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Schockwelle

Schockwelle

Titel: Schockwelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Cussler
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Breitengraden. Im Indischen Ozean wird es als Zyklon bezeichnet.«
    Der Anblick, der sich Pitt bot, als er hinaus über die See spähte, war alles andere als ermutigend – dunkel dräuende Wolken, zuckende Blitze, gefolgt von bedrohlich grollendem Donner, dazu ein deutlich auffrischender Wind. Viel Zeit blieb ihnen nicht mehr. Die Sonne war bereits verschwunden, und das Meer wurde grau. In wenigen Minuten würden die Elemente über sie hereinbrechen.
    Pitt zögerte nicht länger. »Zuallererst basteln wir uns einen Treibanker.« Er wandte sich an Maeve. »Dazu brauchen wir meine Lederjacke, ein Tau und alles, was sich als Strömungswiderstand eignet, damit wir bei schwerer See nicht kentern.«
    Wortlos schlüpfte sie aus der Jacke und reichte sie ihm.
    Giordino kramte unterdessen in einem kleinen Stauraum unter einer Sitzbank herum und brachte einen rostigen Wurfhaken zum Vorschein, an dem zwei Nylonleinen befestigt waren, die eine etwa fünf Meter lang, die andere drei. Pitt breitete die Jacke aus, packte alle ihre Schuhe hinein, den Wurfhaken, dazu einige alte Motorteile und etliche verrostete Werkzeuge, die Giordino aus dem Stauraum hervorholte. Dann zog er den Reißverschluß hoch, verknotete die Ärmel um den offenen Taillenbund und den Kragen und befestigte das Bündel an der kürzeren Nylonleine. Er warf es über die Bordwand, sah zu, wie es im Wasser versank, und band die Leine dann an der freistehenden Konsole mit den nutzlosen Instrumenten zur Bedienung des abmontierten Außenbordmotors fest.
    »Legt euch auf den Boden«, befahl Pitt, während er die verbliebene Leine um die Steuerkonsole band. »Das wird ein wilder Ritt. Schlingt euch die Leine um die Hüfte und verknotet das lose Ende, damit wir das Boot nicht verlieren, falls wir kentern und in die See geschleudert werden.«
    Er warf einen letzten Blick über die Neopren-Schwimmkörper hinweg auf die bedrohlichen Wogen, die vom Horizont heranrollten. Die See war wunderschön und häßlich zugleich.
    Blitze zuckten durch die lilaschwarzen Wolken, und der Donner grollte wie tausend Trommelwirbel. Erbarmungslos rückte das Unwetter näher.
    Keine zehn Minuten später brach der Sturm mit voller Wucht über sie herein, begleitet von sintflutartigem Regen, wahren Sturzbächen, die brodelnd aufs Meer prasselten und ihnen jede Sicht raubten. Der Wind heulte wie tausend Furien und fegte die schweren Tropfen mit solcher Wucht vor sich her, daß sie wie Hagelkörner auf der Haut brannten.
    Gischt flog von den Kämmen der zunächst etwa drei Meter hohen Wellen, die sich jedoch binnen kürzester Zeit bis zu sieben Meter hoch auftürmten und aus allen Richtungen gegen das Boot anbrandeten. Immer lauter heulte der Wind, und die Sturzseen, die sich auf das kleine Boot und seine hilflosen Insassen zuwälzten, wurden zusehends wilder und furchterregender. Wie ein Korken tanzte das schlingernde und schwankende Boot über die Wogenkämme, bevor es ins nächste Wellental hinabstürzte. Himmel und Meer wirkten wie eine einzige graue Wand, so daß sie nicht mehr wußten, wo die Wellen aufhörten und die Wolken anfingen.
    Wie durch ein Wunder wurde der Treibanker nicht weggerissen. Er erfüllte seine Aufgabe, lieferte den erhofften Wasserwiderstand und bewahrte sie davor, daß das Boot in der tobenden See umschlug und seine Insassen in die mörderischen Fluten geschleudert wurden, aus denen es kein Entrinnen gab.
    Die grauen Wogen brachen über sie herein und füllten den Innenraum mit kochender Gischt, die sie bis auf die Haut durchnäßte, das Boot zugleich aber auch tiefer ins Wasser drückte und ihm zusätzliche Stabilität verlieh. Durch das ständige Schlingern und Stampfen wurde das Seewasser im Boot um sie herumgewirbelt, so daß sie sich vorkamen, als würden sie durch einen Mixer geschleudert.
    In gewisser Weise waren die Ausmaße des kleinen Bootes ein Segen. Dank der luftgefüllten Neopren-Kammern auf beiden Seiten schwamm es wie ein Korken. So heftig der Sturm auch toben mochte, der stabile Rumpf würde nicht in Stücke brechen, und wenn der Treibanker hielt, würde es auch nicht kentern. Er war zäh und robust wie die Palmen, die sich im Sturmwind biegen, ohne abzuknicken. Dennoch kamen ihnen die nächsten Minuten, in denen sie verbissen ums nackte Überleben kämpften, wie ein ganzer Tag vor, und Pitt konnte kaum glauben, daß der Taifun sie nicht längst vernichtet hatte. Es gab kein Wort, keinen Begriff, mit dem sich ihr Elend hätte beschreiben

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