Ihre Geschichte faul ist, dann werden Sie mehr als einen Anwalt brauchen, um hier rauszukommen.«
Gabriel greift nach dem speckigen Hörer. Wenn David eines nicht ist, dann Anwalt. Aber ein Anwalt ist im Moment auch nicht, was er braucht. Wieder muss er an Liz denken, er sieht ihr Gesicht vor sich, die roten Haare, die zwar mehr oder weniger glatt sind, aber dennoch widerspenstig und in beinah jede Himmelsrichtung zeigen.
Du bist ein verdammter Idiot, Luke.
Warum? Weil ich dem Bullen von der Fahrerflucht erzählt habe?
Verkauf mich nicht für blöd. Du weiÃt genau, was ich meine.
Halt die Klappe!, flüstert Gabriel.
Ich will nur helfen.
Kapitel 13
Berlin â 2. September, 10:42 Uhr
Davids Magen ist in Aufruhr. Zu viel Kaffee. Zu viel Bug. In der Toilette mustert er sein Spiegelbild. Das zerknitterte weiÃe Hemd, das blasse Gesicht, die angestrengten grünen Augen und die tiefer werdenden Falten um den Mund. Er versucht zu lächeln, obwohl ihm überhaupt nicht danach zumute ist. Auch das, findet er, sieht man ihm an.
Er schiebt Hemd- und Sakkoärmel nach oben, dreht das kalte Wasser auf und lässt es über seine Pulsadern laufen. Erst als ein Kollege die Toilette betritt, hört er auf damit und tut so, als hätte er sich gerade die Seife von den Händen gespült.
Der kürzeste Weg zu seinem Schreibtisch führt an Bugs Büro vorbei, also nimmt er den Umweg durch die Postproduktion des Senders, ein langer Gang mit Türen links und rechts, wie in einem Hühnerstall, mit Schnittplätzen, auf denen Beiträge für die News und die Magazine geschnitten werden. Interviewfetzen schwirren
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