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Schockstarre

Schockstarre

Titel: Schockstarre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F Schmöe
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die passende Figur. Aber Mendel ist tot.« Sie dachte an die Leiche mit den Filzstiftkritzeleien auf der fahlen Haut.
    Das Handy bohrte sich schrillend in ihre Gedanken.
    »Palfy?«
    »Hallo, Liebste.«
    »Tom!«
    »Ich habe heute noch gar nichts von dir gehört!«
    »Ja, ich …« Katinka strengte sich an, um herauszufinden, ob sich da Spitzen hinter seinen Worten verschanzten. Im Gegenteil, er klang fröhlich, zuvorkommend, verständnisvoll.
    »Ich muss gleich nach Hof, wollte dir nur rasch Bescheid geben«, unterbrach Tom sie. »Ein größerer Auftrag, da gibt es Kohle satt!«
    »O, gut. Sehr gut«, hörte sich Katinka sagen. Sollte ihre Lizenz unter Schillings Einflussnahme im Gully landen, wäre es angebracht, wenn wenigstens Toms Geschäft florierte.
    »Ich habe vor, heute Nacht noch nach Bamberg zurückzufahren, es kommt aber aufs Wetter an«, kam es von Tom.
    »In deiner Klapperkiste nachts über die verschneite Autobahn?«, rief Katinka. »Mach das bloß nicht.« Sie wischte mit der freien Hand den Staub vom Armaturenbrett. »Und was ist mit Vishnu? Hat er genug Fressen?«
    Tom lachte leise.
    »Aber sicher. Ich freue mich, dass auch du dir mal um mich Sorgen machst, Darling. Und um unseren kratzenden Mitbewohner. Ich muss los. Wann kriegst du deine Waffe wieder?«
    »Die ballistischen Untersuchungen sind noch nicht abgeschlossen.«
    Katinka wünschte Tom viel Glück für seinen Auftrag und legte auf, ehe ihm weitere Fragen einfielen. Sie drehte den Zündschlüssel und stellte die Scheibenwischer an. Dicke Schneepacken rutschten über das Glas. Das Telefon schrillte erneut.
    »Palfy?«
    »Irmela Fenering. Ich würde Sie gerne kennen lernen.«
    »Worum geht es?«
    »Frank Mendel. Haben Sie heute um kurz nach 3 Uhr Zeit?«, fragte Irmela Fenering.
    Katinka blätterte geschäftig in ihrem Notizbuch.
    »Sieht so aus.«
    »Dann um viertel nach drei. Vor dem Herzoginbau.«
    »Wo bitte?«
    »Auf der Veste. Waren Sie noch nicht da? Egal, Sie treten durch das große Tor und folgen den Hinweisen zu den Kunstsammlungen. Dann gehen Sie einfach noch ein Stück weiter. Wir können uns im Burghof gar nicht verfehlen.«
    »Wie wäre es mit einem Café in der Innenstadt?«
    »Frau Palfy, mich kennt Hinz und Kunz in dieser Stadt. Ich möchte mich ungestört mit Ihnen unterhalten. Ohne, dass es gleich wieder heißt, die Fenering hat sich mit einer Privatdetektivin getroffen.«
    Katinka seufzte.
    »In Ordnung. Herzoginbau. Bis dann.« Sie drückte den Aus-Knopf und lehnte sich zurück. Ihr Magen knurrte und tobte. Sie musste dringend etwas essen, irgendeine Kleinigkeit. Möglichst ohne Schilling zu treffen.
     

14. Herzoginbau
    Mittwoch, 12. 1. 2005, 14:56 Uhr
     
    Katinka konnte es nicht lassen. Sie stieg die sechs Stufen zu dem kleinen Wachtürmchen hinauf und spähte durch den schmalen Sehschlitz in die Dämmerung hinaus. Ihr Blick blieb an dem wuchtigen Turm auf dem nächsten Hügel hängen, bestimmt einen guten Kilometer entfernt. Armer Wachsoldat, dachte sie, während sie, den Mantel eng um sich geschlungen, in dem winzigen Rondell kauerte. Was für lange, eisige Stunden waren das, bis deine Ablösung kam. Schnell schlüpfte sie durch den schmalen Durchlass zurück, kletterte die Stufen mit einem Gefühl der Befreiung hinunter und schritt auf das barocke Vortor zu. Tief unter ihr lag der Burggraben. Ein feines Flimmern kam vom Himmel, winzige, federleichte Schneeflocken. Beim Anblick der alten Mauern überwältigte die Historikerin in Katinka für kurze Zeit die Detektivin. Vielleicht vermischten sich auch beide Personen zu einer. Zur Historienschnüfflerin. Katinka grinste und betrat den breiten Gang, der in den ersten Burghof führte. Er war gebogen, ein cleverer Verteidigungstrick gegen Eindringlinge, deren Rammbock unwillkürlich machtlos wurde. Ein Gittertor schwebte an der Decke, die Zacken bedrohlich auf die Besucher gerichtet. Katinka machte, dass sie weiterkam. Sie wusste nicht, ob dieses Tor noch benutzt wurde, aber das Kettenrasseln wollte sie lieber nicht hören, wenn das Gitter herunterraste und Feinde mit seinen gezackten Riesenzähnen aufspießte. Sie sah einen schmalen Gang nach links abbiegen, stellte sich blakende Fackeln in groben Haltern vor, tanzende Schatten von Verschwörern, Erpressern und heimlichen Liebhabern an den Wänden. Stattdessen gab es Plakate, Werbung für die Kunstsammlungen. Hier war Luther durchgegangen, vor beinahe 500 Jahren. Sie berührte die eiskalte Mauer mit dem Zeigefinger

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