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Schockstarre

Schockstarre

Titel: Schockstarre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F Schmöe
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Hardo.«
    Es beruhigte sie in einer Weise. In einer anderen nicht. Tom sah das nicht ähnlich, einfach zu verstummen. Er würde immer einen Weg finden, ihr zu sagen, wo er steckte und wie es ihm ging. Ihr war bewusst, dass Hardo mehr für sie tat, als sie verlangen oder erwarten konnte. Ihr war nicht ganz klar, warum er das tat.
    »Schon gut, Kätzchen!«
    Sie kuschelte sich wieder auf dem Sofa zusammen und flüsterte:
    »Wenn Sie den Kerl da draußen aufs Korn nehmen, geben Sie mir Bescheid!«
    »Mache ich. Ich würde mich ja gar nicht hinaustrauen ohne Katinka Palfy an meiner Seite.«
    »Sie machen sich lustig.«
    »Nein. Schlaf.«
    Ich frage mich, dachte Katinka, während sie in der molligen Wärme des Ofens dem Schlummer entgegentrieb, warum wir noch nicht auf die Idee gekommen sind, uns zu duzen.
     
    Der Sturm heulte um Lehmanns kleine Hütte, riss am Dach und jaulte im Kamin wie ein verendender Wolf. Das Feuer brannte die ganze Nacht. Katinka wachte ab und zu auf, wenn Hardo Holz nachlegte. Dann saß er eine Weile auf dem Sofa und starrte in die Flammen. Ein Buch lag aufgeschlagen auf seinem Schoß. Hardo, der verkrachte Germanist. Wo er auch ging und stand, er schleppte Lesestoff mit sich herum. Katinka machte sich so klein wie möglich, um ihm Platz zu lassen. Schmerzsalven attackierten ihren Kopf. Sie blieb still liegen und starrte vor sich hin. Schlief kurz ein und schreckte wieder hoch. Hardo hatte die Deckenlampe ausgeschaltet, nur der Schein des Feuers erhellte den Raum und bestrich die Wände und die wenigen Möbelstücke mit einem dunklen, satten Orangeton. Sie schloss die Augen und sah ein paar fast transparente Vierecke vorüberwabern, bevor sie wieder einnickte.
     
     
    Donnerstag, 13. 1. 2005, 6:02 Uhr
     
    »Verflucht!«
    »Was ist?« Katinka schoss hoch, in Panik. Ihr Kopf dankte es ihr mit allfälligem Rumoren.
    Hardo stand an der Tür, das Ohr dagegen gedrückt. Katinka richtete sich auf, stellte sich vor, sie könne ihre Ohren wachsen lassen und drehen wie Satellitenschüsseln.
    »Ein Wagen ist vorgefahren, hat kurz gehalten und ist dann abgezwitschert.«
    »Das konnten Sie hören?«, wunderte sich Katinka angesichts des Sturmbrüllens draußen.
    Hardo nickte wortlos. Die Bäume raunten und rauschten, das Wäldchen spie Funken in die Dunkelheit hinaus.
    »Da oben ist eine Straße«, flüsterte Katinka, »es wäre nicht so ungewöhnlich, wenn dort ein Auto …«
    » Sch !«
    Sie hob entschuldigend die Hände in einer Geste, die sagen sollte, tut mir leid, war keine Absicht, und wandte ihre Aufmerksamkeit dem Sturm zu. Ein Splittern übertönte das wogende Brausen der Bäume. Wie in einer dramatischen Klangcollage spielten die Geräusche ineinander, vermischten sich in einem dröhnenden Strudel, unterlegt vom beständigen Jaulen des Sturms im Kamin.
    »Da ist nichts«, flüsterte sie. »Ein Baum oder ein dicker Ast ist abgeknickt.«
    Aber da war noch ein anderes Geräusch gewesen. Ein scharfes, sekundenkurzes Irgendwas. Beinahe unbemerkt weggespült vom Tosen des Sturms, real für einen Moment und sogleich nur noch eine Erinnerung, die man sofort in Frage stellt, unsicher, ob sie je wirklich gewesen ist.
    Hardo schlüpfte in seinen Anorak.
    »Sie bleiben hier. Schließen Sie die Tür.« Er griff nach seiner Waffe.
    »Warum!«, widersprach Katinka. »Sie kontrollieren, ich sichere. Alte Polizeiweisheit.«
    Er ging überhaupt nicht auf sie ein.
    »Sie öffnen nur, wenn Sie meine Stimme hören, ist das klar?«
    Katinka rutschte das Herz eine Etage tiefer. Seit Hardo hier war, taute der Schrecken ihrer beiden Knockouts weg wie die paar Schneehäufchen, die an ihren Schuhen durch die Tür getragen worden waren und nun als braune Schmiere den Boden verschmutzten. Sie wollte nicht, dass er dort hinausging, und wenn, dann wollte sie mit. Schnell zwang sie ihre Füße in die Stiefel. Hardo sah sie warnend an, öffnete die Tür und war verschwunden.
    Wie betrunken starrte Katinka auf die Tür. Sie suchte aus dem Deckenhaufen auf dem Sofa ihren Pullover und schlüpfte hinein. Er roch nach Holz, nach Feuer und nach Schweiß. Angewidert verzog sie die Lippen, stand dann wieder ganz still und horchte. Nur tosender Sturm, sonst gab es nichts da draußen.
    »Katinka?«
    Er klopfte gegen die Tür. Sie riss sie auf.
    Hardo stand vor ihr, blass, unrasiert, und sagte:
    »Entwarnung. Nur leider keine schöne. Wollen Sie sie ansehen?«
    Sie schnappte sich ihre Taschenlampe vom Tisch, lief an ihm vorbei und folgte

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