Schnupperküsse: Roman (German Edition)
schlägt mir ein fleischartiges Aroma entgegen, das an Bratensoße erinnert und sich als solche in der Tat herausstellt, nachdem ich meinen Finger in den Messbecher getaucht und ihn probiert habe. Da muss sich wohl jemand, und ich könnte wetten, wer, an meinem Brandy zu schaffen gemacht haben.
Mein Herz pocht. und meine Brust zieht sich vor Enttäuschung schmerzhaft zusammen. Er hatte mir versprochen, nicht wieder zu trinken. Und ich hatte gedacht, er hätte aus seinem Fehler gelernt. Oh, Adam …
Ich frage mich, wann er den Brandy geklaut hat. Wenn es heute oder vor ein paar Tagen gewesen ist, dann könnte er jetzt betrunken bei diesem eisigen Wetter irgendwo da draußen sein, mit oder ohne Hund, schießt es mir durch den Kopf.
Ich lasse die Hochzeitskuchen stehen und laufe nach oben in Adams Schlafzimmer, in dem wie immer Chaos herrscht, um nach Hinweisen oder einer Nachricht zu suchen. Obwohl ich dachte, ich könnte anhand der Kleider und Schuhe, die in seinem Zimmer sind, herausfinden, was er gerade trägt, ist das unmöglich, denn sie liegen alle auf dem Boden verstreut herum. Genauso wenig kann ich eine Nachricht finden. Ich durchstöbere seinen Schreibtisch und die Schubladen auf der Suche nach Hinweisen. Nichts. Auch keine Spur von seiner Brieftasche oder seinem Handy.
Ich setze mich auf die Bettkante. Denk nach, Jennie, denk nach! Adam ist nicht bei Guy und hilft ihm beim Melken. Ich wünschte, er wäre es, denn dann müsste ich mir keine Sorgen machen. Er könnte mit Lucky spazieren gegangen sein, aber würde er dann seine Brieftasche mitnehmen? Ich weiß es nicht. Mir kommt der Gedanke, dass er sich vielleicht auf den Weg nach London gemacht hat. Ich versuche, die anderen Möglichkeiten, die mir durch den Kopf schießen, zu verdrängen – dass es ihm so schlecht geht, dass er hinunter zum Fluss gegangen ist, um seinem Leben ein Ende zu bereiten, dass er betrunken hinausgegangen und überfahren worden ist, oder …
Ich stehe schlagartig auf und laufe die Treppe hinunter.
»Georgia, Sophie, ich muss mit euch sprechen.« Die Mädchen stellen sich vor den AGA und schauen mich ängstlich und mit großen Augen an, als ich ihnen erzähle, dass ich mir Sorgen um Adam mache. Auch wenn sie sich mit ihrem Bruder immer wieder zanken, lieben sie ihn dennoch. »Hat er euch gegenüber vielleicht angedeutet, was er heute vorhatte? Hat er erwähnt, nach Talyton gehen zu wollen oder vielleicht den Zug zu nehmen, um euren Dad zu sehen? Oder eure Großeltern? Oder Josh? Hat er sonst irgendwas zu euch gesagt?«
Sophie schüttelt den Kopf.
»Er spricht oft davon, nach London zurückzugehen. Er sagt, er hasst es hier«, bemerkt Georgia. »Sollen wir losgehen und nach ihm suchen? Ich kann Bracken satteln und mit ihr zum Fluss hinunterreiten, um zu sehen, ob er dort mit Lucky spazieren geht.«
»Ich will nicht, dass ihr beiden mir auch noch verloren geht.«
»Ist Adam denn verloren gegangen?«, fragt Sophie. Ihre Lippe zittert, und mir wird klar, dass ich sie mit meiner Bemerkung beunruhigt habe.
»Nein, ich bin mir sicher, es geht ihm gut«, antworte ich. »Er hat nur vergessen, mir zu sagen, wo er ist. Er wird bestimmt bald mit Lucky wieder durch diese Tür kommen. Lucky wird mit dem Schwanz wedeln, und Adam wird lächeln und mich fragen, was es zum Abendbrot gibt.« Ich lächle liebevoll, während mich panikartige Attacken befallen, als würde ein Vogel immer wieder versuchen, meinen Hals hochzufliegen.
»Mum, sollen wir die Polizei rufen?«, fragt Georgia, anscheinend immer noch nicht überzeugt.
»Hm, noch nicht …« Ich kann mir kaum vorstellen, dass sie mich ernst nehmen würden. Ich meine, Adam ist vierzehn, und ich habe keine Ahnung, wann er das Haus verlassen hat, doch ich muss mit jemandem reden, der mich beruhigen oder mir einen Rat geben kann. Und an wen sonst soll ich mich wenden als an die Person, die trotz allem stets in meinen Gedanken ist? Abgesehen von meinen Kindern natürlich. Ich fasse einen Entschluss. »Lasst uns gehen!« Ich ziehe mir einen Mantel und die Gummistiefel an, greife nach einer Taschenlampe und gehe mit den Mädchen den Weg hoch.
Nach zwei Minuten stehen wir im Melkstand oben auf der Bühne, und ich halte mich am Geländer fest. Die Neonröhren sind an und flackern fast unmerklich, aber dennoch genug, dass ich davon Kopfschmerzen bekomme. Die Milch pulsiert in den Leitungen über mir. Iyaz singt auf Radio 1, und eine Kuh muht vom Hof herüber.
»Guy«, rufe ich zu ihm
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