Schnittmuster
und mit aller Kraft, aber One-tooth hielt ihn gnadenlos fest.
»Lass mich los, LASS MICH SOFORT LOS!« Er senkte den Kopf und biss One-tooth so fest er konnte in die Hand, seine Zähne bohrten sich in das Fleisch, er schmeckte Blut. Als der Wärter ihn schreiend loslieÃ, rannte er zu Baby Loc.
Er kam jedoch nicht weit.
Einer der anderen Wärter streckte ihn zu Boden, und bevor er aufstehen konnte, war One-tooth auf ihm, drückte den Achtjährigen mit seinem ganzen Gewicht ins Gras und hielt ihn fest.
Er war seinen Häschern hilflos ausgeliefert.
One-tooth riss den Kopf des Jungen herum, zwang ihn, zu dem Nagelbaum zu schauen.
»Bye, bye«, sang One-tooth. »Bye bye, Baby Loc.«
Er nickte zu den beiden Wärtern. Einer von ihnen öffnete den Sack, packte das kleine Kind an beiden Beinen. Kind 157 schrie und wand sich, aber One-tooth hielt ihn hämisch lachend am Boden fixiert.
Baby Loc weinte und rief verzweifelt nach seiner Mom. Der Wärter schwenkte das Kleine an den Knöcheln durch die Luft, wie ein Stück Holz, worauf sein Köpfchen vor den Nagelbaum prallte. Was ein grässliches Knirschen hervorrief.
Kind 157 weinte um Baby Loc. Und vermochte ihm nicht zu helfen.
Der Wärter schwang Baby Loc abermals durch die Luft. Und wieder. Und wieder. Knirsch, knirsch, KNIRSCH.
Das makabre Geräusch, mit dem Baby Loc vor den Nagelbaum prallte, blieb im Kopf von Kind 157 haften wie ein böser Geist. Er würde dieses knirschende Schmatzen niemals vergessen können. Als One-tooth von ihm runterkletterte, war etwas in dem Jungen zerbrochen. Wie ein abgeknickter Zweig, der nie mehr zusammenwachsen würde. Schmerz und Furcht hatten sich verloren. Stattdessen war er abgestumpft, wie betäubt.
Das half gegen die bösen Geister, die sich hinter seinem Gedankenvorhang versteckten.
68
Striker und Felicia verlieÃen Worldwide Translation Services und schwangen sich in ihren Dienstwagen. Der Detective saà am Steuer, sein Verstand arbeitete auf Hochtouren, auf der Suche nach einer Verbindung zwischen einer Gruppe von Vorstadtkids aus einer verschlafenen Highschool, der Shadow Dragon Gang und dem Krieg der Roten Khmer, der mehr als dreiÃig Jahre zurücklag und viele tausend Meilen weit weg stattgefunden hatte.
Er fand keine. Ihre momentan beste Spur war Patricia Kwan, doch die lag weiterhin schwer verletzt im Krankenhaus. Arzt hin oder her, geschwächt oder auf dem Weg der Besserung, es spielte nicht wirklich eine Rolle. Patricia war die einzige Chance, die sie hatten, um deren vermisste Tochter zu finden.
Hoffentlich war sie inzwischen aus dem Zustand der Bewusstlosigkeit erwacht.
»St. Paulâs«, sagte Striker. »Du fährst.«
Sie wechselten die Plätze, und Felicia hielt sich westlich auf der First Avenue. Während der Fahrt loggte Striker sich auf dem Laptop ein, initiierte PRIME, die Datenbank, die sämtliche städtischen Einheiten vor zehn Jahren übernommen hatten. Jede Meldung einer Streife wurde in dieser Datenbank erfasst, folglich bot PRIME Striker den Zugriff auf weitere Infos.
Felicia wechselte auf die Ãberholspur. »Irgendwelche neuen Theorien?«, wollte sie wissen.
Striker schob sich das Notebook auf den SchoÃ. »Ich überprüf jeden verdammten Namen, den wir über die Patrol Database reinbekommen. Mal sehen, ob ich wenigstens eine schwache Verbindung finden kann. Im Moment wäre ich schon froh, wenn wir überhaupt eine Spur hätten.«
Er machte sich an die Arbeit. Gab die Namen der vier involvierten Kids ein, also die der bekannten Ziele: Conrad MacMillan, Chantelle OâRiley, Tina Chow und die weiterhin vermisste Riku Kwan. Ein paar Minuten später fluchte er.
»Nichts«, knirschte er. »Grundgütiger, nicht einer.«
Felicia schoss ihm einen kurzen Blick zu. »Was meinst du mit nicht einer ?«
»Ich meine, sie sind nicht mal im System erfasst. Verdammter Mist.«
Es war frustrierend. Nicht eines der Kinder war auffällig geworden oder hatte ein Jugendlichen-Vorstrafenregister in einem der Informationssysteme. Keiner der vorgenannten Jugendlichen war als Zeuge oder gar als verdächtige Person vermerkt. Striker fand lediglich Einträge zu Patricia Kwan und Archibald MacMillan â Kwan, weil sie ein Vancouver-Cop war, wie sie inzwischen wussten. Ihr Eintrag war mit ihrer Einstellung in den Polizeidienst automatisch erfolgt. Bei Archibald MacMillan, dem
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