Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Schnittmuster

Titel: Schnittmuster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Slater Sean
Vom Netzwerk:
alles nicht wusste, dann setzte er sich auf den Besucherstuhl, der neben ihrem Bett stand, und musterte seine Tochter eindringlich.
    Â»Du weißt, wir haben nie über die betreffende Nacht gesprochen«, begann er weich.
    Â»Du wolltest nie darüber sprechen.«
    Er nickte. »Das hatte Gründe, Kleines. Gründe, über die ich ungern sprechen mochte.«
    Er klang widerstrebend. Als er aufblickte und ihre ernste Miene gewahrte, hätte er das Thema am liebsten gleich wieder fallen lassen – wie immer. Doch dieses Mal war er entschlossen, schonungslos ehrlich zu sein und ihr reinen Wein einzuschenken. Es wurde Zeit für Veränderungen. Zeit für einen sauberen Neuanfang.
    Er schloss die Augen, überlegte, wie er es am besten formulieren sollte. »Zwischen deiner Mutter und mir klappte es nicht so gut, wie du vielleicht immer gedacht hast, Courtney. Wir führten keine perfekte Ehe. Um ehrlich zu sein, wir führten gar keine Ehe.«
    Â»Ich weiß, Dad.«
    Er blinzelte. »Du weißt es?«
    Â»Ja, ich weiß von deiner Affäre.«
    Er rutschte unbehaglich auf der Sitzfläche herum. »Affäre? Welche Affäre?«
    Â»Du und Felicia.«
    Striker entwich ein verblüffter Seufzer. »Das denkst du?«
    Â»Ja, was soll ich denn sonst denken?«
    Â»Jesus Christus«, stöhnte er. »Dann muss ich mich echt nicht wundern, dass du dich so verhalten hast.« Er rieb sich mit den Händen durch sein Gesicht und seufzte tief. »Es ist mein Fehler. Es ist alles mein Fehler, dass ich es dir nicht früher erzählt hab.« Er neigte sich über das Bett, fasste ihre Hand und fuhr fort: »Courtney, ich hab deine Mutter nie betrogen. Das mit Felicia und mir fing erst vor sieben oder acht Monaten an.«
    Ein Hauch von Verwirrung zeigte sich in ihren Zügen. »Aber dann versteh ich nicht …«
    Â»Deiner Mutter ging es nicht gut, Courtney. Offen gestanden war sie sehr krank. Sie litt unter Depressionen. Zeitweise konnte sie das Haus gar nicht mehr verlassen. Wir versuchten stets, es vor dir zu verheimlichen, aber das war vermutlich falsch von uns. Sie nahm Medikamente und war bei einem Spezialisten in Kerrisdale in Behandlung.« Er atmete tief durch, sah, dass sie schockiert war, und räusperte sich unbehaglich. »An dem Abend, an dem sie zu ihrer Freundin fuhr, hatte sie keinen Tropfen getrunken, Courtney. Sonst hätte ich sie niemals fahren lassen.«
    Â»Aber wie konnte dann …«
    Striker sagte mitfühlend: »Die Dinsmore Bridge … ist lang und flach. Und an dem Abend war so gut wie kein Verkehr. Dass deine Mutter von der Brücke in den Fluss fuhr, Courtney, war kein Unfall. Sie hat es vorsätzlich gemacht.«
    Courtney zuckte zusammen, am liebsten hätte sie Striker ihre Hand weggezogen. Er fixierte sie intensiv, weil er damit rechnen musste, dass sie einen Weinkrampf bekommen oder zumindest wütend um sich schlagen würde. Nichts dergleichen. Sie starrte wieder aus dem Fenster, auf die verschneiten Hügel, und ihr Gesicht nahm einen traurigen Ausdruck an.
    Â»Bist du okay, Kleines?«
    Â»Ich glaub, ich hab es immer gewusst«, sagte sie leise, mehr zu sich selbst. »Ich wollte es bloß nicht wahrhaben.«
    Â»Das mit deiner Mutter tut mir sehr leid, Kleines. Und das mit Raine.«
    Sie blickte zu ihm hoch. »Weißt du, ich fühle mich grässlich. Als Raine und ich in dem Lieferwagen gefangen saßen, dachte ich ernsthaft, wir würden sterben. Raine stand total unter Schock. Ich hab ihr Kostüm, so gut es ging, mit gefrorenen Steaks ausgepolstert, weil ich dachte, das hilft vielleicht, wenn er schießt. Aber jetzt … jetzt mache ich mir Vorwürfe, dass das Fleisch sie runtergezogen hat. Vielleicht konnte sie deswegen nicht ans Ufer schwimmen. Ich hab sie getötet.«
    Striker schob seinen Blick in ihren. »Der Sturz hat sie getötet. Die Strömung ist verdammt heftig. Sie hätte es nie bis ans Ufer geschafft.«
    Â»Ich fühle mich trotzdem …«
    Â»Dich trifft keine Schuld. Es war ein Glück, dass du die Idee mit den Steaks hattest. Sie haben den Eintrittswinkel der Kugel möglicherweise etwas abgelenkt. Die Ärztin meint, du wirst wieder laufen können.«
    Â»Aber wie gut?«
    Striker fasste ihre Hand. »Keine Ahnung.«
    Courtney blieb stumm. Augenblicke später begann sie zu weinen.
    Striker stand auf und schlang seinen Arm um sie,

Weitere Kostenlose Bücher