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Schockstarre

Schockstarre

Titel: Schockstarre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F Schmöe
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Ihnen los war. Ich rief Ihren Freund an, der meldete sich nicht. Also versuchte ich es bei Schilling. Er dinierte gerade in einem etwas feineren Restaurant und futterte sich mit Zanderfilet auf dem Mangoldbett voll. Sein Handy musste ihm extra gebracht werden, er hatte es an der Garderobe abgegeben und freute sich nicht besonders, gestört zu werden. Ich brauche noch ein Bier.«
    Er stand auf und ging in Richtung Tür. Katinka sah ihn gespannt an.
    »Ich fragte ihn nach Lehmann. Sie haben mir irgendwas von Lehmann und Karpfen in die Ohren gesäuselt. Weil der lukullisch kenntnisreiche Kollege mich schnell loswerden wollte, zickte er nicht groß herum, sondern verriet mir, was ich wissen wollte. Dass Oberstleutnant Benno Lehmann am Rande des Mordfalles auftaucht und in Seidmannsdorf wohnt.«
    Er ging hinaus und angelte sich eine Flasche Bier aus dem Kasten.
    Katinka verzog die Lippen zu einem Lächeln.
    »Und Sie werfen mir vor, durchtrieben zu sein?«
    Er lachte.
    »Ich besorgte mir eine Karte und fuhr los. Immerhin hat mein altes Häufchen Blech Winterreifen – im Gegensatz zu den etwas moderneren Wagen gewisser anderer Leute. Seidmannsdorf war leicht zu finden, wenngleich ziemlich schneebedeckt. Wenn es so weiterschneit, ist das Örtchen morgen von der Landkarte verschwunden. Schwieriger waren die Karpfenteiche. Ich probierte sämtliche Wege. Hätte ich noch länger gebraucht, ich wäre bei Lehmann vorbeigefahren und hätte ihn nach seiner Fischzucht gefragt. Das wollte ich aber nicht, Sie wissen ja, möglichst kein Aufsehen.«
    »Klar.«
    Katinka sah im Geiste Hardo in seinem betagten Golf durch das Schneegestöber steuern.
    »An der einsamen Straße dort oben hockte eine überdimensionale Schneekugel. Das musste Ihr Auto sein. Sie fahren wirklich mit Sommerreifen herum«, warf er ihr vor.
    Katinka stand auf. Sie schwankte ein wenig, aber das war ihr egal. Sie ging auf Hardo zu, streckte die Arme aus und legte sie ihm um den Hals, drückte ihr Gesicht an seine Brust und sagte leise:
    »Danke.«
    Er zog sie an sich.
    »Ich habe gedacht, ich überlebe das nicht«, flüsterte sie und fragte sich ernsthaft, weshalb sie das zugab. Er grummelte etwas Unverständliches. Sie hob den Kopf und sah ihn an. Seine ernsten grauen Augen glühten wie Neonlicht.
    »Warum haben wir uns eigentlich gestritten, neulich?«, fragte Katinka.
    »Sie haben mir als Polizisten Unfähigkeit vorgeworfen, sofern ich mich richtig erinnere.«
    »Doch nicht Ihnen. Nur dem Polizeiapparat!«
    »Lenken Sie nicht ab.« Er zog sie ein bisschen fester zu sich.
    »Und Sie«, wehrte sich Katinka, »haben mich größenwahnsinnig genannt.«
    »Das sind Sie ja auch!«
    Katinka boxte ihn mit beiden Händen gegen die Schultern. Die Erschütterung bohrte zentimeterlange Nägel in ihren Kopf. Sie zuckte zusammen. Hardo tastete sanft mit der Hand über ihr Haar.
    »Nicht hinfassen!«, warnte Katinka.
    »Keine Angst.« Er zwirbelte ein paar Strähnen. Die sanfte Berührung schickte Gänsehaut über ihren ganzen Körper.
    »Und dann haben Sie noch gesagt, Sie würden mich kein zweites Mal aus der Kloake rausfischen«, beschwerte sich Katinka. »Daran haben Sie sich aber nicht gehalten!«
    Er lachte auf, aber es klang nicht amüsiert. Sie spürte seinen warmen Atem auf ihrem Haar und barg ihr Gesicht tief in seinem karierten Hemd.
    »Das hier ist ein Schneesturm«, sagte Hardo in verzweifeltem Tonfall. »Vollkommen geruchsneutral. Aber Sie haben mich ganz falsch verstanden!«
    »Warum?«
    »Ich bin auf der Suche nach einem Leben, in dem ich mir keine Sorgen machen muss.«
    »Keine Sorgen? Sowas gibt’s nicht. So ein Leben wird Ihnen in keinem Katalog angeboten.«
    »Ich dachte an Sybille.«
    Katinka erstarrte. Sybille Uttenreuther, Hardos Tochter, war in einer Winternacht bei einem Unfall umgekommen. Die Erkenntnis ließ ihr Herz rasen wie nach einem Sprint. Sie hätte es sich denken können. Deswegen war er gekommen. Die alte Panik, dass ein Mensch, der ihm nahe stand, in Schnee und Eis umkam. Aber Katinka war nicht seine Tochter, sie war nicht seine Geliebte. Sie war … Eine Kollegin jedenfalls nicht. Sie war seine Konkurrenz. Sein Advocatus Diaboli. Und sein Spiegelbild, irgendwie.
    »Ich«, begann sie und ließ es sein. Sie standen einfach da, aneinandergeschmiegt, lauschten den Windstößen, dem Raunen der Bäume draußen, dem Knistern der Holzscheite.
    »Es tut mir leid«, murmelte Katinka schließlich leise. »Ich hätte daran denken sollen. Die Sache mit

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