Schnitzelfarce
hatte Recht, soweit es das Wertkarten-Handy betraf, nicht
aber, was die Intelligenz des Anrufers oder sagen wir, sein Wissen über die
Aufspürbarkeit von nicht registrierten Mobiltelefonen betraf. Denn der
Entführer dachte gar nicht daran, seinen Standort, das verlassene Häuschen im
Wienerwald zu verlassen.
»Der Herr Kommerzialrat will nicht mit Ihnen sprechen. Er
geniert sich, da seine dritten Zähne, also seine Brücke gebrochen ist«, meldete
sich der Entführer wieder. »Es klingt sehr komisch und unverständlich, wenn er
spricht. Darum geniert er sich auch. Es tut mir leid .«
Suber überlegte. Er hatte gar nicht gewusst, dass sein
Schwiegervater falsche Zähne hatte, aber bei einem Mann seines Alters war das
wohl nur logisch. »Aber wie soll ich wissen, dass er noch am Leben ist, wenn
ich seine Stimme nicht höre .«
Das war ein Argument, musste der Entführer sich eingestehen und
artikulierte das auch. »Das ist ein Argument. Ich werde sehen, was ich machen
kann und rufe Sie wieder an .«
29 Sekunden, das war sich gerade noch ausgegangen. Schwer atmend
legte er das Telefon zur Seite und dachte nach. Was sollte, was konnte er jetzt
noch tun. Der Alte war tot und konnte daher nicht mehr sprechen. Das Einzige,
was ihm blieb, um die 87 000 Euro noch zu retten, war ein überzeugender Bluff.
Der Entführer war kein gebildeter Mensch und auch nicht
sonderlich intelligent. In ganz seltenen Momenten hatte er aber Genieblitze der
Marke ›Bauernschlau‹ und das war jetzt sein erster. Dachte er zumindest.
Da waren doch diese beiden Karten für die Stadthalle, für irgend
so ein ausländisches Ballett. Für übermorgen Abend, falls er sich nicht irrte.
Das war doch eine Information, die nur der Kommerzialrat haben konnte. Oder?
Er wählte neuerlich die Nummer Dr. Subers, der sich nach dem
zweiten Signalton meldete.
»Hören Sie zu. Der Herr Kommerzialrat will
nicht, dass Sie sein unverständliches Kauderwelsch zu hören bekommen. Er
geniert sich und das sollten Sie respektieren. Er lässt aber ausrichten«, der
Entführer holte tief Luft, »dass Sie endlich zahlen sollen, damit die Karten
für die Stadthalle, für die Veranstaltung am Mittwochabend nicht verfallen.
Halten Sie sich also morgen Abend ab 22 Uhr bereit, dann werden Sie telefonisch
zum Übergabeort dirigiert werden .« Die Verbindung war
wieder unterbrochen und Blum zuckte mit den Achseln. »28 Sekunden, der Bursche
muss ein ganz ausgebuffter Profi sein .«
Suber grübelte über den Hinweis mit den Karten nach. Was sollte
das bedeuten? Im Zweifel würde er bezahlen, denn die 87 000 Euro taten ihm
nicht weh. Das war er dem Alten schließlich schuldig. Einmal sehen, ob
irgendjemand etwas mit dem Hinweis auf Karten für die Stadthalle für übermorgen
anfangen konnte.
Der Entführer rätselte, ob das wohl gereicht hatte. Er hatte ein
ganz gutes Gefühl, irgendjemand in der Familie musste doch etwas von diesen
Tickets wissen. Oder hatte der Alte irgendwo ein nettes, kleines Mauserl, mit
dem er sich die Zeit vertrieb?
Es musste einfach klappen, schließlich benötigte er die Kohle.
22 000 zur Abzahlung der Hypothek auf das Haus und 50 000 als eiserne Reserve,
denn er würde ja in Kürze arbeitslos sein.
Die restlichen 5 000 standen ihm auch zu, schließlich konnte er
nichts dafür, dass sich Janos mit seinem Geld auf irgendeiner Insel ein schönes
Leben machte.
* * * * *
Auf dem Weg zum Kommissariat hatte Palinski noch
drei Mal versucht, Wilma zu erreichen. Doch vergebens. Es war für ihn auch
nicht vorstellbar, wie sie oder sonst wer an den Wagen gekommen sein sollte.
Montags hatte sie immer ab 8 Uhr Unterricht und keine Zeit gehabt, das Fahrzeug
vorher abzuholen. Falls sie überhaupt gewusst hatte, dass es in der Tiefgarage
stand. Und er hatte es ihr sicher nicht gesagt.
Hauptmann Gärtner war dann sehr zuvorkommend gewesen und hatte
zugesagt, die Suchmeldung sofort weiterzuleiten.
Jetzt saß Palinski in Wallners Büro. Im Nebenzimmer nahm
Sandegger das Protokoll mit dem Überraschungszeugen Meiler auf. Fasziniert von
der Wendung, die der Fall nach dieser Aussage zweifellos nahm, pendelte Wallner
zwischen den beiden Zimmern hin und her.
»Wenn das wirklich so gewesen sein sollte, wie es sich jetzt
abzeichnet, dann wird das einen irrsinnigen Skandal geben. So kurz vor den
Wahlen kommt das einem innenpolitischen Erdbeben
gleich. Also ich möchte nicht in Ansbichlers Haut stecken«,
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