Schnitt: Psychothriller
in eine diffuse nachtschwarze Suppe, in der Lichtflecken schwimmen.
»Hör zu«, sagt Gabriel schroff. »Dieser Typ ist ein Psychopath. Er hat deine Mutter nicht nur umgebracht. Er hat sie regelrecht abgeschlachtet. Er hat sie von unten nach oben aufgeschlitzt und ihr dann die Eingeweide rausgenommen. Vermutlich hat sie dabei noch gelebt und musste zusehen. Was glaubst du, hat er mit dir vor, wenn er dich erwischt?«
Jonasâ Gesicht ist weià wie Kalk.
Stille breitet sich aus. Der feuchte Asphalt rauscht leise, und die Gummis der Scheibenwischer schmieren über das Glas.
»Also«, setzt Gabriel nach. »Wenn ich dir helfen soll, dann musst du schon mit mir reden. Klar?«
Jonas kaut auf seinen Lippen, fast eine Minute lang. SchlieÃlich sagt er leise: »Ich ⦠ich hab ihn schon mal gesehen.«
»Wo?«
»Im Friedrichshain. Er hat ⦠Pit umgebracht, einen Freund von mir. Aber ich konnte abhauen. Deswegen sucht er mich â¦Â«
»Weil du weiÃt, wie er aussieht?«
Jonas nickt. Er wischt sich abermals mit der Hand die Nase ab, dann schlingt er die Arme um sich selbst, als müsse er sich festhalten. »Er hatte so was wie âne Maske auf, irgendeine Mütze, aber Pit hat sie ihm runtergerissen. Er ⦠sein Gesicht ist ⦠die eine Hälfte sieht aus wieân Zombie.«
»Ein Zombie?«
»Ich weià nicht, wie nach ânem Unfall oder so. Die andere Hälfte war ganz normal.«
»Welche Hälfte?«
Jonas zuckt mit den Schultern. »Ich glaub, die ⦠rechte?«
»Und was noch?«
»Die Hand war komisch. Das sah irgendwie nicht echt aus, wie Plastik oder so.«
»Eine Prothese.«
»Ja, vielleicht.«
»Welche Seite?«
»⦠auch rechts.«
»Was fällt dir noch ein?«
»Weià nich«, sagt Jonas mit belegter Stimme. Sein Blick irrt durch die Windschutzscheibe. »Er is blond. Vielleicht fünfzig. Ungefähr so groà wie Sie.« Zwischen den Bäumen auf dem schmalen Grünstreifen brechen sich die Scheinwerfer eines entgegenkommenden Autos zu langen Lichtfingern. »Werden Sie ⦠ihn schnappen?«
Da er an deinem Arsch klebt, hoffentlich!, denkt Gabriel. Und ansonsten muss ich dich wohl auf einem Silbertablett servieren â¦
»Werden Sie?«
Gabriels Hände umfassen das Lenkrad fester, er denkt an Liz und spürt, wie sich seine eiserne Beherrschung in Wut verwandelt. »Warum hast du eigentlich im Park nicht die Polizei gerufen?«
»Ich ⦠was?«
»Was ist im Park passiert? Warum hat er deinen Kumpel umgebracht?«
»Ich, ich weià niâ«
»Lüg mich nicht an.«
Jonas starrt ihn an. Der grelle Lichtkegel eines Wagens streift sein Gesicht, und er blinzelt unkontrolliert; der schützende Grünstreifen zwischen den Fahrbahnen ist weg.
»Spuckâs aus. Was ist im Park passiert? Irgendwas muss passiert sein, sonst hättest du die Polizei gerufen. Wovor hast du Angst?«
Jonas stöhnt. »Da war«, murmelt er, »da war noch so âne Frau.«
»Was für âne Frau?«
»Rote Haare. Die lag da so.«
Liz! Gabriels Magen verknotet sich. »Was heiÃt das, die lag da so?«
»Weià nich.«
Stille.
»Die lag halt so da, auf dem Boden. Irgendwas war mit der komisch.«
»Und dann?«
»Na ja«, windet sich Jonas. »Die hat uns angemacht. Vorher, in der Bahn. Die Braut war echt scheiÃe drauf, so provomäÃig. Die brauchte âne Abreibung, da haben wir ihrâs gegeben und â«
Gabriel tritt unvermittelt auf die Bremse und schlägt das Lenkrad des Chryslers nach rechts ein. Die Vorderräder des Vans knallen gegen die Bordsteinkante, und der Wagen macht einen Satz, dann kommt er kreischend zum Stehen, am StraÃenrand, unmittelbar vor einer Kreuzung. DreiÃig Meter weiter ist eine Bahnüberführung, die über der StraÃe hängt wie ein Fallbeil aus Beton.
Schlag ihm den Schädel ein â jetzt, jetzt sofort! , fordert die Stimme in Gabriels Kopf.
Halt dich raus, verflucht. Halt dich da bloà raus.
Gabriel schluckt und versucht, seine brodelnden Gefühle unter Kontrolle zu bekommen.
Mach schon, verdammt. Dann haben wirâs endlich hinter uns. Du wirst dich besser fühlen â¦
»Abreibung?«, fragt Gabriel. Seine Augen bohren sich in die von Jonas. »Hast du Abreibung
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