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Schockstarre

Schockstarre

Titel: Schockstarre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F Schmöe
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Wanderer erwies sich als eine für eine nächtliche Tour zu elegant gekleidete Dame. Ihr langes, gepflegtes Haar trug sie zurückgesteckt, weiße Flöckchen zierten es wie glitzernde Sternchen, ein Schal wand sich lässig um ihren Hals. Der Pelzmantel schimmerte. Nur die Moonboots passten nicht zu dem Aufzug.
    »Was wollen Sie von mir?«
    Die Frau sah eher erstaunt als erschrocken aus. Vor dem glitzernden Schnee strahlte ihre Vornehmheit einen Hauch von Märchen aus. Die gute Fee von Herzogs Gnaden, dachte Katinka.
    »Darf ich Sie fragen, was Sie hier am Tatort machen? Nachts?«
    »Geht Sie das was an?«
    »Allerdings.« Katinka dachte an das, was Alissa Herbst über die Ansprüche von Mendels Ehefrau gesagt hatte, und fragte auf gut Glück:
    »Frau Mendel?«
    Ich an ihrer Stelle wäre völlig überrumpelt gewesen, dachte Katinka, aber Maria Mendel verstand es, ihre Verblüffung zu verbergen.
    »Ja. Und wer sind Sie?«
    »Katinka Palfy.«
    Schweigend sah Maria Mendel einige Atemzüge lang durch Katinka hindurch. Dann sagte sie:
    »Sie sind die Bamberger Privatdetektivin, über die in der Presse schon des öfteren berichtet wurde, habe ich recht? Sie lösen die vertracktesten Fälle. War da nicht was mit einem Giftanschlag auf die berühmte Kirchweih?«
    Bums, dachte Katinka. Jetzt ist es an mir, überrascht zu sein.
    »Egal, was Sie gelesen haben«, sagte sie schnell. »Können wir uns irgendwo in Ruhe unterhalten?«
    »Der Hofgarten ist der ruhigste Ort, den ich anzubieten habe«, sagte Maria Mendel.
    Na gut, dachte Katinka.
    »Ihr Mann wurde gestern Nacht dort unten auf der Lichtung erschossen.«
    »Ja.«
    »Jetzt wollten Sie selbst den Tatort in Augenschein nehmen?«
    »Ich fand den ganzen Tag keine Minute für mich«, sagte Maria Mendel. »Den Kindern habe ich sofort gesagt, dass ihr Vater tot ist. Ich will nicht, dass sie es in der Schule erfahren, weil die Kameraden es schon aus der Zeitung wissen. Jetzt ist meine Mutter bei ihnen. Ich musste einfach mal raus, an die Luft.« Sie seufzte tief. »Es scheint so unglaublich. Jemand hat ihn erschossen.«
    »Wer?«
    »Wenn ich das wüsste, hätte ich es längst der Polizei gesagt«, sagte Maria Mendel und lachte bitter.
    Sie wandte sich um und stieg sehr bedächtig und langsam den Berg hinauf. Katinka schloss auf und ging neben ihr her.
    »Die Ermittler sagen, ich als Ehefrau müsste doch eine Ahnung haben. Feinde, hatte Ihr Mann Feinde, fragen sie. Ich kann dazu nur eins sagen: Mein Mann verstand es ausgezeichnet, sich Feinde zu machen.«
    »Warum?«
    »Wer von Ehrgeiz zerfressen ist, der hat Feinde. Der kommt nur voran, wenn er andere ausbootet.«
    »Und so einer war Ihr Mann?«
    Maria Mendel nickte. Der Weg wurde steil. Sie versanken bei jedem Schritt tief im Schnee.
    »In Ihrem Freundeskreis, in Ihrer Familie, gab es da Leute, denen Sie den Mord zutrauen würden?«
    »Nein, Frau Palfy. Ich kenne keinen, dem ich einen Mord zutrauen würde. Außerdem hatte Frank keine Freunde, und meine sozialen Beziehungen sind, seit ich Kinder habe, ohnehin den Bach runtergegangen. Keine Zeit mehr, keine Ruhe, keine Kraft.«
    »Und in der Agentur?«
    Maria Mendel bohrte die Hände tief in ihre Manteltaschen.
    »Gruschka? Hartmann?«, warf Katinka einige Namen ein, die sie heute gehört hatte.
    »Hartmann? Ein eigensinniger Typ, aber umbringen würde er Frank nicht. Nein. Kann ich mir nicht vorstellen.« Schwer atmend setzte Maria Mendel Fuß vor Fuß. »Gruschka ist auch kein Mörder. Er hat erreicht, was er wollte. Ob mit oder ohne Frank.«
    Katinka schnaufte vor Anstrengung. In ihrem Nacken lief der Schweiß zusammen.
    »Was wollte er denn?«, fragte sie.
    »Freiberuflich arbeiten. Ghostwriter sein, ohne Agentur im Nacken und ohne Fenering, der seine Leute ausbeutet wie ein Frühkapitalist.«
    »Ihr Mann hat Gruschka aus der Agentur gemobbt«, sagte Katinka.
    Maria Mendel hob die Hände in einer hilflosen Geste.
    »Peter Gruschka wird nicht der Erste gewesen sein, den Frank gepiesackt hat. Es spielte vielen Kollegen übel mit. Mit einer Ausnahme: Thurid Maas. Der räumte er jedes Kieselsteinchen aus dem Weg. Allen anderen setzte er mit der ihm eigenen Vehemenz zu. Aber nicht jeder nahm das zum Anlass, den Job hinzuschmeißen.«
    Katinkas Gedanken wirbelten mit den Schneeflocken um die Wette.
    »Sie meinen, Gruschka suchte einen guten Grund, die Agentur zu verlassen?«
    »Er brauchte eine Erklärung für die Außenwelt, ja«, antwortete Maria Mendel. »Becky, seine Frau, hat ihn

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