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Schock

Titel: Schock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hunter Evan
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könnten Sie mir sagen.«
    »Doris Kantor – das ist die einzige Doris, die ich kenne. Sie ist in meinem historischen Englischkurs.«
    »Wo?«
    »Am Hunter College.« Janet hielt inne. »Ich bin im zweiten Jahr.« Sie hielt wieder inne. »Ist Doris Kantor Ihre Doris?«
    »Nein. Sie sind meine Doris.«
    »Wenn überhaupt, wäre ich lieber Ihre Janet«, sagte sie, wandte den Kopf und starrte ihn an.
    »In Ordnung«, sagte er.
    »Was ist in Ordnung?«
    »Sie wissen es.«
    »Sagen Sie's.«
    »Sie sind meine Janet.«
    »Mmmmm«, sagte sie, ihre Augen hielten die seinen fest, und wieder war jene geschlechtsbewußte Zurückhaltung in ihrem Gesicht, verdeckt, aber irgendwie hungrig. »Nehmen wir's nicht zu ernst«, sagte sie noch einmal und warf einen Blick auf ihre Uhr. »Und jetzt müssen wir uns beeilen. Ich möchte nicht zu spät kommen. Berechnet Ihrer auch Honorar, wenn Sie zu spät kommen? Oder wenn Sie eine Sitzung verpassen?«
    »Ja, natürlich«, sagte Buddwing.
    »Tut meiner auch. Finde nicht, daß sich das mit seinem Berufsethos verträgt. Warten Sie auf mich? Es dauert nur fünfzig Minuten – aber das wissen Sie ja. Warten Sie?«
    »Ja.«
    »Okay. Aber …« Sie schüttelte den Kopf. »Nein, es ist einerlei.«
    »Was ist einerlei?«
    »Nichts. Nur – geben Sie sich bitte ein wenig Mühe, mir nicht weh zu tun.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Ich möchte nicht, daß Sie mir weh tun.« Sie hielt inne. »Ich – bin nun einmal sehr sensibel. Wenn Sie zu allem möglichen fähig sind – dann sollten wir uns besser gleich verabschieden, okay?«
    »Ich bin keineswegs zu allem möglichen fähig«, sagte er.
    »Es ist nur, weil – ich bin nun einmal nicht das Collegemädchen, mit dem man sich einmal kurz ins Heu rollen kann; wenn es das ist, wofür Sie mich halten.«
    »Was Sie sind, Janet, oder wer Sie sind, weiß ich nicht. Ich weiß nur, daß ich Sie liebe.«
    Sie starrte ihn schweigend an.
    »Das hätten Sie nicht sagen sollen«, sagte sie.
    »Warum nicht?«
    »Weil es Ihnen nicht ernst damit ist. Und – wie gesagt – ich bin … ich bin sehr verletzbar und – ich finde Sie sehr attraktiv … Das sind Zauberworte. Mit Zauberworten sollte man sehr vorsichtig sein.«
    »Ich werde vorsichtig sein. Ich liebe Sie, Janet.«
    »Ach«, sagte sie.
    »Ich liebe Sie wirklich.«
    »Ach.« Sie schloß die Augen und lächelte. Dann schlug sie die Lider plötzlich auf und sagte: »Gehen wir, bitte. Ich komme sonst zu spät.« Sie faßte seine Hand, und sie eilten durch den Park, überquerten die Fifth Avenue, die Madison Avenue, erreichten schließlich die Park Avenue. Hand in Hand standen sie an der Ecke der Fünfundsechzigsten Straße. »Warten Sie auf mich. Werden Sie auf mich warten?«
    »Ganz sicher.«
    »Bitte, lieben Sie mich noch nicht«, sagte sie. »Bitte, warten Sie damit.«
    »Warum?«
    »Ich habe Angst vor Dingen, die zu schnell kommen.«
    »Das brauchen Sie nicht.«
    Sie drückte seine Hand und zog die Unterlippe zwischen die Zähne. Dann reckte sie sich plötzlich zu ihm auf und küßte ihn auf die Wange.
    »Ich möchte Sie richtig küssen«, sagte sie, »aber das muß jetzt genügen.«
    »Tut es.«
    »Fürs erste.«
    »Ja.«
    »Und Sie gehen nicht weg?«
    »Nein.«
    »Sie warten hier?«
    »Ja.«
    »Wahrscheinlich bin ich verrückt«, sagte sie, wandte sich ab und ging mit schnellen Schritten unter das Vordach und ins Haus.

7
    Er stand da und spähte in die Vorhalle, die sie durchquerte; durch ein Hoffenster strömte Licht herein. Sie blieb vor dem Lift stehen, ohne zu bemerken, daß er sie beobachtete, drückte den Knopf, wandte sich dann um und schaute auf die Straße hinaus. Freudig überrascht entdeckte sie ihn, lächelte, hob die Hand, winkte mit den Fingern, legte sie an die Lippen und warf ihm eine Kusshand zu. Sein Herz wurde weit. Er sah, wie sie in den Lift trat, drehte sich dann auf dem Absatz um, warf den Kopf in den Nacken und begann, die Park Avenue hinunterzugehen. Er lächelte alle Menschen an, die ihm begegneten. Seinem Gefühl nach mußte sich jeden Augenblick der Himmel öffnen und ihn mit Goldmünzen überschütten; sie würden klirrend zu seinen Füßen niederfallen, er würde durch sie hindurchwaten, ohne sich die Mühe zu machen, sie aufzuheben, sie würden klingen und glitzern, während er beschwingt durch sie hindurchging. Herrgott, sie war schön!
    Janet, Janet, Janet! Ihr Name sang in seinem Kopf, sank in sein Herz wie ein Stein, der in einen Brunnen süßen Wassers

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