Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schnitzelfarce

Schnitzelfarce

Titel: Schnitzelfarce Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
Vom Netzwerk:
Dann hätte er sich einfach krank gemeldet und
würde jetzt mit Franca im Bett liegen. Statt sich dieser unabwendbar
erscheinenden Blamage, die ihn hier erwartete, aussetzen zu müssen.
    Um Zeit zu gewinnen, begann er, in seinen Taschen zu kramen.
Ganz so, als ob er nach seinen Aufzeichnungen suchte. Auf einmal schoss ihm der
Witz von dem Missionar durch den Kopf, der von chinesischen Banditen gefangen
worden war und hingerichtet werden sollte. Plötzlich hatte der Gefangene
begonnen, im regionalen Dialekt heftig auf den wild aussehenden Chefbanditen
einzureden. So lange, bis der sein Messer zog, dem Missionar die Fesseln
durchschnitt und ihn gehen ließ.
    Wieder zu Hause, erzählte er seinen Mitbrüdern von dem
aufregenden Vorfall. »Was, du hast mit diesen Leuten in ihrem Dialekt
gesprochen. Aber du kannst ja nicht einmal Mandarin«, waren alle ganz erstaunt.
    »Aber ich bitte euch«, entgegnete der Angesprochene, »in der
Todesangst .«
    Und so begann Helmut Wallner einfach zu reden. Es sollte der
Bluff seines Lebens werden, mit dem er schlagartig die Aufmerksamkeit selbst
der freundlichsten Desinteressierten und der unverhohlensten Ignoranten auf
sich zog und später sogar Applaus ernten sollte.
    »Wir sind zunächst der scheinbar zufälligen Koinzidenz des
Auftauchens des Flugzeuges mit der Wahlwerbung und des Schusses nachgegangen .« Jetzt verwendete er sogar schon Worte, die er eigentlich
gar nicht kannte, wunderte sich Wallner. »Wie sich aber bald herausstellte, ist
diese Aktion von der Partei Ansbichlers ausgegangen und war nicht als Ablenkung
von dem oder als Signal für den Schützen gedacht .« Das
mit der Partei hatte Palinski einem Gespräch zwischen zwei kleineren
Funktionären entnommen, die in der fraglichen Zeit neben ihm standen. Wie gut,
dass ihm sein Freund auch dieses zunächst unwichtig scheinende Detail
mitgeteilt hatte. »Allerdings kann natürlich nicht ganz ausgeschlossen werden,
dass der Schütze sich spontan entschlossen hat, den Motorenlärm zur
Überlagerung des Schussgeräusches zu nutzen .«
    Die überraschte Reaktion auf diese Ausführung ließ Wallner
vermuten, dass bisher noch niemand an eine mögliche Verbindung zwischen den
beiden Vorfällen gedacht hatte. Kein Wunder, ihm war das auch gerade erst
eingefallen.
    »Die Befragung der neben und hinter Carola Ansbichler sitzenden
Gäste ergab übereinstimmend, dass der Stadtrat kurz vor dem Schuss sein
Stecktuch aus der außen aufgesetzten Brusttasche seines Sakkos gezogen
hat.Wahrscheinlich, um sich einige Schweißtropfen von der Stirne zu wischen.
Dabei fiel ein darin befindlicher Glücksbringer zu Boden. Eine alte
50-Schilling-Münze, die Ansbichler als Bub erhalten hatte und, abergläubisch,
wie er war, immer mit sich herumtrug. Im selben Moment, in dem der Schütze
abdrückte, bückte sich der Stadtrat, um die Münze aufzuheben .«
    Bei der Polizei waren im Laufe des gestrigen Abends einige vage
Hinweise von Passanten eingegangen, die kurz nach dem Schuss einen mindestens
1,80 Meter großen Mann das ›Blaschek-Haus‹ verlassen sehen hatten. Mit einer
großen Reisetasche, in der auch eine langläufige Schusswaffe ohne Probleme
Platz gehabt hätte.
    »Die Beschreibungen der einzelnen Zeugen weichen aber so
voneinander ab, dass bisher kein brauchbares Phantombild angefertigt werden
konnte .« Kein Wunder, denn bisher wurde das noch nicht
einmal versucht. Das wusste aber keiner der Anwesenden.
    Oder doch ? Wallner sah, wie ›Miki‹ Schneckenburger am anderen
Ende des Raumes immer größere Probleme bekam, die luftig-lockeren
Schaumschlägereien des Inspektors noch länger zu verkraften. Der Ministerialrat
schwankte zwischen dem Zwang, laut herauszuprusten und dem Drang, sich unter
dem Tisch zu verstecken. Im Augenblick schien er der zweiten Option den Vorzug
geben zu wollen.
    Wallner kam jetzt aber erst so richtig in Fahrt. »Der Aufruf an
die Bevölkerung, privates Foto- und Filmmaterial von der Szene zur Verfügung zu
stellen hat sich bisher zumindest quantitativ als eher erfolgreich erwiesen.
Alleine bis heute Morgen neun Uhr haben sich mehr als zehn Personen gemeldet .« Tatsächlich waren es nur drei, aber sicher waren
inzwischen noch welche dazu gekommen.
    »Wir versprechen uns von den Auswertungen erfahrungsgemäß zwar nicht
allzu viel. Aber wir hoffen, angenehm enttäuscht zu werden .« Das sollte reichen, um seinen Kopf zu retten, hoffte Wallner, während er sich

Weitere Kostenlose Bücher