Schnupperküsse: Roman (German Edition)
in einer kompromittierenden Situation erwischt zu werden. »Selbst wenn ich auf dich stehen würde, was ich nicht tue, würde ich mich nie auf dieses … dieses Hirngespinst von dir einlassen. Du bist der Mann meiner Schwester, du gehörst zur Familie!«
»Aber du bist so … verführerisch.«
»Lass mich in Ruhe.« Ich höre Schritte auf der Treppe und versuche, ihn von mir wegzuschieben, aber er ist zu groß für mich. »Geh weg von mir, bitte!«
»Sie haben gehört, was Jennie gesagt hat.«
»Guy«, rufe ich aus, als er Hugo an den Schultern packt und ihn wegzieht. Hugo taumelt zurück, stolpert zur Seite und schlägt sich den Kopf an der Ecke der Wand von der Treppe oben. Nachdem er sein Gleichgewicht wiedergefunden hat, wendet er sich zu Guy.
»Was soll das?«, fragt er und verzieht sein Gesicht, als er nach seinem Kopf fasst.
»Die Dame hat Sie gebeten, sie gehen zu lassen«, erwidert Guy kühl. »Sie sollten lernen zuzuhören.« Er geht vorbei ins Bad und knallt die Tür hinter sich zu, so dass ich nicht die Möglichkeit habe, ihm zu danken.
»Ist dort oben alles in Ordnung?«, ruft Summer.
»Alles bestens«, rufe ich zurück. »Hugo ist nur auf eine lockere Diele getreten, die ihm einen ordentlichen Schlag verpasst hat.«
Kurz darauf beschließt Guy zu gehen, was ich bedaure. Während Karen sich um Hugos Beule kümmert und ihn darauf aufmerksam macht, nicht mehr so trinkfest zu sein wie früher, schielt Guy mit leicht verlegenem Gesichtsausdruck hinüber zur Küchentür.
»Gute Nacht, alle zusammen. Gute Nacht, Jennie. Nein, bleib sitzen.« Er streckt mir eine Hand entgegen. »Ich finde schon allein hinaus.«
Ich gehe ihm nicht nach, doch frage ich mich, warum er uns so überstürzt verlässt. Ist ihm die Sache mit Hugo vielleicht peinlich? Das muss sie nicht, meiner Meinung nach gibt es dazu keinen Grund. Er zog Hugo lediglich von mir weg. Er hat ihn weder geschlagen, noch hat er ihm sonst etwas angetan. Vielleicht hat er Angst davor, wie es ausgesehen haben könnte, doch wahrscheinlicher ist, dass er einfach keine Lust hat, mehr Zeit als notwendig mit meinem widerwärtigen Schwager zu verbringen.
»Habe ich nicht gesagt, dass er ein Spaßverderber ist«, sagt Hugo, zieht Karen auf seinen Schoß und trällert ihr das Lied »Combine Harvester« vor, das Lied, in dem die Gruppe The Wurzels von einem Mähdrescher singt.
»Ach, Hugo, wirklich«, sagt Karen, legt aber trotzdem ihren Arm um seinen dicken Nacken und gießt sich noch ein Glas Apfelwein ein.
»Dieses Zeug ist tödlich«, werfe ich ein.
»Na ja, wir müssen ja morgen früh nichts überstürzen, oder?«
»Wann wollen wir streichen?«, fragt Paul noch einmal nach. »Jennie hat uns darum gebeten, und wir lassen uns hier volllaufen.«
Als ich später die Küche aufräume, halten Summer und ich noch ein Schwätzchen.
»Das Leben auf dem Land wäre zwar nichts für mich, aber ich sehe, es hat auch seine guten Seiten«, sagt sie. »Du und der gut aussehende Bauer?«
»Oh nein, nicht nach David.«
»Er hat nach dir gefragt, und ich habe ihm gesagt, ich würde auf dich aufpassen.«
»Danke, aber das schaffe ich schon allein.«
»Stimmt, aber möchtest du das auch? Es ist über ein Jahr her, seit du dich von David getrennt hast … nein, schon achtzehn Monate.«
»Ich bin für eine neue Beziehung noch nicht bereit.« Ein Satz, den ich ziemlich regelmäßig von mir gebe.
»Du könntest wenigstens ab und zu mal ausgehen und etwas Spaß haben.«
Ich weiß, dass ich das nicht kann. Ich bin nicht so. Bei mir heißt es entweder alles oder nichts.
»Was ist oben mit Hugo passiert?«, fragt mich Summer leise. »Erzähl schon. Da war doch was.«
»Er hat sich an mich rangemacht.«
»Der alte Lustmolch.«
»Guy zog ihn von mir weg. Dabei stolperte Hugo und schlug sich den Kopf an.«
»Wo ist das passiert?«
»Auf dem Treppenabsatz, wie Hugo sagte.«
»Was habt ihr denn alle da oben gemacht? Wenn ich gewusst hätte, dass die Party da weitergeht, wäre ich auch dazugekommen.«
»Ich ging nach oben, um zur Toilette zu gehen, und als ich aus dem Bad herauskam, stand Hugo da – er war mir gefolgt. Irgendwann tauchte Guy auf.«
»Du wirst Karen doch nichts sagen, oder?«
»Nein, du weißt doch, wie sie ist – sie hört nur das, was sie hören will.« Auch wenn Karen meine Schwester ist und ich sie beschützen möchte, hat sie mir immer ziemlich deutlich zu verstehen gegeben, dass sie keinerlei Kritik an Hugo zulässt, egal, ob
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