Schnupperküsse: Roman (German Edition)
haben?«
»Nein, Georgia, du hattest gerade erst Abendbrot, und David wird so schnell wie möglich nach Hause wollen.«
»Camilla aus meiner Klasse hat am Wochenende ein paar Freundinnen zu Besuch, und sie wird allen ihr Pony zeigen. Ich möchte Dad schon sehen, aber ich würde auch gerne zu dieser Party.«
Als ich das höre, steigen Schuldgefühle in mir hoch. Georgia muss sich in eine neue Gemeinschaft einfügen und Freunde finden, was ihre Eltern ihr gerade unmöglich machen. Manchmal müssen Opfer gebracht werden, um das zu bekommen, was man will, aber sind manche Opfer nicht zu viel des Guten? Ich vermisse die Kinder sehr, wenn sie nicht da sind.
Ich hätte ihnen das alles gerne erspart, doch es ist nun mal so wie es ist, und wir müssen das Beste daraus machen, sage ich mir.
Georgia kommt wieder auf ihr Lieblingsthema zurück.
»Mum, wo bekommen wir ein Pony her? Ich habe in der Schule nachgefragt. Camillas Mum hat das Pony für sie in Wales gekauft, aber wenn das für dich zu weit ist, können wir ja auch bei der Reitschule in der Nähe von Talysands vorbeischauen. Sie sagt, sie verkaufen manchmal Ponys.«
»In Ordnung. Ich werde dort anrufen.«
»Wann?«
»Irgendwann. Nicht jetzt – jetzt bin ich gerade dabei, Lebkuchenfiguren zu verzieren.«
»Gut«, sagt sie und saust aus der Küche, um zu packen. Denke ich zumindest. Bis ich zufällig ihre Stimme in der Diele höre und sie gerade mit der Auskunft spricht.
»Georgia, leg sofort auf!«, ermahne ich sie und stecke den Kopf aus der Tür, in der einen Hand die Schüssel mit dem Zuckerguss, in der anderen den Spritzbeutel.
»Ich dachte, ich würde dir etwas Arbeit ersparen.« Ich werfe ihr einen finsteren Blick zu, und sie beendet das Gespräch. »Immer beschwerst du dich, so viel zu tun zu haben, was ich überhaupt nicht verstehe, denn wir sind doch hierhergezogen, damit genau das nicht so ist. Und jetzt ist es noch viel schlimmer als früher. Immer musst du irgendwas machen. Und wenn ich dich bitte, mir zu helfen, ein Pony zu finden, backst du entweder Kuchen, verzierst sie oder musst die Zutaten dafür einkaufen gehen. Außerdem hat Adam schon einen Hund und Sophie ihre Hühner. Ich aber habe gar nichts, um was ich mich kümmern kann.«
»Es tut mir leid, mein Schatz.« Georgia hat Recht. In meinem Eifer, mein Geschäft aufzubauen, habe ich sie vernachlässigt. »Das Problem ist, Ponys kosten Geld. Geld, das durchs Kuchenbacken hereinkommt – oder irgendwann hereinkommen wird.« Ich lege meinen Arm um ihre Schulter und drücke sie. »Ich verspreche dir, es wird bald alles einfacher sein.«
»Mum, ich wünschte mir, du und Dad … ich wünschte mir, wir wären alle noch zusammen«, sagt sie wehmütig.
Ich erwidere nichts darauf. Vor noch nicht allzu langer Zeit fühlte ich genauso, doch langsam wird mein Herz wieder leichter, was wohl daran liegt, dass ich endlich nach vorne blicke und die Möglichkeiten erkenne, die sich auftun, weshalb meine Bauern aus Lebkuchen wahrscheinlich auch ein breites Lächeln im Gesicht und Gummistiefel aus grünem Puderzucker haben.
Die Kinder sind nach ihrer ersten Woche in der Schule müde, und das Letzte, was sie brauchen, ist diese Hin- und Herfahrerei nach London, um ihren Vater übers Wochenende zu sehen. Das wird mir jetzt klar. Abgesehen davon könnte ich auf die zwei- bis dreistündigen Autofahrten alle zwei Wochen gut verzichten, wenngleich ich ihnen die Zeit mit ihrem Vater gönne. Dennoch muss ich bis morgen früh noch mehrere Kuchen backen und verzieren. Lieber ein paar zu viel am Stand als innerhalb von einer halben Stunde ausverkauft sein.
»Georgia, wie oft soll ich es dir noch sagen … würdest du jetzt bitte nach oben gehen und packen? Ansonsten kommen wir zu spät.«
»Aber ich hab die Schüssel noch nicht ausgeleckt, Mum.«
»Na gut, aber schnell.« Ich überlasse ihr die Schüssel und gehe die Treppe hoch, um nach Adam und Sophie zu schauen. Sophie versucht gerade, so viele Kuscheltiere wie möglich in ihren Koffer hineinzuquetschen. Ich helfe ihr dabei, zwei auszusuchen, und vergewissere mich, dass sie alles an Kleidung dabei hat, was sie braucht. Dann gehe ich zu Adam, der in seinem Schlafzimmer ist.
»Bist du fertig, mein Junge?«, frage ich ihn von der Tür aus und hebe eine Augenbraue hoch, als ich die ganzen Kleider und Elektrogeräte auf seinem Bett sehe. »Ich glaube nicht, dass du das alles für zwei Nächte brauchst, oder?«
»Weiß nicht«, sagt er achselzuckend.
»Adam, ist
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