Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schockstarre

Schockstarre

Titel: Schockstarre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F Schmöe
Vom Netzwerk:
gekriegt.«
    »Da muss man einiges renovieren, was?«
    Der Mann spießte seinen dick wattierten Handschuhzeigefinger in die Luft.
    »Ich habe es Hartmann schon jahrelang gesagt, in den Ohren lag ich ihm damit. Das Dach gehört neu gedeckt, die Heizung ist jenseits von gut und böse, und ein neuer Außenputz wäre auch mal nicht schlecht. Im letzten Sommer hat Edith die Fenster gestrichen. Da hat sie einen Mann im Haus, aber …« Er brach ab, als sei ohnehin schon alles gesagt.
    »Haben die Hartmanns lange hier gewohnt?«
    »Seit der Junge geboren war, ein halbes Jahr war der höchstens alt, da zogen sie ein. Freddy ist jetzt 26, gerade fertig mit dem Studium. Kommt sowieso nicht wieder nach Coburg, der will die Welt sehen. Physiker ist er geworden.«
    »Traurig, ausziehen zu müssen, wenn man in einem eigenen Haus daheim war!«, drückte Katinka auf die Tränendrüse.
    »Die Hartmanns haben sich eine Wohnung gemietet. Nicht in der besten Gegend, muss man leider sagen. Edith sagte, sie haben jetzt nur noch drei Zimmer. Unter drei hätte sie es nicht gemacht. Lieber geht sie schuften.«
    Katinka sah zum Hartmannschen Haus hinüber. Stellte sich vor, wie die nächsten Bewohner die Fenster aufrissen, hämmerten und sägten, wie die ersten Schneeglöckchen aufblühten und ein neugieriger kleiner Hund mit Schlappohren durch den Garten schnüffelte.
    »Also, schönen Tag dann noch«, sagte der Nachbar, wandte sich um und stapfte in seinen eigenen Fußspuren davon. »Umzug ist in drei Wochen. Ich werde auch Hand anlegen. Dann sehen wir uns ja!«
     
     
    Mittwoch, 12. 1. 2005, 9:05 Uhr
     
    Katinka suchte gerade die krakeligen Namensschilder an dem Haus in der Ketschengasse nach dem Namen Gruschka ab, als die Tür aufging und ein Riese sie beiseite schob. Er hielt ein Handy an sein Ohr und sah gleichermaßen besorgt wie entnervt aus.
    »Wie du meinst, Becky. Ich bin unterwegs zum Prinz Albert . Komm auf ein halbes Stündchen rüber, dann besprechen wir das.«
    Becky, dachte Katinka. Von Maria Mendel hatte sie den Namen gehört. Becky ist die Ehefrau des gemobbten Peter Gruschka. Nichts wie hinterher.
    Sie folgte dem hageren XXL-Mann die Straße hinauf. Er betrat ein Café und stieg in den ersten Stock hinauf. Katinka blieb dicht dran, setzte sich an den Nebentisch und schlüpfte aus ihrem Mantel. Er bestellte sich einen schwarzen Tee, die Bedienung trat an Katinkas Tisch.
    »Was darf ich Ihnen bringen?«
    »Einen Kaffee bitte«, sagte Katinka gehetzt. Sie setzte sich so, dass sie Gruschka genau im Visier hatte. Er legte ein Magazin vor sich bereit, wurde aber sogleich von einer Frau unterbrochen.
    »Becky, da bist du ja schon.« Er klang fröhlich, auch wenn sein Gesicht so aussah, als würde er sich lieber erst einmal mit seinem Magazin beschäftigen. »Was gibt’s so Dringendes?«
    Becky Gruschka schob sich neben ihn. Sie war groß, dicklich, und trug ihr kräftiges, blondes Haar hochgesteckt. Ein sinnlicher roter Mund verzog sich zu einem halbherzigen Lächeln.
    »Das macht keinen Spaß mehr, Peter«, sagte sie mit gedämpfter Stimme. Katinka beugte sich unbeteiligt über ihr Notizbuch und kritzelte Grinsgesichter auf die Seite.
    »Was ist los!«
    »Im Büro piesacken sie mich alle. Wollen rausfinden, was ich über den Mord weiß.«
    »Nichts weißt du. Wir beide haben ein Alibi. Uns kann keiner an die Wäsche.«
    Becky lachte unfroh.
    »Klar, eine Party mit beinahe zwanzig Gästen, das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen.«
    »Einer der Zufälle, die das Leben schreibt«, mutmaßte Gruschka und winkte der Kellnerin. Becky bestellte heiße Milch mit Honig. »Dass wir in jener Nacht was geraucht haben, braucht niemanden zu interessieren.«
    Sieh an, dachte Katinka. Sie schrieb kiffen auf ihr Blatt und griff nach der Tageszeitung, die jemand auf einem Stuhl hatte liegen lassen.
    Becky stöhnte.
    »Du stehst im Zenit des Interesses, Peter.«
    »Ich?«
    »Nicht des polizeilichen. Klatsch eben. Die Kollegen fragen nach. Gerüchte kursieren, dass Mendel dich gemobbt hätte und Fenering dich hätte rausschmeißen müssen, um den Frieden wiederherzustellen …«
    »Das ist Unfug, Becky«, fuhr Gruschka dazwischen. »Ich habe aus freien Stücken gekündigt. Und wenn ausgerechnet Fenering von Frieden spricht …«
    Katinka blätterte sich zur Kulturseite durch.
    »Komm schon«, murrte Becky. Sie nahm huldvoll die heiße Milch in Empfang. »Wer glaubt das!«
    »Das geht mir am Körperteil vorbei, wer das glaubt«, fauchte

Weitere Kostenlose Bücher