Schnitt: Psychothriller
durch die Luft. In der Edit-Suite 8 wird ein News-Beitrag über Benedikt XVI . geschnitten, direkt gegenüber, in der 15, flimmern ein paar vergröÃerte Brüste über die Screens, und in der 7 verhandelt ein prominenter Schuldenberater mit einem Banker. David lächelt bitter.
Er stöÃt die Tür zwischen der Postproduktion und dem Graphikbereich auf, da vibriert es in seinem Sakko abermals. Ohne seinen Schritt zu bremsen, greift er nach dem Handy und versucht, es aus der Innentasche zu fischen, aber das Telefon sitzt quer. David schielt nach unten und zerrt an dem vibrierenden Etwas, dann knallt sein Kopf gegen ein Hindernis, etwas Festes. Ein dumpfer knöcherner Ton fährt durch seinen Schädel. Er strauchelt vorwärts, reiÃt etwas um und stolpert darüber. »Verflucht! Was â«
»Autsch!«
David reibt sich den schmerzenden Schädel. Ein braunes Paar Augen funkelt ihn wütend an. Vor ihm, mitten auf dem Flur des Graphikbereichs, sitzt Shona McNeal und reibt sich ebenfalls den Kopf. »O Shit! Muss ich hier ân Zebrastreifen malen, um sicher auf die andere Seite zu kommen?« Sie stöhnt und tastet die Kopfhaut unter ihrer braunen Mähne ab.
»Tut mir leid, mein Handy â¦Â« Er greift mit der Hand wieder in die Tasche, aber das Telefon ist verstummt. Verlegen sieht er sie an.
Shona McNeal streckt ihm wortlos eine Hand entgegen. David greift danach und zieht sie hoch. Als sie vor ihm steht, schüttelt sie ihren Kopf mit den widerspenstigen braunen Locken. »Reset«, murmelt sie. Ein ironisches Lächeln umspielt ihren Mund. »Ist das deine Art, unliebsame Kollegen loszuwerden?«
»Wieso unliebsam?«, fragt David.
»Seit dem letzten Job hab ich nichts mehr von dir gehört, da dachte ich â«
»Quatsch«, sagt David. »War in Ordnung. Wir habenâs doch genommen, ohne Korrektur oder irgendwelche Verschlimmbesserungen. Du hast die Sendung doch gesehen.«
»Klar, hab ich.« Shona sieht an sich hinab und sortiert ihr lässig geknöpftes Hemd. Ein knapp sitzender sportlicher BH blitzt auf. »Wäre nur nett gewesen, vorher was zu hören.«
»Aber du wusstest doch, dass mir der Vorspann gefällt.«
Shona verdreht die Augen. »O Mann! Ihr Typen, ihr macht einen irre.«
»Im Ernst. Ich hab gesagt, dass es mir gefällt«, beharrt David und bemüht sich, den Blick auf ihr Gesicht zu richten. Nur nicht tiefer.
» Gesagt? Du meinst diese Sache mit den Worten, wo man mit dem anderen spricht? So wie zum Beispiel âºtolles Introâ¹ oder âºgute Arbeitâ¹?« Sie lächelt spöttisch und schüttelt den Kopf. »Sorry, aber da könnte ich mich dran erinnern.«
David zuckt mit den Schultern. Er kann sich tatsächlich nicht mehr daran erinnern, was er an jenem Tag von sich gegeben hat â oder was nicht. Er war viel zu sehr damit beschäftigt gewesen, Shona bei ihrer Arbeit zu beobachten, wie ihre feingliedrigen Hände mit spielerischer Präzision die graphischen Tools für seine Sendung gestaltet hatten. Er musste nicht viel sagen, nur nicken. Anstrengend war einzig und allein, nicht immer wieder mit dem Blick in ihren Ausschnitt zu rutschen, so wie auch jetzt. Es faszinierte ihn, dass sie es nicht darauf anlegte, Blicke einzusammeln. Das lockere Hemd war ihr wie auf den Leib geschneidert, mit den offenen Hemdsärmeln, die ihr um die Gelenke wehten, es passte zu den Converse-Turnschuhen und der Fliegeruhr an ihrem Handgelenk. Sie wirkte, als bräuchte sie die viele Luft auf der Haut, um zu atmen, nicht um zu verführen. Umso verrückter, dass sie sich mit diesem egomanen Kotzbrocken eingelassen hatte.
Als er merkt, wo auch jetzt wieder seine Augen ruhen, richtet er den Blick rasch nach oben und errötet.
»Schön, dass es dir wenigstens im Nachhinein etwas peinlich ist«, bemerkt sie süffisant.
Was genau meint sie jetzt? David hasst es, rot zu werden. Zeit zu kontern. »Hast du dir Sorgen gemacht?«
»Wieso Sorgen?«
»Wegen der Ãhnlichkeit mit dem Mystix-Design«, sagt David und verkneift sich ein Grinsen, als er ihre Reaktion sieht.
»Shit«, murmelt Shona. »Ich dachte, das merkt keiner.«
»Schon okay. Hier klaut ja eh jeder bei jedem.«
»Also doch zufrieden?«
David schafft ein Nicken, ohne dass es nach einem eindeutigen »Ja« aussieht.
»Wow.« Shona legt den Kopf schief.
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