Schnittmuster
für uns hat.« Sie fischte einen Caramilk-Riegel aus ihrer Jackentasche.
Striker starrte auf den Schokoriegel. »Grundgütiger, isst du gelegentlich auch mal was anderes?«
»Ja, Snickers.« Sie brach ein Stück ab und drückte es ihm in die Hand. »Da, für dich, Nervennahrung. Wenn das so weitergeht, bekommen wir heute wieder nichts Vernünftiges in den Magen. AuÃerdem«, sie lächelte süÃ-sauer, »kommt er von Herzen.«
Striker schob sich grinsend die Schoki zwischen die Kiemen. Im Gegensatz zu ihm war Felicia eine Naschkatze, aber er hatte Hunger, weil er seit dem Frühstück nichts mehr gegessen hatte. Er lieà das Karamell auf der Zunge zergehen und kratzte sich das Kinn. Er hatte sich seit zwei Tagen nicht mehr rasiert, und der stoppelige Bartansatz juckte. Er seufzte frustriert und grummelte: »Irgendwas Neues in Sachen öffentlicher Suchmeldung?«
»Nein, das Kwan-Mädchen ist noch nicht aufgetaucht. Wir haben jeden ihrer Verwandten angerufen â da ist sie nirgends â und Vermisstenmeldungen durchgegeben und so weiter.«
»Was ist mit ihrer Handynummer?«
Felicia schnitt ihm ein Gesicht. »Sie hat eine Prepaid-Karte, und die war leer. Wir haben das Handy in ihrem Zimmer gefunden.«
Striker raufte sich stöhnend die Haare.
»Entspann dich, Jacob. Du stresst hier rum und machst dich dabei selbst verrückt. Wir sind wegen der Ãbersetzung hier. Wir müssen uns darauf konzentrieren, bis wir etwas Aufschlussreicheres haben.« Sie bot ihm noch ein Stück Schokolade an. Als er ablehnte, grinste sie. »Das ist ein Ersatz für Sex, weiÃt du.«
»Wenn ich deswegen Schokolade essen würde, wäre ich rund wie eine Kugel.«
Magui Yagata kam aus ihrem Büro in den Warteraum. Sie war Ende fünfzig, und das sah man ihr auch an, fand Striker. Resolut und ein launischer Vogel, sagte sie nicht mal Hallo, sondern schnappte ihm die Disk aus der Hand.
»Blu-ray, hm?«, ätzte sie. »Mann, haben Sie ein Glück, dass wir kürzlich ein neues Gerät für diesen Medientyp bekommen haben. Irgend so ein Arschloch hat den alten geschrottet.«
»Schön, Sie mal wieder zu sehen, Magui. Wie fühlen Sie sich denn so?«
»Wie ein benutztes Kondom. Folgen Sie mir, beide.«
Magui schwenkte herum und verlieà den Raum. Felicia schoss Striker einen Blick zu, als wollte sie sagen: Was hat die alte Schreckschraube jetzt wieder?, und zuckte mit den Achseln.
Das war Magui live.
Sie folgten ihr in den Nebenraum, in dem Tische, Stühle und eine Videoeinheit standen. Striker und Felicia setzten sich an einen der Tische und warteten. Magui sah stirnrunzelnd auf ihre Armbanduhr, als hätte sie Dringenderes und Wichtigeres zu erledigen. Sie schaltete den Monitor ein, schob die Disk ein, drückte auf Play.
Dann beobachtete Striker das Massaker ein weiteres Mal.
Und wieder verblüffte ihn seine eigene Reaktion, die genauso heftig war wie beim ersten Mal, als er sich das Video angeschaut hatte.
Am Schluss entkrampfte er seine ineinander verschränkten Finger und blickte zu Magui. Sie sah kein bisschen geschockt oder betroffen oder entsetzt aus. Stattdessen breitete sich ein Hauch von dunkler Faszination auf ihrem Gesicht aus, hässlich wie ein Geburtsmal. Sie stand wortlos auf und fummelte an dem Blu-ray-Player herum.
Felicia neigte sich dicht zu ihm und flüsterte: »Bei der Alten krieg ich die Krise.«
Striker nickte kaum merklich. »Geht mir ähnlich, aber wir brauchen sie â sie spricht immerhin elf Sprachen flieÃend.« Er blickte abermals zu Magui und wurde dienstlich.
»Können Sie mir übersetzen, was sie sagen, oder nicht?«, fragte er.
»Sie Witzbold, natürlich kann ich das.« Magui lieà das Band erneut laufen. An der Stelle, wo die beiden Amoktäter miteinander redeten, kurz bevor der als Joker verkleidete Junge getötet wurde, begann Magui zu übersetzen.
»Ziel eins und Ziel zwei eliminiert. Ziel vier nicht lokalisiert.«
Striker horchte auf. » Ziel? «
»Das ist die korrekteste Ãbersetzung.«
Striker lieà das Gesagte auf sich wirken. Ziel. Der Begriff irritierte ihn, nicht wegen seiner Bedeutung, sondern wegen des Kontexts; er wurde ganz bewusst verwendet, statt »sie« oder »er« oder eines Namens. Dahinter steckt bestimmt ein Motiv, überlegte der Ermittler, nämlich das, die Opfer zu
Weitere Kostenlose Bücher