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Schock

Titel: Schock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hunter Evan
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lausigen Job an der Ecke Broadway und Einundneunzigste Straße – ja, dort war es gewesen –, woran er sich nicht erinnern konnte oder wollte; etwas, das ihm außer dem Geiz des Chefs, der kein Englisch verstand, die Lust an der Arbeit verdarb. Etwas in einer der Wohnungen, in die er Waren brachte. Irgend etwas. Vielleicht auch mehrerlei, möglicherweise. Er wußte nur, daß er sich dieser Arbeit mit einem merkwürdigen Gefühl der Bedrängnis entsann, deren Ursache nicht in jenen kleinen Diebstählen lag.
    Er fragte sich jetzt, wozu er in jenem Sommer Geld gebraucht haben mochte und warum eine so vage Erinnerung an jenen Job ihn so bedrücken konnte; doch dann hörte er auf, sich Fragen zu stellen. Es waren einfach zu viele Fragen; er wußte zu wenig.
    In der Vorhalle des Hauses, in dem Gloria wohnte, zögerte er. Einen Moment lang verließ ihn der Wille, das Haus zu betreten, Gloria zu finden, sich selbst zu finden. Als er am Central Park South die Vögel singen hörte, die Stadt in sich und um sich spürte, hatte er sich in einer Anonymität gefühlt, die er mit Freiheit gleichsetzte. Dieses Freiheitsgefühl hatte ihn dazu gebracht, dem Untergrundbahnschaffner jenen waghalsigen Streich zu spielen und bis zur Sechsundneunzigsten Straße hinauf in unverhohlenem Hohn in der Bahn zu sitzen. Doch nun – nun hatte die Erinnerung an die Arbeit im Kolonialwarenladen vor so langer Zeit in ihm einen Widerwillen gegen alle weitere Selbsterkenntnis ausgelöst. Plötzlich spürte er: mehr über sich selbst zu erfahren, hieß einfach, die neugefundene Freiheit wieder zu verlieren. Selbsterkenntnis würde eine Verantwortlichkeit mit sich bringen, die es ihm nicht mehr erlaubte, ein leeres Stück Pappe als Dauerkarte vorzuzeigen. Selbsterkenntnis würde beängstigend sein; und daran lag ihm nichts.
    Er ertappte sich dabei, daß er die Halle durchschritt und vor den Briefkästen stand. Daß er hinaufgehen würde, wenn er herausbekam, in welcher Wohnung Gloria lebte – er hatte sie am Telefon nicht danach gefragt; war das nicht schon ein Zeichen? – stand zwar keineswegs fest, doch in ihm regte sich eine brennende Neugier, die stärker zu werden drohte als das Freiheitsgefühl, das er gespürt hatte, als der Schauer der Bedrängnis, der sich für ihn mit der Erinnerung an die Arbeit im Kolonialwarenladen verband. Während er den Zeigefinger über die Namensschilder an den Briefkästen gleiten ließ, erinnerte er sich an Glorias Stimme am Telefon, noch halb verschlafen, irgendwie atemlos, eine sinnliche Stimme, und an die Dinge, die sie angedeutet hatte und von denen sie glaubte, daß er sie von ihr verlangen würde. Er wußte nicht, ob er diese Dinge wirklich von ihr wollte, ob er sie je von ihr bekommen hatte, und wenn, ob sie schön oder hässlich gewesen waren. Doch er war neugierig und seltsam erregt bei dem Gedanken, die Wohnung einer Frau zu betreten, mit der ihn vielleicht Intimität verband – sie nicht zu erkennen und dennoch zu wissen, daß diese Intimität möglich war; ein aufregender Gedanke. In ihm regte sich ein Gefühl, das mit intellektueller Neugier durchaus nichts zu schaffen hatte. Sein Finger fuhr ein wenig schneller über die Namensschilder, hätte beinahe einen Namen übergangen, kehrte zurück, hielt an.
    GLORIA OSBORNE
    Er überflog den Rest der Reihe. Es gab keine weiteren Glorias, keinen Namen, vor denen das Initial G stand. Also war es Gloria. Gloria Osborne. Nicht G.V. wie es in seinem Ring stand, die Herkunft des Ringes anzeigend, von wem er auch sein mochte, sondern Gloria Osborne, die das Haar in Lockenwicklern trug, mit verschlafener, atemloser Stimme sprach und noch in der Ablehnung Dinge in Aussicht stellte, die passieren würden, wenn er nur die Wohnung betrat; Gloria Osborne.
    Während er aus der schmalen Nische trat, in der die Briefkästen hingen, und auf den Lift zuging, fühlte er, wie das erregende Vorgefühl dessen, das ihn oben erwartete, in ihm mehr und mehr stieg. Er drückte den Liftknopf und wartete, der Name Gloria Osborne widerhallte erregend in seinem Bewußtsein. Wohnung 7 A, hatte der Briefkasten verraten, Wohnung 7 A; Gloria Osborne, die darauf wartete, ihm zu sagen, wer er war, mit ihm Dinge zu tun, die sie zweifelsohne schon tausendmal mit ihm getan hatte, Gloria Osborne. Er trat in den Lift und drückte den Knopf zum siebenten Stock.
    Der Lift hielt; er trat in den Korridor hinaus und zögerte abermals. Die Erregung, die ihn beim Gedanken an Glorias Stimme, an

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