Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schnitt: Psychothriller

Schnitt: Psychothriller

Titel: Schnitt: Psychothriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Raabe
Vom Netzwerk:
in eine diffuse nachtschwarze Suppe, in der Lichtflecken schwimmen.
    Â»Hör zu«, sagt Gabriel schroff. »Dieser Typ ist ein Psychopath. Er hat deine Mutter nicht nur umgebracht. Er hat sie regelrecht abgeschlachtet. Er hat sie von unten nach oben aufgeschlitzt und ihr dann die Eingeweide rausgenommen. Vermutlich hat sie dabei noch gelebt und musste zusehen. Was glaubst du, hat er mit dir vor, wenn er dich erwischt?«
    Jonas’ Gesicht ist weiß wie Kalk.
    Stille breitet sich aus. Der feuchte Asphalt rauscht leise, und die Gummis der Scheibenwischer schmieren über das Glas.
    Â»Also«, setzt Gabriel nach. »Wenn ich dir helfen soll, dann musst du schon mit mir reden. Klar?«
    Jonas kaut auf seinen Lippen, fast eine Minute lang. Schließlich sagt er leise: »Ich … ich hab ihn schon mal gesehen.«
    Â»Wo?«
    Â»Im Friedrichshain. Er hat … Pit umgebracht, einen Freund von mir. Aber ich konnte abhauen. Deswegen sucht er mich …«
    Â»Weil du weißt, wie er aussieht?«
    Jonas nickt. Er wischt sich abermals mit der Hand die Nase ab, dann schlingt er die Arme um sich selbst, als müsse er sich festhalten. »Er hatte so was wie ’ne Maske auf, irgendeine Mütze, aber Pit hat sie ihm runtergerissen. Er … sein Gesicht ist … die eine Hälfte sieht aus wie’n Zombie.«
    Â»Ein Zombie?«
    Â»Ich weiß nicht, wie nach ’nem Unfall oder so. Die andere Hälfte war ganz normal.«
    Â»Welche Hälfte?«
    Jonas zuckt mit den Schultern. »Ich glaub, die … rechte?«
    Â»Und was noch?«
    Â»Die Hand war komisch. Das sah irgendwie nicht echt aus, wie Plastik oder so.«
    Â»Eine Prothese.«
    Â»Ja, vielleicht.«
    Â»Welche Seite?«
    Â»â€¦ auch rechts.«
    Â»Was fällt dir noch ein?«
    Â»Weiß nich«, sagt Jonas mit belegter Stimme. Sein Blick irrt durch die Windschutzscheibe. »Er is blond. Vielleicht fünfzig. Ungefähr so groß wie Sie.« Zwischen den Bäumen auf dem schmalen Grünstreifen brechen sich die Scheinwerfer eines entgegenkommenden Autos zu langen Lichtfingern. »Werden Sie … ihn schnappen?«
    Da er an deinem Arsch klebt, hoffentlich!, denkt Gabriel. Und ansonsten muss ich dich wohl auf einem Silbertablett servieren …
    Â»Werden Sie?«
    Gabriels Hände umfassen das Lenkrad fester, er denkt an Liz und spürt, wie sich seine eiserne Beherrschung in Wut verwandelt. »Warum hast du eigentlich im Park nicht die Polizei gerufen?«
    Â»Ich … was?«
    Â»Was ist im Park passiert? Warum hat er deinen Kumpel umgebracht?«
    Â»Ich, ich weiß ni–«
    Â»Lüg mich nicht an.«
    Jonas starrt ihn an. Der grelle Lichtkegel eines Wagens streift sein Gesicht, und er blinzelt unkontrolliert; der schützende Grünstreifen zwischen den Fahrbahnen ist weg.
    Â»Spuck’s aus. Was ist im Park passiert? Irgendwas muss passiert sein, sonst hättest du die Polizei gerufen. Wovor hast du Angst?«
    Jonas stöhnt. »Da war«, murmelt er, »da war noch so ’ne Frau.«
    Â»Was für ’ne Frau?«
    Â»Rote Haare. Die lag da so.«
    Liz! Gabriels Magen verknotet sich. »Was heißt das, die lag da so?«
    Â»Weiß nich.«
    Stille.
    Â»Die lag halt so da, auf dem Boden. Irgendwas war mit der komisch.«
    Â»Und dann?«
    Â»Na ja«, windet sich Jonas. »Die hat uns angemacht. Vorher, in der Bahn. Die Braut war echt scheiße drauf, so provomäßig. Die brauchte ’ne Abreibung, da haben wir ihr’s gegeben und –«
    Gabriel tritt unvermittelt auf die Bremse und schlägt das Lenkrad des Chryslers nach rechts ein. Die Vorderräder des Vans knallen gegen die Bordsteinkante, und der Wagen macht einen Satz, dann kommt er kreischend zum Stehen, am Straßenrand, unmittelbar vor einer Kreuzung. Dreißig Meter weiter ist eine Bahnüberführung, die über der Straße hängt wie ein Fallbeil aus Beton.
    Schlag ihm den Schädel ein – jetzt, jetzt sofort! , fordert die Stimme in Gabriels Kopf.
    Halt dich raus, verflucht. Halt dich da bloß raus.
    Gabriel schluckt und versucht, seine brodelnden Gefühle unter Kontrolle zu bekommen.
    Mach schon, verdammt. Dann haben wir’s endlich hinter uns. Du wirst dich besser fühlen …
    Â»Abreibung?«, fragt Gabriel. Seine Augen bohren sich in die von Jonas. »Hast du Abreibung

Weitere Kostenlose Bücher