Schnupperküsse: Roman (German Edition)
hinüber zu Adam, der gerade seinen Teller leer kratzt – »Designerlabels.«
»Waren deine Eltern sehr arm, Granny?«, fragt Sophie.
»Sie hatten nicht viel Geld«, bestätigt ihr Mum.
»Mein Daddy ist zum Glück ziemlich reich«, erklärt Sophie. »Er und Alice gehen mit uns Kleider kaufen, wenn wir bei ihnen sind. Das ist toll, denn hier in Talyton St. George gibt es keine Geschäfte, in denen man Kleider für Kinder kaufen kann, noch nicht einmal einen Primark«, fährt sie fort und schüttelt traurig den Kopf.
»Aber das ist doch völlig egal!«, sage ich und frage mich, wie es kommen konnte, dass ich meine Kinder so materialistisch erzogen habe. »Du wirst davon schon nicht sterben!«
»Vielleicht aber vor Scham, wenn wir Glück haben«, wirft Georgia ein. Als ich ihr einen warnenden Blick zuwerfe, fährt sie fort. »Sie hat gestern Nacht die ganze Zeit geschnarcht und, selbst als ich ihr in die Nase kniff, nicht aufgehört.«
»Das hast du nicht wirklich gemacht, Georgia, oder?«, frage ich sie.
»Doch, hat sie«, meint Sophie aufgebracht. »Ich erinnere mich wieder, und es tut immer noch weh.«
»Na, das lenkt dich wenigstens von deinen gebrochenen Zehen ab«, lautet Adams Kommentar. »Die übrigens gar nicht gebrochen sind, denn meine wurden dreimal so dick, als ich sie mir brach, und ich konnte nicht mehr gehen.«
»Kann ich auch nicht«, sagt Sophie spontan und setzt sich hin.
»Außer ein paar Baguettes und Doughnuts haben wir beim Bäcker nichts einkaufen können«, wirft Dad ein, um der Zankerei ein Ende zu bereiten. »Wir sind auch nur hineingegangen, um die Konkurrenz mal unter die Lupe zu nehmen, nicht wahr, Georgia?«
»Die Kuchen sahen nicht so gut aus wie deine, Mum«, lobt sie mich.
»Danke, Georgia.« Ich frage mich, ob ich mir über die Anzahl an Geschäften, in denen man in Talyton Kuchen kaufen kann, Gedanken machen muss. Ich habe schon ein paar Pläne und Berechnungen aufgestellt, was die Menge an Kuchen betrifft, die ich backen und im Vergleich zu den Kosten für die eingesetzten Zutaten verkaufen muss, und bin zu dem Schluss gekommen, dass ich genügend Geld verdienen kann, um uns über Wasser zu halten. Wobei meine Berechnungen auf einer realistischen Grundlage basieren, denn ich weiß, es wird dauern, bis sich das Geschäft etabliert hat, aber ich bin ganz zuversichtlich. Glücklicherweise muss ich keine Hypothek abzahlen, doch ich habe fast mein ganzes Geld in den Kauf des Hauses gesteckt. Das Geschäft muss also laufen.
Wenngleich es hier nicht nur ums Geldverdienen geht, sondern auch darum, unter Beweis zu stellen, nicht nur eine vierzigjährige geschiedene Mutter mit drei Kindern zu sein, deren Leben unaufhaltsam auf seine Mitte hin zusteuert. Nun gut, ich gebe zu, ein Teil von mir hofft, dass mein zukünftiger beruflicher Erfolg David einen Stich versetzen und er sein Handeln bedauern wird. Außerdem möchte ich, dass meine Kinder stolz auf mich sind, doch vor allem tue ich es – dieses eine Mal in meinem Leben – für mich.
»Wir haben nirgendwo einen Pferdehof oder etwas anderes gesehen, wo man ein Pony kaufen kann. Das hast du doch nicht vergessen, oder, Mum?«
»Wie sollte ich das vergessen, wenn du mich andauernd daran erinnerst?«, antworte ich ihr seufzend.
»Na ja, du kannst mir nicht zuerst versprechen, dass ich eins haben darf, und dann deine Meinung wieder ändern.« Ich bemerke, wie Georgias Unterlippe zu zittern beginnt.
Sie hat Recht. Ich hatte ihr dieses Versprechen übereilt gegeben, sozusagen im Eifer des Gefechts, kurz nachdem David unser Leben aus den Angeln gehoben hatte. Doch jetzt, da wir eine Koppel und Ställe haben, muss ich zu meinem Wort auch stehen.
»Wir werden uns nach einem Pony umsehen, sobald wir uns eingelebt haben. Warum kümmerst du dich in der Zwischenzeit nicht zusammen mit Sophie schon mal darum, dass dafür alles vorbereitet ist? Ich habe zwar keine Ahnung von Ponys, aber ich denke, ihr solltet mal nach den Zäunen auf der Koppel schauen, ob sie auch nicht kaputt sind.«
»Du hast auch gesagt, wir können einen Hund haben«, erinnert mich Adam.
»Und eine Katze«, ergänzt Sophie.
»Jetzt übertreibst du’s aber«, sage ich und lächle. An eine Katze kann ich mich nicht erinnern.
»Aber das ist nicht fair! Dann habe ich kein eigenes Tier.«
»Wie kommst du denn darauf?«
»Weil der Hund mir gehört«, stellt Adam klar.
»Und das Pony mir«, bemerkt Georgia. »Abgesehen davon ist das vollkommen fair, Sophie, denn
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