Schnupperküsse: Roman (German Edition)
könnte. Am Markttag läuft sie sich immer die Hacken ab«, beruhigt mich Guy, während er mir hilft, den Tapeziertisch, die Kasse, die Preisliste, die Banner sowie die Kuchen auszuladen, und dann das Auto zum Parkplatz vom Co op um die Ecke bringt. Ich stelle den Tisch auf, der auf den Steinen wacklig steht.
Als Guy zurückkommt, baut er das Banner über dem Tisch auf, auf den ich eine rosa Tischdecke gelegt habe. »Jennie’s Cakes.« Der Stand sieht toll aus, und ich habe eine Träne in den Augen, als ich die letzte Lebkuchenfigur in den Ständer hinten stelle. Ich ziehe mir eine Schürze an, schnalle mir die Gürteltasche um und warte nervös auf meine ersten Kunden – nervös deshalb, weil mir langsam klar wird, wie vermessen es doch von mir ist, anzunehmen, dass ich Kunden haben werde. Ich erinnere mich an Summers Trinkspruch: »Auf die Bewohner von Talyton und darauf, dass sie viele Kuchen essen mögen.« Und ich frage mich, ob sie das tun werden.
»Das hier«, bemerkt Guy und sieht abwechselnd den Stand und mich an, »sieht unwiderstehlich aus.«
»Ich würde eher sagen umwerfend«, erwidere ich und schaue ihn geradewegs an. »Vielen Dank, Guy. Vielen Dank, dass du mir von dem Markt erzählt und mir geholfen hast. Ich glaube wirklich nicht, dass ich es ohne dich geschafft hätte.«
Ich sehe, wie er rot wird.
»Darf ich dein erster Kunde sein?«, fragt er und nimmt sich ein Stück von dem Marmorkuchen mit Himbeermarmelade.
»Ja, aber du darfst mir nichts dafür zahlen.«
»Oh, das muss ich aber, sonst zählt es nicht …« Guy zieht eine Fünfpfundnote aus seiner Hosentasche und gibt sie mir. Ich gebe ihm sein Wechselgeld zurück.
»Daran könnte ich mich gewöhnen«, sage ich glücklich.
»Ich muss noch ein paar Sachen hier in der Stadt erledigen. Ich bin in ein paar Stunden wieder zurück.« Plötzlich grinst er. »Oh, da ist Fifi – ich glaube, ich mach mich mal schnell aus dem Staub.« Ich schaue ihm amüsiert nach, wie er sich duckt und hinter BB ’s Honey, dem Stand nebenan, davonmacht, währenddessen Fifi in einem weißen Tupfenkleid und weißer Jacke zu mir herübereilt.
»Was für ein wundervoller Stand«, schwärmt sie. »Ich muss unbedingt einen von Ihren Kuchen kaufen. Nein …« Sie legt einen Finger auf den Mund und denkt nach. »Ich nehme vier von den Lebkuchenfiguren. Das sind doch Männer, oder nicht?«
»Sie sind Zwitter«, erwidere ich und nehme eine Papiertüte und eine Kuchenzange. »Ich wollte niemandem zu nahetreten, indem ich politisch unkorrekt gewesen wäre. Möchten Sie sie selbst aussuchen?«
»Nein, das überlasse ich Ihnen.« Nachdem ihr Einkauf in der Tasche verstaut ist, beginnt sie über den Preis zu verhandeln. »Wie viel kosten sie?«
Ich sage ihr den Preis und zeige dabei auf das Preisschild auf dem Ständer.
»Oh, meine Liebe«, sagt Fifi. »Ich habe heute nicht so viel Bargeld dabei.«
Das finde ich eigenartig, denn sie sieht eindeutig gut betucht aus.
»Würden Sie sich auch auf ein Tauschgeschäft einlassen? Ich habe hier einen Gutschein, den Sie im Gartencenter einlösen können …«
»Finden Sie das nicht ein bisschen vermessen?«
»Sie können mit diesem Gutschein sehr viele nützliche Dinge kaufen – wir verkaufen nicht nur Gartengeräte und Pflanzen, sondern zum Beispiel auch Hundefutter und Kochgeschirr, und wir haben fast das ganze Jahr über Weihnachtskarten.« Während ich mit offenem Mund dastehe, fährt Fifi ernst fort, »Wir handhaben hier die Dinge nun mal so.«
»Na gut, von mir aus«, sage ich und gebe nach.
Während ich ihren Gutschein wegstecke, verabschiedet sie sich höflich und verschwindet. Ich sehe sie erst nach einer Stunde wieder. Mittlerweile kann ich mich vor Kunden kaum retten und mit Stolz behaupten, dass sich sogar eine Schlange vor meinem Stand gebildet hat. Ziemlich bald bin ich ausverkauft.
Ich fange an aufzuräumen.
»Hallo, Jennie.« Ich schaue hoch, und vor mir steht Wendy und kämpft mit sechs Hunden an der Leine.
»Oh, hallo. Wie geht’s?«
»Danke, gut. Wie geht’s Lucky?«, fragt sie. »Donald, sitz!« Sie zieht halbherzig an den Leinen, während die Hunde um ihre Beine streichen und sich zu einem Knäuel verheddern. »Ach, ihr dummen Kerle!«
»Soll ich Ihnen ein paar abnehmen, während Sie sich befreien?«, biete ich ihr an.
»Würden Sie das tun? Das wäre nett, vielen Dank.« Sie gibt mir drei Leinen und entwirrt die anderen. »Jennie, würde es Ihnen etwas ausmachen, fünf Minuten auf sie
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