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Schockstarre

Schockstarre

Titel: Schockstarre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F Schmöe
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Position erklärt, aber Sie wissen doch: eine Sachlage kann von unterschiedlichen Horizonten aus eben völlig anders aussehen.«
    Hardo stand auf und marschierte in dem kleinen Raum hin und her. Er warf seinen Anorak auf den Bierkasten und zog auch den dicken Wollpullover aus. Katinka schloss im Inneren eine Wette ab. Und gewann. Unter dem Pulli kam ein kariertes Holzfällerhemd zutage. Der Hauptkommissar trug seine Uniform. Draußen heulte der Wind um die Hütte. Katinka erzählte weiter. Von dem Treffen mit Irmela Fenering und dem Moment, in dem sie niedergeschlagen wurde. Hardos graue Augen leuchteten über sie hinweg wie das Feuer eines Leuchtturms.
    »Ich war wie … ausgeknipst. Ich wusste nur, dass ich aus der Kälte rausmusste und aus der Burg. Also habe ich mich ins Auto gesetzt. Bis nach Hause hätte ich es nicht geschafft, und irgendwie trieb mich der Zufall hierher. Ich war mit Lehmann schon mal in dieser Hütte, er wollte mir den Ort zeigen, wo er versuchte, seine Lebensgeschichte aufzuschreiben, allerdings ohne Erfolg, deswegen hat er ja einen Ghostwriter engagiert«, endete Katinka und schnappte nach Luft. Reden war anstrengender, als sie es in Erinnerung hatte. Mit der Wärme in der Hütte stiegen die Schmerzen wieder an.
    »Ich brauche eine Schmerztablette«, sagte sie.
    Hardo stand auf und wühlte in dem Verbandszeug.
    »ASS 500?«
    »Egal was«, sagte Katinka. Sie nahm ihm den Blisterstreifen ab und drückte vier Tabletten heraus.
    »Katinka, nicht so viele auf einmal!«
    Sie langte nach der Bierflasche in seiner Hand und schluckte.
    Hardo schnaubte, schob die Fensterläden ein Stück auf und sah hinaus.
    »Es schneit immer noch«, sagte er. »War schon knifflig genug, hierher zu kommen. Die Streufahrzeuge sind unterwegs, aber auf den Nebenstraßen kommen sie nicht nach. Komischer Winter. Erst wochenlang keine Flocke, und dann sowas.«
    Katinka seufzte. Sie kämpfte sich aus der Decke und zog sich zum ersten Mal seit Stunden den Mantel aus. Kam sich gleich beweglicher, lebendiger vor. Sie tastete nach ihrem Hinterkopf. Hardo sah ihr zu und sagte:
    »Wenn das Wetter nicht so miserabel wäre, würde ich Sie zum Arzt bringen.« Er schloss die Läden. »Und ich würde mich dort oben im Burghof mal umsehen. Aber der Schnee ist gut zu den Bösewichtern. Er deckt alle Spuren zu.«
    Katinka nickte. In der Ferne hörte sie ein lautes Knacken. Auch Hardo wandte den Kopf. Dann rauschte etwas.
    »Ein Ast, der unter der Schneelast abknickt«, sagte Hardo. Wieder heulte der Wind. »Ich finde, wir haben uns zu wenig mit der hervorstechendsten Eigenschaft dieses Falles beschäftigt.«
    »Und die wäre?«
    »Mit Ihrer Verwicklung«, sagte Hardo und legte Holz nach.
    Katinka drückte die Hand auf ihren Magen. Darin faulte eine diffuse Angst, das Gefühl, ausgeliefert zu sein, sich selbst nicht trauen zu können.
    »Sie sind jetzt zweimal ausgeknockt worden«, sagte Hardo. »Was schließen wir daraus?«
    »Keine Ahnung.«
    Hardo schwieg. Katinka sah die Neuronen in seinem Gehirn feuern, Funken durch die Nervenleitungen stieben. Sie schaute ihm beim Denken zu. Schließlich sagte er:
    »Dieser seltsame Auftrag, den Sie bekommen haben. Ich frage mich: Könnte nicht jemand der Beteiligten aus der Agentur Fenering als Ines oder Henryk Pawlowicz aufgetreten sein?«
    Katinka schüttelte den Kopf und zuckte unter den rasenden Schmerzen zusammen. Hardo zurrte eine Augenbraue hoch. Wenn sein Kopf nicht komplett kahl gewesen wäre, hätte die Augenbraue den Haaransatz erreicht.
    »Ich habe darüber nachgedacht«, sagte Katinka. Sie hob den Kopf und lauschte. Auch Hardo wurde aufmerksam.
    »Der Wind wird immer stärker«, sagte er. »Der knickt Baumstämme um wie Zahnstocher. Ich hoffe nur, dass keine Eiche auf diesem Häuschen hier landet.«
    »Keiner der Männer, die ich in der Agentur zu Gesicht bekommen habe, kann Henryk Pawlowicz gewesen sein. Sie sind entweder zu groß, zu hager, oder zu klein, zu fett, zu kompakt.«
    »Und die Frau? Ines?«
    Katinka stellte sich Ines Pawlowicz, oder wie auch immer sie heißen mochte, vor. Wie sie durch die Tür in ihre Detektei trat, ein wenig ängstlich, nervös. Eine schmale Person, schüchtern, kurzes Haar. »Nein, keine der Frauen, die ich gesehen habe, sieht aus wie Ines. Auch nicht Thurid Maas. Die ist zwar auch zierlich, aber sie hat ein ganz anderes Gesicht.«
    Hardo sagte nichts. Er trank sein Bier aus.
    »Der Gerstensaft wird allmählich warm hier«, sagte er. Er griff nach dem

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