Schnupperküsse: Roman (German Edition)
–«
»Na, da haben wir’s doch«, unterbricht mich Summer.«
»Das ist ja wohl keine große Anmache, wenn es als solche gemeint war. ›Wunderbar.‹ Das ist fast ein Unwort, völlig unverbindlich, und zeugt nicht von großer Leidenschaft.«
»Guy ist eben der starke, stille Typ. Er wird sich nicht vor dein Schlafzimmerfenster stellen und für dich ›Nessun Dorma‹ singen, so wie David nach eurer ersten Verabredung«, erklärt mir Summer. »Ich nehme an, er musste ganz schön Mut aufbringen, um zu sagen, was er fühlt.«
Ich wechsle das Thema, da ich beunruhigt bin, die Zeichen vielleicht falsch gedeutet zu haben. »Hast du es geschafft, irgendwo ein Praktikum zu bekommen?«
»Das habe ich in der Tat. Ich gehe zweimal morgens in Jades Schule, und sobald eine Stelle für einen Hilfslehrer frei wird, werde ich mich darauf bewerben. Sollte mir die Arbeit an der Schule gefallen, werde ich mich bei einem Lehrgang anmelden, der nächsten September beginnt.«
»Du wirst die Arbeit lieben.«
»Ich weiß. Ich bin aufgeregt und nervös zugleich, aber ich habe gesehen, was du auf die Beine gestellt hast, und das hat mich bewogen, mein Leben anzugehen und es zu ändern, bevor es zu spät ist. Ich möchte nicht eines Morgens aufwachen und feststellen, dass es an mir vorbeigezogen ist.« Sie hält inne. »Ich mache mich besser auf den Weg – ich muss den Wagen noch über den TÜV bringen, und ein bisschen shoppen gehen in der Stadt will ich auch noch.«
Plötzlich überkommt mich ein Anflug von Heimweh, und ich sehne mich nach London und Summer und nach ausgetretenen, vollen Bürgersteigen mit Kaugummiflecken zurück, statt mich mit einem zotteligen, kleinen Hund, mit dem ich zwar auch sprechen kann, was aber nicht das Gleiche ist, auf einsame Spaziergänge zu begeben.
Hört Lucky mir überhaupt je zu? Zwischen all dem Geschnüffel und Jagen von Hasen lässt er sich gelegentlich herab, ein Ohr in meine Richtung zu spitzen, aber sonderlich interaktiv ist er nicht, finde ich. Seine Beziehung zu Adam ist viel besser als zu mir. Apropos Adam …
»Jennie, bist du noch da?«, fragt mich Summer.
»Ja«, erwidere ich und zwinge mich, heiter zu klingen. Ich möchte nicht, dass sie sich Sorgen macht.
»Du musst uns mal wieder besuchen kommen«, fährt sie fort. »Solltest du irgendwann genug vom Landleben haben oder einfach zu IKEA fahren wollen, bist du jederzeit herzlich willkommen, das weißt du.«
Ich schaue mich in der Küche um und sehe aus dem Fenster hinaus, wo die Hühner ihren Mist gerade auf dem Rasen hinterlassen, und begreife, dass ich unmöglich weg kann. Wer wird sich um die Tiere kümmern? Wer wird für Jennie’s Cakes Kuchen backen?
»Kopf hoch, Jennie! Ich rufe dich diese Woche noch mal an.«
»Okay, Summer. Lass von dir hören!«
Ich schaue nach der Uhr. Noch vier Stunden, bis ich die Kinder wieder abholen muss.
Ich mache mich wieder an meine Vorbereitungen für den Bauernmarkt, der Ende der Woche, am Samstagmorgen stattfindet. Davor muss ich jedoch noch alles für das zweite Wochenende der Kinder bei David in London organisieren. Ich weiß, es gibt Menschen, die behaupten, sie würden ihre Freiheit genießen, wenn ihre Kinder bei ihrem Expartner sind, aber ich genieße sie nie.
»Und wie war’s in der Schule?«, frage ich die Kinder auf dem Weg von der Schule nach Hause.
»Ganz gut«, sagt Georgia.
»Einer der Jungs hat die Frau in der Kantine beschimpft«, erzählt Sophie freudestrahlend.
»Und bei dir?«, frage ich Adam.
Er zuckt mit den Achseln.
»Irgendwelche Hausaufgaben?«
Wieder nur Achselzucken.
Ich frage nicht weiter nach. Unsere Kommunikation ist nicht die beste. Seit Josh nach Hause gefahren ist, straft er mich mit Schweigen. Ich wünschte, ich würde wissen, was in seinem Kopf vorgeht.
Am Freitagnachmittag drückt sich Georgia nach der Schule in der Küche herum, um sich auf die Schüssel mit der Glasur zu stürzen, sobald ich den ersten Schwung – oder sollte ich besser sagen Gruppe? – an Lebkuchenfiguren fertig verziert habe. Für die nächste Fuhre mache ich frischen Zuckerguss.
»Wenn du die Schüssel ausgeleckt hast, geh bitte nach oben und pack deine Sachen zusammen, ja? Wir treffen uns heute Abend um acht mit deinem Vater.« Ich habe mit David vereinbart, ihm auf der Hälfte der Strecke entgegenzukommen.
»Ich bin froh, dass du uns bis zur Hälfte bringst. Irgendwie kommen wir mit dir schneller voran«, erklärt Georgia. »Kann ich bei McDonald’s einen Burger
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