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Schnitt: Psychothriller

Schnitt: Psychothriller

Titel: Schnitt: Psychothriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Raabe
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offenen Handflächen. »Ihr Bruder ist ein gefährlicher Mann«, sagt er entschuldigend.
    David weicht einen Schritt zurück. »Was wollen Sie?«
    Â»Darf ich reinkommen?«
    Â»Tut mir leid. Ich hab’s eilig.«
    Â»Wollen Sie nicht endlich Antworten auf Ihre Fragen?« Der Mann lächelt, freudlos und ruhig.
    Â»Welche Fragen?«
    Â»Jeder hat Fragen. Aber Sie haben ein paar besondere, nicht wahr? Und Ihr Bruder kann Ihnen die Antworten nicht geben. Er sagt, er kann sich nicht an die Nacht erinnern. Oder vielleicht will er es auch einfach nicht.« Die Augen hinter der kleinen Brille haften auf Davids Gesicht, warten auf eine Reaktion. Das schüttere Haar leuchtet wie Draht im Gegenlicht. David hat ein ungutes Gefühl, er fragt sich, woher der Mann das alles hat – und vor allem, was er noch alles weiß. Wortlos öffnet er die Tür und gibt den Durchgang frei.
    Der Mann quittiert es mit einem Lächeln, neigt höflich den Kopf und tritt ein. Seine hellen farblosen Augen fliegen über den Parkettboden, die Wände und Möbel. Im Wohnzimmer setzt er sich wie selbstverständlich auf eines der beiden grauen Sofas und schlägt die Beine übereinander.
    David beobachtet ihn stumm. Mit seinem faltenlosen grauen Trenchcoat und der blassen Gesichtsfarbe verschwindet er fast auf dem Sofa. Ein Buchhalter, denkt David. Wäre da nicht die Waffe in der Manteltasche.
    Â»Hübsche Wohnung haben Sie. Ein bisschen leer, aber hübsch.«
    David verzieht den Mund. »Was wissen Sie über den Tod meiner Eltern?«
    Der Mann ignoriert die Frage und deutet auf den rechteckigen Schmutzrand an der Wand. »Wo ist denn die schöne Dalí-Studie hin? Ich dachte, Sie hängen so an dem Bild.«
    David starrt ihn an, öffnet den Mund – und klappt ihn wieder zu.
    Â»Weg? Wie alles andere auch?«
    Â»Wer zum Teufel sind Sie?«, flüstert David.
    Â»Ihr Bruder hat lange Zeit für mich gearbeitet«, sagt der Mann. »Sehr lange Zeit.«
    David mustert den Mann sprachlos.
    Â»Die haben Sie abgezogen, David. Dieser Vergleich war eine verdammte Schweinerei. Treasure Castle war Ihr Format. Sie hätten es auf den Prozess ankommen lassen sollen. Ihre Chancen waren gar nicht so schlecht.«
    Â»Was wissen Sie denn schon«, sagt David.
    Der Mann zuckt mit den Schultern. »Sie kämpfen nicht gerne, oder?«
    Davids ungutes Gefühl wächst. »Was zum Teufel wissen Sie über die Nacht, in der meine Eltern getötet wurden?«, fragt er mit belegter Stimme.
    Â»Mit wie viel stehen Sie noch in der Kreide, David? Zwei Millionen? Drei?«
    Â»Das geht Sie nichts an.«
    Â»Mit der Hypothek auf die Wohnung, den Verlusten aus dem Immobilienfonds, den Anwaltskosten und dem Rest aus diesem unglücklichen Vergleich dürften es wohl ziemlich genau drei Millionen sein, nicht wahr?«
    Â»Warum habe ich das Gefühl«, fragt David, »dass Sie sich in meinem Leben besser auskennen als ich?«
    Der Mann lehnt sich vor. »Hören Sie, David. Ich verstehe ehrlich gesagt nicht, warum Sie nicht wütend sind. Sie haben allen Grund dazu. Man hat Sie verarscht und nackt ausgezogen …«
    Davids Mund ist plötzlich staubtrocken. Er will etwas entgegnen, aber ihm fällt nichts ein. Plötzlich muss er an Shona denken. Er schaut zum Herd in der Wohnküche. 22:03 Uhr. Sie wird stinkwütend sein.
    Â»Ich kann Ihnen helfen, mein Junge. Ich kann Ihnen helfen, da rauszukommen.«
    Â»Sie?« David sieht den blassen Mann skeptisch an, dann lacht er bitter. »Wie wollen Sie das anstellen? Mir drei Millionen geben?«
    Der Mann lacht leise und schüttelt den Kopf. »Nein, sicher nicht. Ich gebe Ihnen etwas viel Besseres. Etwas, das Sie viel dringender brauchen.«
    Â»Ich kann mir nicht vorstellen, was das sein sollte.«
    Â»Ich gebe Ihnen Ihre Selbstachtung zurück, mein Junge. Ihren Stolz! « Die Augen des Mannes blitzen energiegeladen hinter den Brillengläsern. »Ich könnte Ihnen die Rechte an Ihrem Format wiederbeschaffen.«
    David starrt ihn an. Seine Hände werden feucht, sein Herz schlägt rascher. »Ich … ich bin mir nicht sicher, ob ich hören will, was ich dafür tun muss.«
    Â»Sie müssen mir nur sagen, wo ich Gabriel finde.«
    Â»Haben Sie nicht gerade gesagt, dass er für Sie arbeitet? Warum wissen Sie dann nicht, wo er steckt?«
    Â»Ich sagte: Er hat bei mir

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