Schnupperküsse: Roman (German Edition)
nur so erklären, dass ihr kalt war, denn sie trug nur ein schäbiges altes Nachthemd, weil sie nichts anderes anziehen wollte. Sie ist wie durch ein Wunder nicht verbrannt, doch ich verlor den größten Teil meines Winterfutters für das Vieh. Das Schlimmste jedoch war der Verlust einer Kuh und mehrerer Kälber. Da erkannte ich, dass es nicht mehr so weitergehen konnte. Ich sah sie an, diese leere Hülle einer alten Frau, und dachte nur, ich will sie umbringen.«
»Hast du’s versucht?«, frage ich besorgt.
»Ich schlug sie nicht«, erwidert er, »obwohl ich kurz davor stand. Das kannst du nicht verstehen, das kann keiner, bis er selbst einmal in dieser Lage ist. Sie war nicht sie selbst. Ich wollte nicht sie verletzen, sondern ihre Krankheit … die wollte ich zerstören, so wie sie meine Mutter zerstört hatte.«
Guy vergräbt sein Gesicht in den Händen, und ich unterdrücke meinen Wunsch, ihn zu halten und zu sagen, dass alles wieder gut wird. Nach einer Weile schaut er wieder hoch. »Ich musste sie in ein Heim bringen und kam mir vor wie ein Verräter.«
»Du musst mir das alles nicht erzählen«, sage ich sanft. In der Vergangenheit zu wühlen scheint ihn sehr zu berühren. »Aber wenn dir das Reden hilft …«
»Ich sollte meine Probleme nicht bei dir abladen.«
»Wofür sind Freunde sonst da?«
»Danke, Jennie.« Er greift nach meiner Hand und berührt sie kurz. »Ich dachte schon, ich hätte mit meinem Verhalten alles zerstört und die Party verdorben.«
»Red keinen Unsinn! Lass uns das vergessen!« Wenn überhaupt, dann hat das Gespräch dazu beigetragen, unsere nachbarlichen Beziehungen zu verbessern, denke ich. Er mag vielleicht manchmal schüchtern sein, aber er ist auch leidenschaftlich und fürsorglich.
Ich wickle die Kuchen wieder in Pergamentpapier und Klarsichtfolie ein und bringe sie zurück in die Speisekammer, bis sie wieder getränkt werden müssen. Als Guy zurück auf seinen Hof geht, setze ich mich hin und versuche, jenes unvergleichliche Produkt zu finden, das meine Marke, Jennie’s Cakes, zu etwas Besonderem macht.
11
Marmorkuchen mit Himbeermarmelade
Es ist der erste Montag im September. Die Äste der Bäume biegen sich unter dem Gewicht der reifen Äpfel, und von der Küste ist Nebel hochgezogen, während auf dem leuchtend grünen Gras Tau liegt. Die Begeisterung über die Party ist verpufft, die Kinder gehen auf ihre neuen Schulen, und ich fühle mich für einen kurzen Moment allein. Ich war so stolz auf sie, als ich sie in ihren neuen Uniformen absetzte. Während Georgia mir auftrug, viele Kuchen zu backen, Sophie ein paar Krokodilstränen vergoss und mich ermahnte, nach den Hühnern zu sehen, schaute Adam noch nicht einmal zurück.
Ich stehe in meiner Küche und bin in Experimentierlaune. Ich werde einen Marmorkuchen mit Himbeermarmelade backen. Wie Sie sehen, bin ich immer noch auf der Suche nach dem einzigartigen Verkaufsargument, das meine Marke von anderen abhebt. Der Kuchen dürfte für mich kein Problem sein, aber ich bin mir nicht sicher, ob er das ist, nach was ich suche.
Ich lächle, während ich den Teig rühre, und denke an Guy. Als er fertig ist, verteile ich ihn auf zwei Schüsseln, füge der einen Hälfte Vanilleessenz und Himbeermarmelade hinzu und der anderen Kakao. Dann gebe ich beide in die Kuchenform, fahre mit einer Gabel hindurch, um sie zu vermengen und stecke den Kuchen in den AGA . Dann räume ich auf und rufe Summer an.
»Ich habe an dich gedacht. Es muss ziemlich still sein bei dir, jetzt da wir alle wieder zu Hause sind und die Kinder in der Schule«, sagt sie. »Und, was gibt’s Neues?«
»Nicht viel.«
»Ist Guy bisher noch nicht vorbeigekommen?«
»Doch, ist er.«
»Aha. Hab ich’s nicht gesagt? Er steht auf dich.«
»Summer, du bist unverbesserlich. Wir sind nur Freunde.«
»Du weißt, was ich darüber denke, und deine Schwester sieht das genauso.«
Stimmt, meine Schwester glaubt nicht, dass man mit einem Vertreter des anderen Geschlechts befreundet sein kann. »Da spielt unterschwellig der Sex immer eine Rolle«, lautet einer ihrer Lieblingssätze.
»Jennie, weißt du was, deine Antennen arbeiten nicht, weil du sie eingefahren hast. Du würdest doch erst begreifen, dass ein Mann auf dich steht, wenn er dir’s ins Gesicht sagt.«
»Selbst dann würde ich ihm nicht glauben«, bemerke ich mit Bedauern in der Stimme.
»Bist du dir sicher, dass er keine Andeutungen gemacht hat?«
»Er findet, ich bin eine wunderbare Frau
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